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Verschiedene: Die Gartenlaube (1855)

der „Fünfpunkter“ vor Magistrat und Polizei und sonstigen handgreiflichen Zeichen, daß die amerikanischen Republiken ohne Republikaner bestehen und daher nicht mehr bestehen können, daß die Freiheit, die Schöpfung Washington’s zur Karikatur, zur unverschämtesten Selbstsucht, zur Tyrannei Aller gegen Alle geworden ist, und dem daraus zunächst hervorgewachsenen Know-nothingismus, der faulen oder weinigen Gährung (je nach dem chemischen Produkte) zwischen Germanen- und Yankeethum später und gelegentlich.




Zum Verständniß des Kampfes vor Sebastopol.

Militairische Kleinigkeiten Nr. 3.

Die regelrechte Belagerung einer Festung besteht aus so einer Menge einzelner Handlungen, fußt auf so Vielem, was erst in der Technik und in der Wissenschaft begründet worden ist und sich entwickelt hat, daß es wohl gerechtfertigt ist, hier ein Wenig ausführlicher zu werden.

Sie besteht ihrem Wesen nach in dem langsamen, aber sichern, durch alle Hülfsmittel der Kunst unterstütztem Vorgehen des Angreifers gegen den angegriffenen Platz, in der Bemächtigung der Außenwerke, in der Errichtung verschanzter Batterien vor und auf diesen und in der Zerstörung der Vertheidigungsmittel und Vertheidigungswerke dergestalt, daß die auf das Aeußerste zurückgedrängte Vertheidigungskraft die Vertheidigung aufgiebt oder eine in den Werken erzeugte Lücke (Bresche) den Sturm ermöglicht.

Ehe der Angreifer zur Belagerung vorschreitet, unternimmt er die Berennung, wie man sagt, die vollständige Einschließung der Festung, und ist diese zweifelsohne ein wesentliches Merkmal der regelmäßigen Belagerung, da von einer solchen eigentlich nicht die Rede sein kann, so lange die zu belagernde Festung nur einseitig eingeschlossen ist und ihr eine der wichtigsten Lebensadern, die Verkehrsline nach ihren Hülfsmitteln, offen bleibt. – Die Berennung, der Blokade sehr ähnlich, besteht in der Besetzung aller zur Festung führenden Wege durch ein der Stärke der Besatzung angemessenes Truppencorps, um jedes gewaltsame Eröffnen der dieser verschlossenen Verkehrsrichtungen zu verhindern. – Je vollständiger die Abschließung, die Isolirung, einer Festung von ihren Hülfsquellen geschehen kann, um so größer wird die Wahrscheinlichkeit des Erfolges der Belagerung. Je vollständiger diese Abschließung ist, um so mehr wird der ganze Angriff den Charakter der regelmäßigen Belagerung inne halten können, in welchem nach Maßgabe des gegenseitig möglichen Kräfteaufwandes, sich Schritt für Schritt, der vom Belagerer vorwärts geschieht, im Voraus bestimmen läßt, so daß man wohl im Stande ist, unter diesen Verhältnissen eine Wahrscheinlichkeitsrechnung über den Fall einer Befestigung zu unternehmen. – Je weniger vollständig die Einschließung einer Festung geschieht, je mehr ihr also Gelegenheit bleibt, ihre Besatzung durch Nachschube von Außen zu ergänzen oder zu ersetzen, ihre Munitions- und Lebensmittel-Vorräthe zu erneuen, ihre zerstörten Geschütze gegen brauchbare auszutauschen etc. – um so weniger lassen sich die Fortschritte des Angreifers nach dem gewöhnlichen Maaßstabe beurtheilen, – um so weniger wird es aber auch möglich, die einmal errungenen Vortheile in der Art zu benutzen, wie man sie wohl bei einer vollständig eingeschlossenen, von den Geschossen des Angreifers, wie durch entstehende Krankheiten verringerten, durch den eintretenden Mangel geschwächten und von den täglichen Fortschritten des Angreifers wohl leicht entmuthigten Besatzung auszunutzen im Stande ist.

Da man wohl nie vermag, den ganzen Umfang einer Festung auf ein Mal mit Geschütz anzugreifen, so wählt man in der Regel diejenige Seite einer Festung zum Angriffe, welche als die schwächste erscheint, deren Angriff also die meiste Unterstützung in der Gestaltung der Erdoberfläche oder in der Gestaltung und dem Zustande der Festungswerke findet. – Man nennt die Seite, gegen welche der Angriff sich richtet, die Angriffs-Front, und da beim Bastionär-System mindestens ein Bollwerk und die zwei nebenliegenden Ravelins oder zwei Bollwerke und des dazwischen liegende Ravelin angegriffen werden, so bezeichnet man diese ebenfalls

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Verschiedene: Die Gartenlaube (1855). Leipzig: Ernst Keil, 1855, Seite 345. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1855)_345.jpg&oldid=- (Version vom 16.6.2023)