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verschiedene: Die Gartenlaube (1854)

Wässer, welche nach der größern oder geringern Tiefe, in welcher sie der Erdrinde entspringen, warm oder kalt zu Tage kommen, stellt man durch Kunst gerade so her, wie sie die Natur liefert. Die bekanntesten Mineralwässer sind: die moussirenden kohlensäurereichen Mineralwässer (auch Säuerlinge genannt), welche außerdem gewöhnlich noch reich sind entweder an kohlensaurem Natron (d. s. alkalische Säuerlinge, wie Selters, Salzbrunn, Pyrmont) oder an Eisen (d. s. kohlensäurehaltige Stahlwässer oder Sauerbrunnen, wie Spaa, Pyrmont), einige derselben sind warm (wie Karlsbad, Ems, Wiesbaden), andere kalt (wie Franzensbad, Pyrmont, Selters, Kissingen, Bilin, Marienbad); die zusammenziehend, tintenartig schmeckenden Stahl- oder Eisenwässer, unter denen Pyrmont und Spaa obenan stehen; die nach faulen Eiern riechenden Schwefelquellen, entweder warme (Aachen, Warmbrunn, Baden bei Wien) oder kalte (Neudorf, Weilbach, Bocklet, Doberan); die Salzwässer mit verschiedenem Gehalte an Bittersalz (d. s. Bitterwässer, wie Püllna, Saidschütz, Epsom), an kohlensaurem und schwefelsaurem Natron (wie Karlsbad, Franzensbad, Marienbad), an Kochsalz (Salinen) und Kalk.

Das Wasser, mit dem wir es im gewöhnlichen Leben zu thun haben, bezeichnet man als süße, salzige und stehende Gewässer. – Das süße Wasser, welches uns zum Getränke dient, kennen wir als Regen-, Quell-, Brunnen- und Flußwasser. Das Regenwasser ist zwar das reinste der süßen Gewässer und schmeckt deshalb eigenthümlich fade, enthält aber dennoch Spuren von Kohlensäure, Salzen (Kochsalz), Ammoniak und atmosphärischer Luft (die aber etwas reicher an Sauerstoff und ärmer an Stickstoff als die gewöhnliche Luft ist, weil sich der Sauerstoff leichter im Wasser löst als der Stickstoff). Daß nicht selten das Regenwasser noch mit Stoffen verunreinigt sein muß, welche sich in der Atmosphäre gerade aufhielten, ist natürlich. Dem geschmolzenen Schneewasser mangeln die Gase des Regenwassers; es soll, wie die kanadischen Jäger bezeugen, den Durst nicht zu löschen vermögen. – Das Quellwasser ist ursprünglich Regenwasser, welches durch die Erde filtrirt ist, aber an irgend einer abhängigen Stelle auf festem Grunde sich zu einem Strahl ansammelt und so an der Erdoberfläche wieder zum Vorschein kommt. Die Bestandtheile des Quellwassers sind nach dem Boden, welchen es durchdringt, sehr verschiedenartige; von Gasen enthält es Kohlensäure und atmosphärische Luft (von ersterer mehr, von letzterer weniger als das Regenwasser), von festen Substanzen gewöhnlich kohlensaure, schwefelsaure und salzsaure Erden und Alkalien (Kalk, Natron, Kochsalz) aufgelöst. Die Temperatur des Quellwassers, gewöhnlich 6–10°, hängt von der Wärme der Erdschichten ab, durch welche dasselbe emporsteigt, und richtet sich sonach hauptsächlich nach der Tiefe des Ursprungs der Quelle. – Das Brunnenwasser ist dem Quellwasser ziemlich ähnlich, allein weil es langsamer als dieses durch die Erde filtrirt, hat es einen größern Reichthum an erdigen Substanzen, besonders an kohlensaurem und schwefelsaurem Kalke, und dieser Reichthum ist um so größer, je mehr Kohlensäure darin vorhanden, welche die Auflöslichkeit des Kalkes befördert. Die Menge jener Kalksalze bedingt die Härte des Brunnen- und Quellwassers, welche sich recht gut dadurch mindern läßt, daß man durch Kochen die Kohlensäure austreibt, worauf sich ein großer Theil der Kalksalze ausscheidet (als Topf- oder Kesselstein anlegt). Hartes Wasser taugt übrigens seines Kalkgehaltes wegen weder zum Kochen (besonders der Hülsenfrüchte und des Fleisches), noch zum Kaffee-, Thee- und Malzaufguß, noch auch zum Waschen, Bleichen und Färben. Hierzu muß weiches Wasser verwendet werden, und ein solches ist das Regen-, Schnee- und Flußwasser. – Das Flußwasser, welches aus einer Vereinigung von Quell- und Regenwasser besteht, enthält außer den Stoffen dieser Wässer auch noch lösliche Bestandtheile des Flußbettes und muß deshalb in verschiedenen Flüssen sehr verschieden sein. Häufig ist das Flußwasser auch noch mit organischen Substanzen verunreinigt. Das Wasser der Landseen theilt im Allgemeinen die Eigenschaften des Flußwassers. – Zu den salzigen Gewässern gehört, abgesehen von den salzigen Mineralwässern, das Meer- oder Seewasser, welches etwa zwei Drittel unserer ganzen Erde einnimmt. Dasselbe zeichnet sich vor dem süßen Wasser durch seinen großen Salzgehalt aus, und dieser besteht vorzugsweise aus Kochsalz, Bitter- und Glaubersalz. An verschiedenen Stellen des Oceans ist dieser Salzgehalt verschieden, am größten im stillen Ocean, am geringsten an den Küsten des nördlichen Europa's, steigend nach den Wendekreisen zu. Zum Getränke für den Menschen ist das Meerwasser vollständig untauglich, doch läßt es sich durch Gefrieren, Destilliren und Filtriren ganz oder zu einem großen Theile von seinen Salzen befreien und dadurch trinkbar machen. Stets ist auch noch das Meerwasser dichter und schwerer, sowie wärmer als das süße Wasser; bemerkenswerth hierbei ist ferner, daß die Wärme in den obern Schichten des Wassers aller Meere immer, bei den verschiedenen Tages- und Jahreszeiten, so ziemlich auf demselben Stande bleibt. – Stehende Wässer, in Sümpfen, Gräben, Teichen, Lachen u. s. w., welche vorzüglich in warmer Jahreszeit in Folge der Fäulniß organischer Substanzen dem Menschen schädliche Gase (Kohlen-, Phosphor- und Schwefelwasserstoff) entwickeln, enthalten zu viel organische Substanzen und Fäulnißprodukte, als daß sie trinkbar sein könnten, jedoch lassen sie sich durch Kohlenpulver etwas verbessern.

