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Verschiedene: Die Gartenlaube (1855)

Blätter und Blüthen.

Der elektrische Telegraph durch’s atlantische Meer zur Verbindung Amerika’s und der alten Welt über England, von welchem schon öfter die Rede war und zwar in Verbindung mit dem Plane einer elektrischen Sprechkette um die ganze Erde, geht seinen Gang ruhig und rüstig fort zur Vollendung. Eine Zeitung New-Yorks bringt über den jetzigen Stand der Sache folgende Mittheilung: „Die telegraphische Communication zwischen Amerika und Europa, als Vorläuferin einer um die ganze Erde, ist eine zu große That für einen einzigen Helden. Doch halten die damit beschäftigten Personen das Werk bereits als sicher zur Ausführung. Die Erfahrung, welche man mit dem Telegraphen zwischen der Krim und England durch’s schwarze Meer gemacht hat, bestärkt diese Sicherheit. Von Balaklava bis Varna ist der unterseeische Draht 350 englische Meilen lang. Diese Länge hindert die Kraft des elektrischen Fluidums nicht im Geringsten. Die Länge des Drahtes zwischen Ireland und Newfoundland, dem nächsten Punkte Amerika’s, wird 1750 Meilen sein. Die genauen Untersuchungen des atlantischen Meeresgrundes von Seiten der amerikanischen Regierung haben ergeben, daß der Grund hier, mit Ausnahme von 200 Meilen an der irischen Küste, durchaus aus einer sandigen Ebene besteht, so daß man blos die 200 Meilen voller Gebirge und Zacken zu umgehen braucht, wodurch die 1600 Meilen Entfernung in gerader Linie durch Umweg zu 1720 werden. Der amerikanische Theil der Arbeit wird durch das Kapital von acht reichen Privatpersonen besorgt. Sie legen den Draht von Newfoundland bis New-York. Cyrus Field, ein Mitglied der Compagnie, ist eben von England, wo er mit der englischen Compagnie abgeschlossen, zurückgekehrt. Die amerikanische Linie wird 1200 Meilen lang, mit blos 71 unter dem Golf des St. Lorenzoflusses hin. Die Kosten sind auf 11/2 Millionen Dollars berechnet. Auf Newfoundland allein arbeiten schon seit einem Jahre 600 Menschen, um Wüste und Wald zu klären. Sie bekommen außer Lohn große Strecken Landes in dieser bisher unbekannten, wilden Gegend. Der Draht für den Lorenz-Golf ist schon von England abgegangen. An dem Drahte durch’s atlantische Meer wird in einer dazu besonders eingerichteten Anstalt bereits gezogen und gesponnen. Es wird die riesigste, heroischste Arbeit sein, die unser dampfendes, industriell erfinderische und schöpferisches Jahrhundert aufweisen kann, eine Heldenthat, gegen welche alle blutigen Schlächtereien vor Sebastopol zu einer barbarischen, großartigen Kleinigkeit des Unsinns, des Unvermögens und der Heuchelei herabsinken.“




