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Verschiedene: Die Gartenlaube (1855)

den Menschen, ganz wegleugnen zu wollen, so bin ich es doch, ich, die Runkelrübe, welche ihm das Leben versüßt, und aus Dankbarkeit und Anerkennung stehe ich darob allerwegen unter allerhöchstem Schutze.“

Ich glaubte es der wohlgesetzten Rede anzuhören, daß die Sprecherin viel mit hochgestellten Herren zu thun haben mochte.

„O Du nur Süßliche und wegen zollgeschützter Unselbstständigkeit perpetuirlich Erröthende! Du solltest ja nicht so neugierig über den Erdboden herausguken, wie Du es doch immer thust, als hättest Du wer weiß wie viel Recht da zu stehen, wo Du doch nur den Roggen verdrängt hast. Wenn Du auch Einzelnen den Kaffee mit Deinem schleimigen Zucker versüßest, so ist das noch lange nicht das Leben. Das ist aber meine Sache, denn ich erfreue des Menschen Herz und dort drüben am grünen Rheine ist mein Heimathland. Meinen Namen brauche ich gar nicht zu nennen, denn jeder Mensch weiß mich mit hundert Ehrentiteln zu nennen.“

„Nicht so laut damit,“ fiel dem fernen Weinstocke eine andere Stimme in die Rede, denn die Worte des Weines lautete deutlich vernehmbar aus weiter Ferne, ohne Zweifel aus der meißner Gegend: „brüste Dich nicht zu viel mit Deinen Ehrentiteln, denn hier zu Lande kennt man auch einige, die nicht zu Deiner Empfehlung gereichen. Aber ich, ich darf sprechen, nicht von der Gunst, die mir die Menschen schenken, sondern von der Gewalt, die ich über sie ausübe. Fürsten haben sich vergeblich gegen meine Herrschaft aufgelehnt, ich blieb Sieger und werde es auch heute Abend bleiben.

Ich war gewaltig neugierig, den Sprecher kennen zu lernen, denn noch konnte ich seinen Namen nicht errathen und er schien auch sehr fern zu stehen, denn der Ton seiner Rede wehete fern daher.

„Wenn das Hirn des Herrn Pastors am Sonnabend schier vertrocknet ist,“ - so fuhr der Redner fort, „und dem Schneider das Tuch zum Rocke nicht vor nicht hinter reichen will, da hüllt jener sein gottseliges Haupt in meinen blauen Wolkenhimmel, und dieser greift nie vergebens nach Contenance in seine offenstehende Dose. Ihr werdet genug haben an diesen zwei Beispielen meiner Macht, sonst könnte ich Euch mit mehrern dienen.“ Hierauf hüllte sich der Tabak in den Mantel seiner Größe und schwieg. Und auch die Anderen blieben lange still, als fühlten sie das Gewicht der gehörten Worte.

„Schämt Euch, Schwestern,“ so begann jetzt eine geläufige Zunge – „schämt Euch, daß Ihr vor dem übelriechenden Herrn Bruder die Segel streicht. Fühlt keine von Euch übrigen Muth in sich, ihn zu schlagen? Nun, so will ich es thun. Höre einmal, Du Prahlhans, was ich Dir sagen werde, und dann sinke vor mir in’s thauige Gras auf die Knie. Du beherrschest den Herrn der Welt, das ist wahr; aber Du mußt den allergrößten Theil Deiner Herrschaft mit einer mächtigen Rivalin theilen. Das ist die Frau oder die Braut oder die Geliebte des Herrn der Welt. Wenn die es nicht leidet, so vermagst Du doch nichts über Jenen. Nun, und wer beherrscht denn die Beherrscherinnen der Männerwelt?“

Nach dieser mit steigendem Affect gesprochenen Frage folgte die pathetische Selbstbeantwortung:

„Das thue ich – der Kaffee.“

Obgleich die Antwort voraus zu sehen gewesen wäre, und ich sie leicht voraus gesehen hätte, wenn ich in Arabien oder Java gestanden, so muß ich doch gestehen, und allen Pflanzen um mich schien es auch so ergangen zu sein, daß ich mit sprachlosem Staunen hier – hier mitten in Deutschland den Kaffeebaum reden hörte. Aus hundert Pflanzenkehlen hörte ich die staunenden Worte:

