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verschiedene: Die Gartenlaube (1854)

bedeutenden Druck sehr vermindert sein kann, so schätzt man die Dicke der Erdrinde im Allgemeinen auf 20–50 Meilen.

Die Wissenschaft denkt sich die Schöpfung der Erde etwa so: von der Sonne löste sich einst die Erde und von dieser sodann der Mond ab, wodurch die Erde zum Trabanten der Sonne, der Mond Trabant der Erde wurde. Im Anfange seines Daseins war der Erdkörper ein weit ausgedehnter Gasball, welcher alle gegenwärtig in fester Gestalt vorhandenen Materien in Dunstgestalt enthielt, der sodann bei allmäliger Verdichtung in Gluth gerieth und durch langsame Abkühlung seine spätere Beschaffenheit annahm. Zuerst bildete sich in der Dunstmasse des Erdballs, sei es durch das Streben der schwereren Stoffe nach dem Mittelpunkte oder durch den Druck der äußern Schichten auf die innern, ein festerer Kern aus den schwersten Materien (Metallen), so daß nun die Erde als eine kometenartige Masse im Weltraume dastand, gebildet aus einem glühenden Mittelpunkte und einer weiten Gaszone. Durch Abkühlung des Umfanges des Kernes, welcher natürlich fort und fort neue Metallschichten an sich heranzog und so an Größe zunahm, und in Folge der mannigfaltigsten Verbindungen der Stoffe in der Gaszone erzeugte sich eine Gesteins-Rinde (der Mantel) um den metallischen Kern. Dieser Mantel, vorzugsweise aus Kieselerde mit etwas Thonerde, Talk- und Kalkerde, Kali und Natron, Eisen- und Manganoxyd zusammengesetzt, plattete sich, so lange er noch im flüssigen Zustande war, den Drehungsgesetzen gemäß an den Polen, der Umdrehungsachse der Erdkugel, ab und es entstand von den Polen eine Strömung der Stoffe nach dem Aequator hin, wo sich zuerst ein Gürtel von festen Stoffen bildete. Die Erstarrung des Mantels, welche am Aequator früher vor sich gehen mußte als an den Polen, dürfte nach Versuchen (über die Schmelzbarkeit der Gesteine) erst in etwa 300 Millionen Jahren zu Stande gekommen sein, weil die Hitze von 1600 Grad Reaumur auf 160 Grad herabsinken mußte. – Nach der Erstarrung des Mantels und mit fortschreitender Abkühlung und Verdickung desselben konnte erst das dampfförmige Wasser der Gaszone tropfbar flüssig werden und auf den Erdmantel niederfallen, wodurch eine Scheidung von Luft und Wasser vor sich ging. Vor dieser Trennung muß die mit Wasserdampf erfüllte Luft für die Sonnenstrahlen undurchdringlich gewesen sein und die tiefste Finsterniß auf der Erde geherrscht haben. Das kochend heiße Wasser (Urweltmeer) enthielt höchst wahrscheinlich alle nur möglichen Salze aufgelöst und in der Luft waren alle gasförmigen Stoffe vertheilt. Durch Zerklüftung des Mantels in Folge seiner Abkühlung und Zusammenziehung, sowie durch zahlreiche vulkanische Processe erhielt derselbe eine Menge von Einsenkungen und Erhöhungen, von denen die ersteren das Wasser aufnahmen, die letzteren als glühendheiße Felsen aus dem kochenden Urweltmeere herausragten. Von Zeit zu Zeit brach ein Theil des feurigflüssigen Erdkerns durch die Spalten des Mantels hervor und überströmte die Erdoberfläche, wodurch sich neue Rindenschichten auf dieser bildeten. So war nun mit Hülfe des feurigen (plutonischen und vulkanischen) Processes eine Grundlage für die Erdrinde, und zwar aus den Massen- und Schiefergesteinen erzeugt, auf welcher jedoch noch kein lebendes Wesen existiren konnte, über welcher sich aber, hauptsächlich durch Einfluß den Wassers, neue und zwar für Organismen bewohnbare Erdschichten auflagerten. Diese sedimentären Schichten änderten nicht mehr in Folge großer Erdrevoluten ihren Charakter, sondern ganz allmälig, so daß keine schroffen Grenzen zwischen ihnen zu finden sind, sondern deutliche Uebergänge und diese zeigen sich nicht blos in den Gesteinen, sondern auch in den Pflanzen und Thieren. Mit Zunahme der Dicke unserer Erdrinde nehmen die Organismen an Zahl und Vollkommenheit zu und erst auf der Oberfläche der neuesten Erdschicht erscheint als zur Zeit vollkommenster Organismus der Mensch, dem aber ohne Zweifel auf später über unserer jetzigen Erdschicht sich bildenden Schichten noch vollkommnere Wesen folgen werden. – Zur bessern Uebersicht ließe sich die Schöpfung der Erde in die folgenden Akte oder Perioden theilen:

