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verschiedene: Die Gartenlaube (1854)

ihre Augen, denn diesen können von verschiedenen Seiten her sehr leicht Nachtheile erwachsen. – Das Licht und die Beleuchtung können insofern nachtheiligen Einfluß auf das Auge äußern, als ebensowohl längere Entziehung des Lichts, wie übermäßig starkes Licht, besonders wenn letzteres plötzlich nach vorausgegangener Dunkelheit oder längere Zeit unausgesetzt einwirkt, die Sehkraft schwächen und lähmen können. Ein sehr schädlicher Vorwitz ist das Schauen in die Sonne; das Betrachten einer Sonnenfinsterniß ohne schützendes Glas hat schon öfters Augenleiden nach sich gezogen; selbst das längere Betrachten des Vollmonds und das Sehen in’s Feuer kann nachtheilig auf die Sehhaut wirken; auch ist bei Feuerwerken und heftigen Blitzen in der Nacht das Auge zu schonen. Der schnelle Uebergang vom Dunklen zum Hellen zeigt sich hauptsächlich des Morgens beim Erwachen schädlich, zumal wenn gleich Sonnenlicht in das Auge fällt. Deshalb schlafe man entweder in keinem gegen Sonnenaufgang gelegenen Schlafzimmer oder verhänge in einem solchen die Fenster und stelle das Bett passend. Das Oeffnen der Fensterläden eines Schlafzimmers geschehe ebenfalls mit Vorsicht und so, daß nicht die volle Dunkelheit plötzlich in hellen Tag verwandelt wird. Den Fensterläden sind Jalousien und graue oder blaue Fenstervorhänge weit vorzuziehen. Wer eine Nachtlampe brennt, der treffe eine solche Vorrichtung, daß ihr Licht weder unmittelbar noch mittelbar (durch Abprallen von heller Wand oder Decke) in die Augen fällt, sowohl beim Erwachen als beim Schlafen. Sehr nachtheilig wirkt das von hellen oder glänzenden Gegenständen (von Schneeflächen, Sandsteppen, Kalkfelsen, hellen Wänden, Wasserflächen, glatten Fußboden, polirten Möbeln) zurückgeworfene Licht. Als Schutz gegen die nachtheilige Wirkung dieses Lichtes dienen blaue Brillen, blaue Schleier, Beschatten des Auges durch breite Schirme und das öftere Ausruhen des Auges durch Ansehen beschatteter oder mattgefärbter Gegenstände. Stets erinnere man sich übrigens daran, daß auch das stärkste Licht, wenn es nur von oben einfällt, weit eher vertragen wird, als ein schwächeres, welches von unten oder von der Seite her das Auge trifft. – Ganz besonders aufmerksam auf das Licht und die Beleuchtung muß derjenige sein, der durch seinen Beruf vorzugsweise auf den Gebrauch der Augen angewiesen ist. Er muß um so mehr auf eine gehörige Beleuchtung bei seinen Arbeiten bedacht sein, je feiner diese sind, je weniger Zeit zur Ruhe sie gestatten, und je weniger Abwechselung sie dem Auge darbieten. Denn bei fehlerhafter Beleuchtung verliert auch das gesündeste Auge früher oder später an Schärfe und Ausdauer im Sehen, verfällt in Kurz- oder Weitsichtigkeit. Fehlerhaft und dem angestrengten Auge insbesondere schädlich ist die Beleuchtung, wenn das Licht zu schwach und deshalb unzureichend, wenn es zu stark, grell und blendend, wenn es unstät, bald stärker, bald schwächer, wenn es ungleich vertheilt, durch Schatten unterbrochen, wenn es unrein, in seiner Zusammensetzung vom reinen Tagesleicht abweicht, und wenn es in fehlerhafter Richtung einfällt. Da die künstliche Beleuchtung, durch Kerzen- oder Lampenlicht, die genannten Fehler am häufigsten, ja einige derselben sogar unvermeidlich an sich trägt, so wird für die, welche bei künstlicher Beleuchtung ihre Augen anzustrengen gezwungen sind, ganz besondere Vorsicht nöthig. Zuvörderst müssen durchaus Lichtschirme angewendet werden und diese dürfen nie ganz undurchsichtig sein, sondern müssen noch eine gewisse Menge Lichts durchlassen. Bei Oellampen kann der Schirm aus mattgrauem oder bläulichem Glase, bei Kerzen aus blauem oder grünem Taffet bestehen; die Glaskugeln, deren sich manche Arbeiter bedienen und welche den Argand’schen Lampen immer nachstehen, müssen mit bläulichem Wasser gefüllt sein. Dieses Wasser bereitet man sich durch Kupferammoniak, von dem man dem Wasser so viel zusetzt, daß ein weißes Papier durch die Flüssigkeit angesehen, schön himmelblau erscheint. – Die Unstätheit des künstlichen Lichtes zeigt sich am meisten bei den gewöhnlichen Kerzen und offenen Lampen, weil dieses sets flackern; deshalb sind mit Cylindern umgebene Flammen vorzuziehen. – In Bezug auf Reinheit und Gleichmäßigkeit der Flamme verdienen Wachskerzen den Vorzug vor Stearinkerzen und diese vor Talglichtern. Das reinste und gleichförmigste Licht geben gut gebaute und richtig beschirmte Argand’sche Lampen, nur kann man sich dabei leicht ein zu starkes und schädliches Licht beim Arbeiten angewöhnen. Wenn man nämlich nach langem Lesen, Schreiben und dergleichen weniger deutlich sieht, so ist man der Meinung, die Lampe leuchte weniger, während doch Ermüdung des Auges daran Schuld ist. Bei diesen Lampen, so wie auch bei Anwendung von Schirmen, hat man ferner darauf zu achten, daß das Auge nicht durch grelle Unterschiede zwischen Licht und Schatten beleidigt werde; die ungleiche Vertheilung des künstlichen Lichtes, so wie glänzende Fußgestelle der Lampen und Leuchter schaden vorzüglich empfindlicheren Augen sehr leicht. – Eine unzweckmäßige Stellung des künstlichen Lichtes, so daß die Lichtstrahlen mittelbar oder unmittelbar, von der Seite oder von unten in das Auge fallen (besonders beim Lesen im Bette bei künstlichem Lichte), bringt stets Nachtheile für das Auge und man sehe deshalb darauf, daß das Licht mindestens einige Zoll höher steht, als die Augen und nicht zu sehr zur Seite oder wohl gar zwischen dem Auge und dem Gegenstande.

