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verschiedene: Die Gartenlaube (1854)

Folge, daß dieselbe laut und vor aller Welt bekennen wird, daß in Sachsen keine judenfeindliche Gesetzgebung besteht, woran derselben Unkundige zweifeln mußten. Freilich ist die Gleichstellung des jüdischen Cultus noch nicht gleichbedeutend mit bürgerlicher Gleichstellung, an welcher noch Manches zu wünschen übrig bleibt; obgleich bei der Wiederaufhebung der 1849 publizirten Grundrechte im Jahre 1854 gerade der die Juden betreffende Paragraph fast allein in Kraft geblieben ist. Immerhin aber mögen die Juden mit besonderem Vertrauen auf den neuen Inhaber des sächsischen Thrones blicken, der bei Gelegenheit der Kammerverhandlungen über die Freigebung des israelitischen Cultus die „wahrhaft

Innere Ansicht der neuen Synagoge in Leipzig.

königlichen“ Worte sprach – wie sie Dr. Jellinek in seiner Rede bei der Grundsteinlegung bezeichnete – daß es ihm leid thue, in einem Lande zu leben, wo Unterthanen um Gleichstellung der Juden erst bitten müßten. – Die treffliche Weiherede hob diese, ihren Urheber hoch ehrenden, Worte zu wiederholten Malen mit dankbarer Betonung hervor. Sie werden in ganz Sachsen mit ahnungsvoller Freude vernommen worden sein und bewahrt werden. Sie bildeten recht eigentlich den Geist, welcher die Feier der Grundsteinlegung durchwehete.

Da Dr. Jellinek der Reform des israelitischen Cultus mit Beharrlichkeit wenn auch mit vorsichtiger Mäßigung ergeben ist, so wird dereinst die leipziger Synagoge, eben weil sie zu den Messen alle Schattirungen des Judenthums aus allen Theilen Europas in ihren Mauern vereinigt sehen wird, der Mittelpunkt sein, von welchem aus nach allen Seiten sich die Strahlen der Reform ausbreiten.

In Folgendem geben wir nach den eigenen Mittheilungen des Baumeisters eine kurze Schilderung des werdenden Baues.

Bei Entwerfung des Planes zu einem Gebäude von nur mäßigen Dimensionen, umgeben von der imposanten Gruppe, welche die Centralhalle mit den umliegenden neuen Wohnhäusern bildet, konnte es nicht darauf angelegt sein, im Aeußeren durch Großartigkeit zu wirken. Der Uebelstand, daß die Grundform des acquirirten Bauplatzes eine höchst unregelmäßige, verschobene ist, drängte vielmehr den Architekten zur Bescheidenheit hin, noch mehr jedoch zu dem ernsten Bestreben, den vielen Anforderungen, die man mit Recht an ein kirchliches Bauwerk stellen darf, möglichst zu genügen, und alledem zum Trotz doch noch ein in sich harmonisch abgeschlossenes Kunstwerk zu liefern.

Bei der Lösung der sehr schwierigen Aufgabe, hat der Urheber des Bauplanes, Herr Architekt Otto Simonson aus Dresden, eine Meisterschaft bewiesen, welche mehr noch als aus unserer kleinen Abbildung der äußeren Ansicht, einst aus dem Gebäude

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verschiedene: Die Gartenlaube (1854). Ernst Keil, Leipzig 1854, Seite 477. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1854)_477.jpg&oldid=- (Version vom 12.12.2020)