I. Erste Schöpfungsperiode: reicht, wenn wir von der Loslösung der Erde von der Sonne ganz absehen, vom Festwerden des Erdgasballes bis zum Auftreten von Organismen auf der Erdrinde. Sie schließt die Bildung des feurig-flüssigen Kerns, des Mantels, des Wassers und der Luft, der Massen- und Schiefergesteine in sich.
II. Zweite Schöpfungsperiode: beginnt mit der Bildung der sedimentären Erdschichten und der Organismen und endet mit Erschaffung des Menschen. Während dieses Zeitraumes war die Temperatur auf der ganzen Erde dieselbe und überall eine tropische. Die kohlensäuerereiche Atmosphäre wurde durch die Pflanzen immer ärmer an Kohlensäure und reicher an Sauerstoff gemacht, dadurch aber tauglich für luftathmende Thiere. Einige thierische Organismen (Infusorien, Muscheln, Polypen) consumirten den kohlensauren Kalk des Wassers und bildeten Kalklager; manche Pflanzen eigneten sich dagegen die Kieselsäure an. Diese zweite Schöpfungsperiode durchlief nach und nach den Zeitraum der Fisch-, Amphibien, und Säugethier-Organisation. Aus dieser Periode schreiben sich die Stein- und Braunkohlen, das Kochsalz und alle vorweltlichen Thiere und Pflanzen.
III. Dritte Schöpfungsperiode: beginnt mit dem Erscheinen des ersten Menschen und mit dem Eintritte des Zonenunterschiedes (Eises) und reicht bis zur Jetztzeit. Sie zeichnet sich durch die Bildung der Damm- und Ackererde aus.

Die Massen- oder Urgesteine sind Gemenge aus Quarz (reiner Kieselerde), Feldspath und Glimmer (vorzugsweise aus kieselsaurer Thonerde), Hornblende, Augit und Olivin (hauptsächlich aus kieselsaurer Talkerde), und sonach Mischungen aus Kiesel-, Thon- und Talkerde. Diese Gesteine bilden folgende Gruppen: eine Granitgruppe (aus Granit, Granulit und Syenit), eine Grünsteingruppe (aus Grünsteinen, Diorit, Serpentin), eine Porphyrgruppe (aus Porphyren und Melaphyr), eine Basalt- und eine Lavagruppe (aus Basalt, Dolerit, Trachyt, Phonolith und Lava); man theilt sie auch in granitische, porphyrige und vulkanische Felsarten. Es finden sich die Urgesteine nicht blos in der tiefsten Tiefe der Erdrinde, sondern in Folge vulkanischer Erhebungen auch zwischen den übrigen Erdschichten und über die Erdoberfläche hervorragend, wo sie dann die bedeutendsten Gebirge (mit kuppigen und ruinenartig aufgethürmten Bergen) bilden. In den Gemenggesteinen eingesprengt finden sich an vielen Stellen schwere Metalle und auch Edelsteine (aus dem Kieselgeschlechte: Amethyst, Karneol, Chrysopras und Rauchtopas; aus dem Thongeschlecht: Saphir, Rubin, Smaragd, Topas und Granat; ferner Diamanten aus reinem Kohlenstoff). – Durch den Verwitterungsproceß liefern die meisten der genannten Massengesteine einen ziemlich fruchtbaren Erdboden für die Pflanzen, während ihre Zertrümmerung der Bildung der Schichtgesteine zum Grunde liegt.

Die Schiefergesteine, welche ihre Lage zwischen den unter ihnen liegenden Massengesteinen und den über ihnen befindlichen Flötzgebilden einnehmen, werden von krystallinischen Schiefergesteinen, mit feinblättrigem Gefüge, gebildet, zu denen der Gneiß, der Glimmer- und Talkschiefer gerechnet werden. Der Gneiß ist das unterste Schiefergestein und ein Gemenge aus Feldspath, Glimmer und Quarz, mit Erzgängen. – Der Glimmerschiefer, welcher über dem Gneiß lagert, ist ein schieferiges Gemenge von Glimmer und Quarz und bildet breite Felsrücken mit starken Kämmen, zackigen Gipfeln und schroffen Einschnitten. – Der Talkschiefer aus schieferiger kieselsaurer Talkerde mit Quarz, Kalk und einigen andern Mineralien, steht mit Chlorit- und Serpentinschiefer in Verbindung. – Zuweilen bilden Massengesteine den Kern eines Gebirges, um welchen sich die Schiefergesteine mantelförmig gelagert und vielfach von dieser durchbrochen und durchsetzt zeigen. Häufig ist ihre Schieferstruktur sehr gebogen und gewunden.

Die Sediment- oder Schichtgesteine (mit Versteinerungen) sind theils durch Verwitterung der Massen- und Schiefergesteine, theils durch das Wirken der Organismen, aus einem Wasserniederschlage von Sand, Thon, Kalk und andern Materien und in Folge einer Verhärtung dieser Stoffe durch Hitze und Druck nach der Ablagerung entstanden; besonders verdankt ein großer Theil des kohlensauren Kalkes sein Entstehen den niedern Thieren (Infusorien, Muscheln, Polypen). – Die Dicke der sedimentären Erdschichten beträgt etwa 16.000 Fuß, gegen 3/4 bis eine Meile und soll sich in etwa fünf bis elf Millionen Jahren gebildet haben. – Die Schichtgesteine sind in ihrem mineralogischen Charakter sehr einfach; ihre Grundlage wird von Quarzkörnern, Thon und Kalk gebildet, durch deren Mengung Sandsteine, Schiefer, Mergel

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verschiedene: Die Gartenlaube (1854). Ernst Keil, Leipzig 1854, Seite 149. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1854)_149.jpg&oldid=- (Version vom 21.4.2020)