Als Trinkwasser empfiehlt sich demnach am meisten das Quell- und Brunnenwasser, und dieses führt dem Körper nicht blos Wasser, sondern auch wichtige Kalksalze zu. An ein gutes trinkbares und gesundes Wasser sind aber folgende Anforderungen zu machen: es muß vollkommen klar und farblos, krystallhell sein und dies auch bei längerem Stehen an der Luft bleiben; es muß perlen, also Luft, zumal Kohlensäure enthalten; es muß völlig geruchlos sein und von reinem, erquickendem Geschmacke, ohne irgend welchem Beigeschmack; zur Sommerzeit muß es kalt, im Winter dagegen wärmer als die atmosphärische Luft sein. – Das Wasser, welches von uns getrunken wird, nimmt seinen Weg größtentheils schon vom Magen aus, in das Blut und wird dann von diesem an allen Punkten des Körpers in Verbindung mit andern Bestandtheilen des Blutes in so großer Menge abgesetzt, daß unser Körper einem mit Wasser getränkten Schwamme gleicht. Ueberflüssiges Wasser im Blute wird baldigst durch die Nieren und die Haut entfernt, so daß enorme Mengen Wassers und zwar bei magerer Kost getrunken werden müßten, wenn bedeutendere Störungen der Gesundheit eintreten sollten. Sehr häufig wird im Gegentheil der zu geringe Genuß von Wasser die Ursache von Krankheiten. Doch hiervon in einem spätern Aufsatze.

(B.) 




Der Montblanc und seine Besteigung.

An der Grenze von Wallis im Herzogthum Savoyen erhebt der König der europäischen Berge sein riesiges Haupt. Aus einer Reihe von Schneegebirgen, die selbst wieder auf dem Rücken von schwarzen Fichtenbergen liegen, aus ungeheuren Gletschern, die gleich gefrornen Strömen weite Klüfte ausfüllen und sich in’s Thal hinüberstrecken, steigt die höchste Spitze der Alpen, der weiße Berg, Montblanc, bis 14,760 Fuß über die Oberfläche des Meeres. Im Westen der gewaltigen Massen dieses Gebirgsstockes von Nordost gegen Südwest zieht sich 5–6 Stunden lang das sehr hoch gelegene Thal Chamouny[WS 1] hin. Kaum über ein Jahrhundert, daß diese wegelosen Gegenden bekannter geworden; ihre Bewohner genossen eines mehr als zweideutigen Rufes und hatten dem ganzen Gebirge den bedenklichen Namen der Montagnes maudites[WS 2] (verwünschtes Gebirge) verschafft. Zwei Engländer erschlossen 1741 das Thal; ein paar Jahrzehnte später hatte des berühmten Genfer Naturforschers Saussure Name auch Chamouny berühmt gemacht und heute ist das enge Thal einige Monate des Jahres hindurch der Sammelpunkt unzähliger Reisenden. Es wird südwestlich von der Hauptkette des Montblanc mit seinen gewaltigen Eisfeldern, nordwestlich von den Aiguilles rouges („Aiguilles“ heißen die wie Nadeln aufsteigenden Gebirgsspitzen) und dem Breven, nordöstlich vom Col de Balme begränzt. Tritt der Reisende von Wallis über den letztgenannten Berg in das Thal, so wird er von einem Anblicke überrascht, der selbst in diesem Lande alpinischer Größe noch etwas ganz überraschend Großartiges hat.

Vor ihm liegt die gewaltige Pyramide des Montblanc vom

Anmerkungen (Wikisource)

  1. Vorlage: Chamonny
  2. Vorlage: mandites
Empfohlene Zitierweise:
verschiedene: Die Gartenlaube (1854). Ernst Keil, Leipzig 1854, Seite 20. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1854)_020.jpg&oldid=- (Version vom 5.4.2024)