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Verschiedene: Die Gartenlaube (1853)

auf welcher Diebitsch im russisch-türkischen Kriege von 1829 das Gebirge überstieg. Zu den natürlichen Hindernissen, die der Balkan überhaupt dem Uebergange einer feindlichen Armee entgegenstellt, sind jetzt zahlreiche Befestigungswerke gekommen, welche zumeist der dermalige Oberbefehlshaber der türkischen Truppen, Omer Pascha, anlegen ließ. Wenn es dort zum Schlagen kommt, wird jede Spanne Erde, jeder Berg und Fels Ströme von Blut kosten.

Der Engpaß Porta Trajana im Balkan-Gebirge.

Verlassen wir indeß jetzt den Kriegsschauplatz und treten unsere stillen Spaziergänge in das Innere des türkischen Reiches an.

Viele denken sich unter einem Türken immer noch ein beturbantes, weithosiges, ehrwürdiges Wesen mit 30 Ellen Shawl um den Leib und umgaukelt von Schaaren unterwürfiger Schönheiten, die kein höheres Glück kennen, als mit einem Wurfe des herrschaftlichen „Taschentuches“ auserwählt zu werden. Und doch ist das verspottete und in der Türkei besonders verächtliche Junggesellenthum im Oriente viel häufiger, als in den Gegenden, wo der Abendwind Liebe säuselt und erröthend Fragen lispelt, wie viel Riekchen „mitkriege“. Die Türkinnen kriegen nichts mit, als Ansprüche, und eine einzige kleine Frau zu „ernähren“ kostet dort mehr, als bei uns eine Frau mit einer ganzen Orgelpfeifenreihe von Kindern. Der Harem ist dort ein Luxus der Reichen, wie bei unsern Großen Pferde und Hunde und Mohren. Der anständige Mittelmann hat eine Frau, wie jeder abendländische Philister, die ärmere Mittelklasse und die „junge Türkei“ gar keine, d. h. er kauft sie sich gelegentlich – ohne Ansehen des Geschlechts.

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Verschiedene: Die Gartenlaube (1853). Leipzig: Ernst Keil, 1853, Seite 493. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1853)_501.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)