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verschiedene: Die Gartenlaube (1854)

Gewicht auf diese werfend, gelang es ihm, die Hinterbeine wieder mit einem plötzlichen Ruck in die Höhe und zu den Vorderfüßen zu bringen – noch ein Satz und wieder krachte der trockene mürbe Bambus, diesmal aber nur an einer Stelle, das Pferd gewann wieder festen Fuß und war mit dem dritten Sprung auf dem erst später gelegten und sicheren Theil der Matten. – Wir waren glücklich hinüber, ich versprach mir aber, und wenn ich durch sechs Flüsse hindurch schwimmen sollte, nie wieder über eine solche Brücke mit einem Pferde zu ziehen.

Gegen Mittag erreichten wir eine andere Farm, wo ein Holländer Aufseher war. Dies Gut gehörte einem im Land aus gemischter Ehe geborenen sogenannten Liplap, der sich durch sein liederliches, oder vielmehr verschwenderisches Leben einen ordentlichen Namen erworben hatte. Der gute Mann verzehrte hundert und ich weiß nicht wie viel tausend Gulden jährliche Einkünfte, und stak fortwährend dermaßen in Schulden, daß ihm jetzt nun schon zum zweiten Mal Curatoren gesetzt waren, seine Gläubiger sicher zu stellen und zu befriedigen.

Er besitzt ein ungeheueres Vermögen an liegenden Grundstücken, und ich glaube auch einen Vogelnestberg, was er nicht verkaufen, und von dem er blos die Renten ziehen kann. Durch sein entsetzliches Verschwenden hat er sich aber schon solch bösen Namen gemacht, daß ihm die Leute nicht gern oder nur gegen die rasendsten Zinsen borgen, und will er Geld haben, so ist ihm auch keine Forderung zu enorm, er geht sie ein, um nur für den Augenblick wieder eine gewisse Summe in Händen zu haben. Man erzählt sich hiervon Beispiele, die an das Fabelhafte grenzen, aber trotzdem keineswegs imaginär, sondern vor Gericht belegt sind. Um 1000 Gulden manchmal zu bekommen, hat er Scheine auf 10,000 ausgestellt und das so lange getrieben, bis endlich die, welche Pariere von ihm in Händen hielten, glaubten es wäre Zeit etwas einmal zu ihrer eigenen Sicherheit zu thun. So war er vor nicht langer Zeit förmlich unter einen Vormund gestellt worden, bis all seine Schulden, was aber bei den enormen Einkünften doch nicht lange dauerte, bezahlt waren. Jetzt war schon wieder eine solche Krisis eingetreten, und zwar auf sein eigenes Verlangen, denn er wußte recht gut, er konnte sich sonst nicht mäßigen. Diesmal aber gab er sich, komischer Weise, zugleich dabei die größte Mühe, sich selber zu betrügen und zu hintergehen, denn während sein Advokat bekannt machte, daß er nur bis zu einem gewissen Datum ausgestellte Scheine respectiren werde, stellte der Verschwender, dem indessen sein eingezogenes Leben zu lange dauerte und der wieder Geld brauchte, sich dasselbe aber auf gar keine andere Weise verschaffen konnte, selber wieder neue Wechsel aus, datirte sie aber vor den Termin.

Sonderbarerweise soll er selber sehr mäßig leben und gar nichts trinken, aber Alles in Juwelen für seine Maitressen und im Spiel vergeuden.

Nach Tisch brachen wir wieder auf, Tjipamingis noch vor dem gewöhnlich spät Nachmittags eintretenden Regen zu erreichen, und jetzt kamen wir auch, allerdings noch in circa sechs bis sieben Meilen Entfernung von Klapanunga, an dem Orte vorbei, wo in den kleinen niederen, von dem Hauptrücken des hier jedoch schon abflachenden Gebirges, auszweigenden Hügeln, die indischen Schwalben in tief in die Berge gehende Höhlen ihre eßbaren und so theuer bezahlten Nester bauen. Die Hügel lehnten an das höhere Gebirge, und es wäre nichts leichter gewesen, als von dort herüber zu kommen und ungestört die Orte zu durchwandern, doch gehörte Zeit dazu und da ich mir, eines abgehenden Schiffes wegen einen bestimmten Termin gesetzt hatte, wann ich wieder in Batavia sein wollte, wußte ich jetzt nicht, ob ich mir zwei oder drei Tage absparen könne, über den Bergrücken zu gehen, und verschob das bis zu meinem Rückmarsch.

