Seite:Die Gartenlaube (1855) 248.jpg

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Verschiedene: Die Gartenlaube (1855)

ein von ihm gezogenes kostbares Gewächs, wie ein großer Künstler seine Schöpfung liebt. Bezeichnend dafür ist, was ihr Schiller am 14. Februar 1789 schreibt: „Was Caroline vor Dir voraus hat, mußt Du von mir empfangen; Deine Seele muß sich in meiner Liebe entfalten und mein Geschöpf mußt Du sein, Deine Blüthe muß in den Frühling meiner Liebe fallen. Hätten wir uns später gefunden, so hättest Du mir diese schöne Freude weggenommen, Dich für mich aufblühen zu sehen.“ – Zugleich mußte er ein Wesen um sich haben, das sich liebevoll bescheiden seinen Herbheiten und Sonderbarkeiten fügte.

Er sagte ihr z. B.: „Die schöne Seele der Geliebten will ich auffassen, ihre schönen Empfindungen verstehen und erwiedern, aber ein Mißton in der meinigen darf sie weder befremden noch betrüben. – Bei allen meinen Mängeln wird die Geliebte immer finden, was sie einmal in mir liebte. Meine Liebe wird sie in mir lieben.“

Und wie sehr kam Charlotte diesen tief-inneren Bedürfnissen ihres Freundes entgegen! Wie war ihr ganzes Wesen dazu geschaffen, diese Bedürfnisse erfüllen zu können! Wie war es ihr selbst Bedürfniß, Lebensaufgabe, Ziel – dies zu thun! Wie tief fühlte sie die Bedeutung, die Schiller’s Wesen für ihre Entwickelung und Erhebung habe! Wie verständig und schön erkannte sie auch die Nothwendigkeit, daß dieser reizbare, schwächliche, kränkelnde Mann einer ganz besonderen Pflege und Wartung bedürftig sei! Und wie glücklich fühlt sie sich, daß ihren Händen diese heilige Sorge anvertraut werden sollte! – Gerade das, was ihre Verwandte am Meisten gegen diese Verbindung stimmte: das kränkliche, reizbare Wesen Schiller’s, war es, was sie mit hohem Opfermuthe erfüllte, woran sich ihre Liebe noch erstarkte und erhöhte.

Kehren wir nun wieder zurück, um auch die äußerliche Entwickelung dieses Verhältnisses bis zur kirchlichen Verbindung in kurzen Angaben zu verfolgen. Nach dem ersten kurzen Begegnen in Rudolstadt sahen sich Schiller und Charlotte im Winter von 1787–88 in Weimar wieder. Hierher waren die Schwestern gekommen, um Vorbereitung zur Aufnahme Charlotten’s als Hofdame zu treffen. Der Verkehr gestaltete sich recht freundlich, doch nicht besonders nah. Caroline schreibt aus dieser Zeit: „Schiller hielt sich in der gehörigen Entfernung, wie ihm die Umstände und seine Feinheit lehrten.“ Indessen wurde doch schon von dem Plane gesprochen, daß Schiller den nächsten Sommer bei Rudolstadt wohnen solle. Die Freundinnen bereiteten ihm auch in Volkstädt eine heitere, reizend gelegene Wohnung vor, die er im Mai 1788 bezog.Hier schrieb er seine Geschichte der Niederlande und den Geisterseher, in steter Mittheilung an die Freundinnen. Bei diesen lernte er denn auch Goethe kennen, ebenso Herrn von Gleichen, dessen ältester Sohn später der Gemahl von Schiller’s jüngster Tochter wurde. – Gegen Mitte October zog er nach Rudolstadt selbst; nun wurde der gesellige Verkehr noch enger, und schon sprach man in der Gesellschaft von der bevorstehenden Verheirathung Schiller’s mit Charlotten, noch eher als diese selbst davon gesprochen hatten. Mitte November kehrte Schiller nach Weimar zurück; es entstand ein lebhafter Briefwechsel, doch ohne auch jetzt noch von Verheirathung zu sprechen. Währenddem mußte Charlotte noch alle mögliche Exercitien zum Amt der Hofdame durchmachen. Im Frühjahr 1789 wurde Schiller Professor in Jena, und in dieser Stellung mit Aussicht auf fixen Gehalt trat sein Wunsch der Verheirathung immer lebhafter hervor.

Im Juli reisten die Schwestern über Jena, um ihre Freundin, Caroline von Dachröden, von dem Gute ihres Vaters nach Lauchstedt in’s Bad abzuholen. Im Garten der liebenswürdigen Familie Griesbach, bei der Schiller wohnte, brachten sie mit demselben einen schönen und das Liebesverhältniß zeitigenden Tag zu. Schiller versprach nach Lauchstedt zu kommen, und eine verabredete Zusammenkunft mit Körner sollte dazu scheinbar Veranlassung sein. Ein schöner Brief an Charlotte leitete sein entscheidendes Kommen ein; gleichzeitig hatte dieselbe einen ihr unangenehmen Heirathsantrag bekommen, den die Mutter zu unterstützen schien, – da kam Schiller, Anfang August, in Lauchstedt an, und nun tauschten sie rasch und geheim das Geständniß ihrer Liebe aus. Caroline und die edle Caroline von Dachröden segneten zuerst das glückliche Brautpaar. Aber geheim mußte diese Verlobung noch gehalten werden.

