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Verschiedene: Die Gartenlaube (1853)

Luft, welche jener das Gleichgewicht hält, entfernt würde, und umgekehrt müßte, wenn der äußere Luftdruck ganz aufgehoben würde, die innere Luft sich so ausdehnen, daß unser Körper zersprenge. Jedenfalls werden unsere Körperorgane unter stärkerem Drucke der atmosphärischen Luft (in der Tiefe) mehr zusammengepreßt, unter schwächerem (in der Höhe) ausgedehnt werden müssen. – Für den Menschen ist der atmosphärische Druck insofern von Unentbehrlichkeit, als derselbe das Athmen, das Saugen, den Blutumlauf und überhaupt die Bewegung der Säfte, die sichere Lage innerer Organe und die Gelenkverbindungen, sowie das Hören vermittelt. Der Arzt benutzt die Verminderung des äußern Luftdruckes zum Schröpfen. Das Gewicht der atmosphärischen Luft wechselt nun aber nach ihrer Dichtigkeit und Elasticität. Da in den obern Luftschichten der Atmosphäre nicht blos die Höhe des Luftkreises, sondern auch die Dichtigkeit, Temperatur, Feuchtigkeit und Elasticität abnimmt, so muß hier auch der Luftdruck geringer sein und daher rühren die verschiedenartigen Beschwerden, welche den Menschen auf hohen Bergen oder bei der Luftschifffahrt befallen, von Brustbeklemmung, Herzklopfen, allgemeine Erschöpfung, Schläfrigkeit, Blutungen u. s. w. Außerdem hat auf die Verdichtung und Verdünnung der Luft, und sonach auf ihre Schwere und Druckkraft, auch noch die Temperatur, der Wassergehalt und die Luftströmung Einfluß.

Die Feuchtigkeit der Luft richtet sich nach dem Gehalte derselben an Wassergas und Wasserdunst. Dieses luftförmige (meteorische) Wasser gelangt aber durch die beständigen Verdunstungsprozesse aus dem verschiedenen Gewässer, den Pflanzen, Thieren und Menschen in die Atmosphäre und kehrt von da als Regen, fallender Nebel, Thau, Schnee, Reif, Schloßen u. s. w. zur Erde zurück. Die Aufnahme von Wasser in die Luft ist nun aber nach der Temperatur, Dichtigkeit und Strömung derselben, und somit nach dem Himmelsstrich, der Jahres- und Tageszeit, der Oertlichkeit und überhaupt nach dem Witterungszustande eine sehr verschiedene; je wärmer die Luft ist, um so mehr Wasser vermag sie aufzunehmen. Für den menschlichen Organismus wie für die gesammte Thier- und Pflanzenwelt ist der Feuchtigkeits- oder Trockenheitsgrad der Luft von der größten Bedeutung. Denn je mehr Wasser in der Luft vorhanden, um so weniger ist sie geneigt, Wasser aufzunehmen und es muß deshalb die Verdunstung des Wassers aus dem menschlichen Körper, welche vorzugsweise durch die Haut und Lungen geschieht, sowie auch die aus dem Thier- und Pflanzenkörper bei feuchter Luft in schwächerem Grade vor sich gehen, während trockene und warme Luft dem Körper viel Wasser zu entziehen vermag. Dieser Verdunstungsprozeß wirkt dann aber insofern auf das Innere des Organismus zurück, als dadurch die Consistenz und Bewegung der Säfte geändert wird. Mit ihrem Wassergehalte ändert die Luft aber auch noch ihre Schwere und Dichtigkeit. So hat eine feuchtwarme Luft mit ihrer Wärme und ihrem Gehalte an Wassergas auch an Ausdehnung zugenommen und ist somit dünner und leichter geworden; auch enthält ein bestimmtes Maaß solcher Luft weniger Sauerstoffgas als sonst. Eine feuchte und kalte Luft entzieht ihres Wasserdunstes wegen (der ein guter Wärmeleiter ist) dem Körper auch noch Wärme und kann deshalb leicht Erkältung erzeugen. – Die Temperatur der Luft, welche immer und überall von der Sonne abhängt, bedingt auch ihren gasförmigen Zustand, so daß mit dem Steigen der Wärme die Schwere und Dichtigkeit der Luft abnimmt, was sodann wieder den Luftdruck und den Sauerstoffgehalt herabsetzen muß und umgekehrt. Auf den menschlichen Körper wird sonach die Lufttemperatur durch ihre Wärme oder Kälte, ihren vermehrten oder verminderten Druck und Sauerstoffgehalt einwirken. In warmer und also dünner Luft muß natürlich ein Athemzug weniger Sauerstoff enthalten, als in kalter dichter Luft.

Eine Bewegung ist in der Luft fortwährend, aber in sehr verschiedener Stärke und Schnelligkeit, im Gange, weil immerfort in dieser oder jener Gegend des Luftkreises eine Ungleichheit hinsichtlich der Dichtigkeit und Druckkraft, der Schwere und Elasticität der Luft eintritt. Am häufigsten hängen die Veränderungen des atmosphärischen Gleichgewichtes von einer Ungleichheit in der Erwärmung verschiedener Luftgegenden oder von einer mehr oder weniger raschen und ausgebreiteten Verdichtung der Wasserdünste an den einen und oft von der stärkeren Verdunstung an andern Stellen des Luftkreises ab. Stets wird natürlich die Luftströmung nach der Stelle hinziehen müssen, wo die Luft verdünnt und ausgedehnt ist. Die Luftströmungen (Winde) sind insofern von großer Bedeutung, als durch sie eine beständige Erneuerung der Luftschichten, ein Zuführen von Sauerstoff und ein Hinwegführen schädlicher Stoffe möglich gemacht ist. Auch helfen sie die verschiedenen Verhältnisse in der Temperatur und Feuchtigkeit zwischen den verschiedenen Gegenden des Luftraumes (z. B. durch Verbreitung der Wasserdünste, Wolken u. s. f.) ausgleichen. Vom menschlichen Körper entführt die bewegte Luft die umgebenden Ausdünstungsstoffe und erzengt durch Beförderung der Verdunstung Abkühlung desselben. Außerdem können die Luftströmungen durch Zuführen kalter oder warmer, trockener ober feuchter Luft, sowie fremdartiger Stoffe mehr oder weniger vortheilhaft oder nachtheilig auf den Menschen einwirken. –

Was die elektrischen und magnetischen Eigenschaften oder Strömungen in der Atmosphäre betrifft, so werden diese wahrscheinlich durch den erwärmenden Sonneneinfluß angeregt. Uebrigens ist der elektrische Zustand (die elektrische Spannung und freie Elektrizität) der Luft sehr veränderlich und wird durch die verschiedenartigsten Prozesse im Luftkreise bedingt. Der Einfluß der Luftelektrizität auf lebende Organismen und insbesondere auf den Menschen ist noch durchaus unbekannt. – Die ohne Unterlaß vor sich gehenden elektrischen Entladungen der Atmosphäre tragen zur Bildung eines eigenthümlichem Stoffes bei, welcher als eine stärker oxydirende Art von Sauerstoff betrachtet werden kann und Ozon (Riechstoff der Luft) benannt wurde. In der heißen, gewitterreichen Jahreszeit, wo die Luft durch Gase, welche von der ausgebreiteteren Verwesung organischer Körper herrühren, angefüllt ist,

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Verschiedene: Die Gartenlaube (1853). Leipzig: Ernst Keil, 1853, Seite 557. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1853)_565.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)