Unterwegs kamen wir noch durch einen kleinen Farmgang, wo auch allwöchentlich ein pasar oder Markt gehalten wird – und wo wir bei einem behaglichen alten Burschen von Chinesen abstiegen, eine Tasse Thee tranken und einige eingemachte Früchte dazu aßen. Die Art wie die Chinesen Thee trinken, hat etwas Besonderes – zuerst haben sie enorm kleine Kannen und Tassen, die in einem Theebret stehen auf dem, durch das fortwährende Einschenken, schon immer eine Quantität herumschwimmt. Die kleinen Tassen werden vollgeschenkt, sowie aber der Gast nur die Hälfte davon getrunken hat, steht auch der Wirth oder die Wirthin schon da, und füllt sie wieder voll. Sie brauchen ebenfalls Zucker dazu, aber keine Milch. Ihre eingemachten Früchte sind vortrefflich und sie benutzen dazu, auf sehr geschickte Weise, Alles was ihnen nur vorkommt. Besonders zu lieben scheinen sie eine kleine Gattung wachsartiger Beeren, die sie vortrefflich zu präserviren wissen.

Von hier ab kamen wir auch schon wieder in die Hügel, die wir bis jetzt nur zu unseren Rechten gehabt, bald ritten wir durch ein freundliches Thal, bald an weiten Hügelrücken hin, auf deren Flächen grünender Radjang tjina, Bohnen, Ananas und trockene Reisfelder lagen.

Die Radjang tjina oder chinesische Radjang-Bohne wird hier ungemein viel gezogen und hauptsächlich dazu gebraucht, Oel daraus zu pressen, doch schmecken die Bohnen auch geröstet vortrefflich und sind eine Lieblingsspeise besonders der Kinder. Diese Radjang tjina ist übrigens dieselbe Frucht, die in den südlichen Thälern Nord-Amerika’s unter dem Namen Erdnuß bekannt, auch manchmal nach Deutschland hinüber verschickt wird, dort aber schon meistens ranzig schmeckt. Sie werden in Reihen gepflanzt und die Nuß oder Bohne, wie sie hier genannt wird, wächst als Knoll in der Erde und hat einen vollkommen nußähnlichen Geschmack. Sie soll das Land sehr bedeutend ausziehen, wenn zwei Jahre auf ein und derselben Stelle gebaut, während sie dagegen dem Boden im ersten Jahre eher Nutzen als Schaden bringt.

Ziemlich spät am Nachmittag, und als eben die ersten Regen einsetzten, erreichten wir endlich Tjipamingis, das eine höchst freundliche Lage am Ufer eines kleinen Bergstroms und am Fuße eines gerade dicht dahinter ziemlich steil und malerisch aufsteigenden und dicht bewaldeten Berges hat. Rings von Hügeln eingeschlossen, liegt es dabei wie in einem Kessel und seine freundlichen, dicht von Fruchtbäumen überschatteten Dächer und wehenden Palmen geben ihm einen höchst lieblichen Anblick.

Der Weg führte steil und schnurgerade durch und hinunter, und die Pferde liefen was sie nur ausgreifen konnten, denn sie wußten es ging nach Hause.

Das Innere der Wohnung war übrigens ächt Indisch – ein europäischer Mann, eine chinesische Frau und ein javanisches Kind – man findet das hier im Lande ungemein häufig und die Chinesinnen sollen gewöhnlich recht gute Frauen werden.




Der Aufstand der Hetäristen.

Der gegenwärtig russisch-türkische Krieg, der seit seinem Ausbruch durch das allmälige Hereinziehen der verschiedenartigsten Elemente und Interessen zum fast unentwirrbaren Knäuel geworden ist, spielt seit Kurzem abermals in einer neuen Variante, deren Einfluß auf den weitern Gang der Begebenheiten sich zur Stunde noch nicht bemessen läßt.

Vor einigen Monaten schon verlautete von einer in Konstantinopel und andern Städten des türkischen Reichs entdeckten griechischen Verschwörung; Verhaftungen wurden vorgenommen, selbst mehrere Todesurtheile vollstreckt, und die Betroffenen gemeinhin als Spione und Agenten Rußlands hingestellt. Diese im Dunkel schleichende Verschwörung ist von Mitte Januar an hervor an’s Tageslicht getreten: Die Hetärie hat im Paschalik von Janina ihren Schlachtruf erschallen lassen!

Für einen Theil unserer Leser werden wir der Verständlichkeit wegen etwas Näheres über die Hetärie sagen müssen. Der Ursprung der Hetärie, zu deutsch Kampfgenossenschaft, fällt in das letzte Viertel des vorigen Jahrhunderts, wo sie der Grieche Konstantin Rhigas als geheimen Bund in’s Leben rief, mit dem Zwecke für die Freiheit und Unabhängigkeit der Griechen zu wirken.

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verschiedene: Die Gartenlaube (1854). Ernst Keil, Leipzig 1854, Seite 135. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1854)_135.jpg&oldid=- (Version vom 21.4.2020)