Die Mutter hatte kein Vermögen für die Kinder, aber für Charlotte theils recht aristokratische, theils recht praktische Versorgungspläne. Was konnte Schiller dagegen bieten, so lange er noch keinen fixen oder ausreichenden Gehalt hatte! Dieser also sollte erst abgewartet und dann erst der Mutter Einwilligung erbeten werden. – Die Herbst-Ferien brachte Schiller wieder in Volkstädt zu, noch immer im Geheimniß vor der Mutter, aber von derselben stets inniger geliebt und geachtet. Ende October ging er zurück nach Jena, voll tiefsten Unmuths und dort oft in wahrhaft verzweiflungsvoller Stimmung. Hier zeigte sich nun schon Charlotten’s still waltender Zauber auf ihn; mit inniger Ruhe und Ergebung beschwichtigte sie den geliebten Freund. – Zu Anfang December kamen beide Schwestern nach Weimar; Schiller kam jede Woche einmal dorthin und knüpfte jetzt die herrliche Freundschaft mit Wilhelm von Humboldt, dem Geliebten der Freundin Caroline von Dachröden. – Mitte December erschien die Zusage des Herzogs auf fixe Besoldung; am 18. December bat Schiller Frau von Lengefeld um Charlotten’s Hand, – Frau von Stein vermittelte dabei theilnehmend, der edle Coadjutor von Dalberg machte für später glänzende Versprechungen – und die Mutter stimmte nun liebevoll zu. – Am 20. Februar 1790 wurden Friedrich von Schiller und Charlotte von Lengefeld, in dem Dorfe Wenigenjena bei Jena durch den Pfarrer Schmidt getraut. „Der Kosten wegen,“ – wie Schiller lakonisch-naiv schrieb – „ganz einfach und still.“

Die Mutter war dazu von Rudolstadt herübergekommen und freute sich des Glückes ihrer Kinder. – „Meine Frau hat die vollständige Hauseinrichtung mitgebracht,“ so schließt Schiller die Aufzeichnungen aus seinem hier endenden ersten großen Lebensabschnitt. – Mit diesem Ende sollte aber nun erst das wahre, tiefste Lebens- und Liebesglück der zwei Verbundenen beginnen.

A. Schlönbach. 
(Schluß folgt.)




Bausteine zu einer naturgemäßen Selbstheillehre.
Der Schlagfluß.

Den hat der Schlag gerührt, pflegt man von Dem zu sagen, der plötzlich und ganz unvermuthet, ohne vorhergegangene Krankheit und Gewaltthätigkeit, entweder sofort vom Tode befallen wird oder doch das Bewußtsein verliert und zugleich mit diesem auch noch die Fähigkeit, die eine Hälfte seines Körpers zu bewegen. Im letztern Falle kann der Kranke aber recht gut wieder zum Bewußtsein und allmälig auch zur Bewegungsfähigkeit, also scheinbar zur vollen Gesundheit gelangen, jedoch stirbt er auch nicht selten im bewußtlosen Zustande nach kürzerer oder längerer Zeit (nach Stunden oder Tagen). Sehr häufig bleibt nach dem Verschwinden der Bewußtlosigkeit die halbseitige Lähmung zeitlebens zurück, bisweilen ganz vollständig und in hohem Grade, manchmal sich mindernd und in niederem Grade. In einzelnen Fällen kehrt mit dem Bewußtsein die Geistesthätigkeit nicht vollständig wieder und dann sind Gedächtnißschwäche, Stumpfsinn, selbst kindischer Gemüthszustand, die bleibenden Folgen des Schlagflusses, der sich übrigens nicht ungern, in kürzerer oder längerer Zeit wiederholt.

Der Schlaganfall (die Apoplexie) tritt entweder blitzschnell ein oder nach vorhergegangenem Schwindel, Dunkelwerden vor den Augen, heftiger Brustbeklemmung und Angstgefühl, lallender Sprache und Sprachlosigkeit. Mit dem Schwinden der Sinne und des Bewußtseins fällt der Kranke plötzlich hin, sein Athem wird mühsam und schnarchend oder röchelnd, das Gesicht gewöhnlich einseitig verzerrt, bisweilen roth oder blauroth gefärbt, die Augen stier und glotzend, die Pupille erweitert, die Augenlider herabgesunken, der von Speichel und Schaum bedeckte Mund mit dem einen Winkel schief nach abwärts gezogen, Arm und Bein der einen Seite schlaff herabhängend. – Von Vorboten, welche mit nur einiger Sicherheit das Herannahen eines Schlaganfalles verkünden könnten, ist keine Rede, noch weniger aber existirt ein besonderer

Empfohlene Zitierweise:
Verschiedene: Die Gartenlaube (1855). Leipzig: Ernst Keil, 1855, Seite 248. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1855)_248.jpg&oldid=- (Version vom 10.9.2022)