Auch rücksichtlich der Beleuchtung am Tage werden zum Nachtheile des Sehorgans sehr häufig grobe Fehler begangen und nicht die nöthigen Vorsichtsmaßregeln beobachtet. So arbeiten Manche bei viel zu starkem, ja sogar im unmittelbaren Sonnenlichte, Andere dagegen wieder bei unzureichendem Lichte, in der Abenddämmerung, noch Andere bei einer Mischung von künstlichem und natürlichem Lichte, wenn zu zeitig, bei noch vorhandenem Tageslichte, Kerzen oder Lampen angezündet werden. – Nachtheilig ist es ferner, hinter grünen oder rothen Fenstervorhängen zu arbeiten oder bei vielfach gebrochenen und ungleich vertheiltem Lichte, wie hinter Gittern; das Licht muß stets nur von Einer Richtung her auf den Gegenstand fallen. Ebenso ist auch steter Wechsel in der Beleuchtung (wie beim Lesen im Freien unter Bäumen, beim Gehen und Fahren) schädlich. – Man sehe ja auch darauf, daß beim Arbeiten kein falsche Licht, von entgegengesetzter Richtung, von unten oder von der Seite auf den Gegenstand falle. Deshalb wird der Arbeitstisch am besten so gestellt, daß das Licht weder gerade von vorn, noch gerade von der Seite, sondern in der mittlern Richtung, schräg von oben, vorn und links darauf fällt. Wo eine solche Stellung unmöglich ist, müssen die untern Fensterscheiben durch bläuliche Vorsetzer verdunkelt werden. – Da die Kräfte es Auges, wie die aller Organe unseres Körpers beschränkt sind, und dies besonders vor der Zeit der völligen Entwickelung und Ausbildung des Körpers, so fordere man von demselben nicht zu viel und berücksichtige das Gefühl der Ermüdung. Wo aber unabänderliche Verhältnisse stärkere Anstrengung der Sehkraft erheischen, da sei man auf Abwechselung in der Beschäftigung bedacht, denn man vergesse nicht, daß das Auge weit mehr aushält, wenn der Gegenstand der Beschäftigung in gewissen Zwischenräumen gewechselt wird. Ist dies nicht möglich, dann müssen dem Auge wenigstens alle Stunden einige Minuten Ruhe gegönnt werden, wobei der Blick auf entfernte und beschattete oder mattgefärbte Gegenstände zu richten ist.

Außer unzweckmäßigem Lichte und falscher Beleuchtung können nun aber auch noch unreine Luft, Verkältungen, so wie mechanische und chemische Verletzungen dem Gesichtssinne schaden. Die Beschaffenheit der Luft ist insofern von Einfluß auf das Auge, als Staub, Rauch oder scharfe Dünste in derselben das Auge reizen und in Entzündung versetzen können. Wer sich einer solch unreinen Luft häufig aussetzen muß, der reinige seine Augen öfter mit kaltem (weichen) Wasser, nur aber nicht dann, wenn es erhitzt ist, damit die Augen nicht zu schnell abgekühlt werden. Deshalb taugt auch das Waschen der Augen mit kaltem Wasser des Morgens gleich nach dem Erwachen nichts, besonders wenn man im Schlafe geschwitzt hat. Nie bediene man sich zum Waschen der Augen eines Schwammes, lieber der bloßen Hände oder eines leinenen Tuches. Bei starkem Winde und auf Reisen in staubigen Gegenden sind Schleier und große runde Staubbrillen (aus farblosen oder blaßblauen Plangläsern) von Vortheil. – Zugluft, besonders in feiner unmerklicher Strömung (durch das Fenster), erregt ebenfalls leicht Augenentzündung. – Fremde Körper, welche in das Auge gedrungen sind, wolle man ja nicht durch Reiben daraus entfernen, sondern man suche die Augenliedspalte von selbst oder mittels der Finger offen zu erhalten, richte den Blick stark über die dem kranken Auge entsprechende Achsel und dann schnell nach der Nasenspitze und umgekehrt, oder stark nach oben und unten abwechselnd, zwischendurch das Auge mit kaltem Wasser waschend. Sollte dieses Verfahren vergeblich sein, so suche man den fremden Körper vor dem Spiegel oder durch jemand Andern,

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verschiedene: Die Gartenlaube (1854). Ernst Keil, Leipzig 1854, Seite 471. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1854)_471.jpg&oldid=- (Version vom 12.12.2020)