„Du? der Kaffee? Wo bist Du denn? wir sehen Dich nicht! – Sprich – wo bist Du?“

O, welche Beschämung! Der arme Kaffeebaum stammelte: „Nun – ja seht – genau genommen, bin ich nicht ganz der Kaffee, aber – die Sache bleibt im Grunde doch dieselbe – wenn – wenn ich auch nur die Cichorie wäre.“

Da erfuhr ich aber, daß auch die lieben Pflanzenkinder ein Hohngelächter lachen könnten, in das ich laut mit einstimmte. Doch es wurde bald von einer neuen Rednerin übertönt. Eine Stimme, ganz nahe bei mir, schien von heiligem Zorn über die Ueberhebung der Cichorie, ebenso aber auch über die lieblose Verhöhnung der Anderen zu erglühen.

„Es ist ganz gut, daß ihr den Menschen mit Speise und Trank verseht, aber das reicht zu seinem ewigen Heil nicht weit. Dafür aber sorge ich. Ihr laßt die Menschheit verwildern, ich halte sie in ehrbarer Zucht und Ordnung. Ich verbreite unter den Menschen die einzige stichhaltige Philosophie, weil ich alle meine Beweise a posteriori führe, ich: die Birke. Und was meine zarten Reiser am zarten Kinde begonnen, das vollendet mein tönend Holz am widerhaarigen Burschen. Da kommen die deutschen Professoren und lassen sich Catheder daraus hobeln, und von diesen herab beweisen sie sonnenklar, daß Gehorchen leichter ist als Befehlen, und geben seliger denn Nehmen. Und dabei ist die Welt ruhig und glücklich und erst fähig, Eure Wohlthaten, liebe Schwestern, die ich nicht gering achte, in Demuth und Bescheidenheit zu genießen.“

„Amen,“ dachte ich hinzu, und wußte nun nicht, was dagegen noch aufzubringen sein sollte. Das Pflanzen-Parlament schien auch so zu denken, denn es folgte ein tiefes Schweigen. Ich ging besänftigt ab. Als ich aber an einem Flachsfelde vorüberging, flüsterte mir es leise zu: „Laß sie, Mensch, jene mögen sich immerhin streiten um Eure Gunst, Euch ist meine Liebe zu allen Zeiten sicher. Mit weichem Linnen umfange ich den Neugebornen, um endlich treu mit dem Greise in’s Grab zu gehen.“


Allgemeiner Briefkasten.
H – m. in Zck. Die Gartenlaube wird regelmäßig Freitags Nachmittag hier ausgegeben.
Rud. S–st. in B–a. Manuscript mit Dank empfangen. Wir werden – außer der Novelle – Alles benutzen und bitten um Zusendung des übrigen Manuscripts. Doch wäre es uns angenehmer, nur abgeschlossene Bilder, nicht das ganze Buch zu erhalten.
Fräulein Cl. L. R.. in A. Haben Sie Mittheilungen über Ihr Manuscript empfangen? Und wie steht es mit der kleinen Novelle?
Ed. Sch. in B. Etwas zu idyllisch.
Eg. Ei. in Fiume. In der Form zu nachlässig und deshalb nicht aufnehmbar.
C. v. D.. in Str. Haben Sie die Gartenlaube noch nicht gesehen, daß Sie die wunderbare Frage thun, was sie bringt?

Jeffrey’s Respirator.

Diese für Brust- und Lungenkranke so heilbringenden Instrumente, deren Nutzen Herr Professor Dr. Bock in Nr. 8 der Gartenlaube so treffend beschrieben hat, habe ich stets von 12 Grad Wärmehaltigkeit zu 3 Thlr., von 16 Grad zu 6 Thlr., von 18 Grad zu 8 Thlr., von 20 Grad zu 10 Thlr., von 22 Grad zu 12 Thlr. vorräthig, und fertige dergleichen für besondere Fälle für Mund und Nase in einem Instrument.

Joh. Reichel, Mechanikus und Bandagist. 
Bandagen-Magazin, Leipzig, Markt, Königshaus Nr. 17. 

Verlag von Ernst Keil in Leipzig. – Druck von Alexander Wiede in Leipzig.
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Verschiedene: Die Gartenlaube (1855). Leipzig: Ernst Keil, 1855, Seite 164. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1855)_164.jpg&oldid=- (Version vom 17.4.2023)