Noch eine Elephantengeschichte. Die Zeitung: „Buffalo[WS 1] Democrat“ erzählt folgenden Vorfall mit den Worten eines Augenzeugen: Unlängst besuchte eine Menagerie das Städtchen Johnstwon, Grafschaft[WS 2] Herkimer. Die abreisende Gesellschaft mußte über eine schwache hölzerne Brücke, über welche alle Thiere auch glücklich hinweg kamen bis auf zwei Elephanten, die sich standhaft weigerten, darüber zu schreiten. Sie wurden mehrmals gegen die Brücke getrieben, aber jedesmal schreckten sie zurück, nachdem sie mit ihrem natürlichen Scharfsinn die schwache Struktur derselben untersucht hatten, theils mit den plumpen Füßen vorsichtig probirend, theils mit den Rüsseln prüfend und fühlend, dann in das tiefe Wasser zwischen steilen, dreißig Fuß hohen Ufern hinabblickend. Endlich wurde der Wärter wüthend und stachelte sie mit seinem Eisenstabe zur Verzweiflung, daß sie mit einem eigenthümlichen Brausen des Schwerzes endlich in größter Hast über die[WS 3] Brücke hinwegzukommen suchten. Aber es zeigte sich sofort, wie richtig die Elephanten sich und die Brücke beurtheilt hatten: die Brücke brach krachend zusammen und stürzte beide Thiere in den reißenden, tiefen Fluß hinunter. Der eine ward jämmerlich an den Vorderblättern der Füße und außerdem bedeutend verletzt, der andere kam merkwürdiger Weise ganz unversehrt unten an. Nun entwickelte sich eine Scene, die manchen civilisirten, in der Religion der Liebe erzogenen Menschen beschämen wird. Dem verletzten und gebrochenen Elefphanten ward am Ufer des ziemlich tief gefallenen Wassers eine Art Bett bereitet und der andere angetrieben, der Menagerie zu folgen. Aber keine List, keine Lockung, keine Prügel mit der eisernen Keule vermochten ihn, seinen kranken Collegen zu verlassen. Tag für Tag lag der kranke Elephant, unfähig aufzustehen, und wurde jeden Tag schwächer, Tag für Tag wachte und sorgte der gesunde an seiner Seite. So vergingen drei Wochen, als das Wasser bedeutend zu steigen anfing und drohte, das kranke Thier am Flusse zu ertränken. Der Wärter suchte es daher mit Gewalt fortzubringen um es zu retten. Aber es konnte durchaus nicht aufstehen. Jetzt versuchte der Wärter in seiner Wuth, es durch den Stich einer Mistgabe zur äußersten Anstrengung zu zwingen. So wie dies der gesunde Elephant sah, riß er ihm die Gabel aus den Händen, zerbrach sie in Stücken, schleuderte sie weit weg und über seinen kranken Collegen gebeugt, blickte er mit solcher Wuth und Entschlossenheit um sich, daß der Wärter jeden weitern Versuch für lebensgefährlich hielt. Er bewachte und beschützte den kranken, wehrlosen Freund, bis er todt war und erlaubte bis dahin dem Wärter nie wieder, sich zu nahen. Jetzt, als er sich von dem Tode des Collegen überzeugt hatte, ward er wieder willig und gehorsam und folgte geduldig der Menagerie nach.

Ist hier nicht Verstand, Scharfsinn, Edelmuth, Liebe, wie kaum unter Menschenfreunden?




Allgemeiner Briefkasten.

H. in Dr. Ist Ihr Glaube an die Menschheit bereits so weit gesunken, daß Sie der Uneigennützigkeit einzelner Braven nicht mehr trauen? Womit hat der Mann, dem Sie als Grund aller seiner Bestrebungen bloße Geldgierde vorwerfen, diese harte Beschuldigung verdient? – Wie einst der edle Adelbert von Chamisso auf seiner Reise allenthalben, wo er konnte, in fernen wilden Gegenden und Eilanden, eine Hand voll Getreide ausstreuete, damit, wenn einstmals Menschen an diese Stätte kämen, sie eine nährende Frucht vorfänden, so streut der Mann, den Sie jetzt mit Vorwürfen überhäufen, überall, wo er auch immer hinkommt, in Gesellschaften, in Schulen, in Versammlungen, in Gewerbe- und andern Vereinen, die schöne fruchtbringende Saat seiner umfassenden Kenntnisse aus, ohne einen andern Lohn zu beanspruchen, als das Bewußtsein, genützt und das Gute gefördert zu haben. Was konnte Sie veranlassen, dem Bestreben eines Mannes Motive unterzuschieben, die just ihm und seiner ganzen Denkungsweise gänzlich fern liegen.

M. in W. Auch Sie glauben also an den enormen Ertrag unserer Zeitschrift? Sonderbar, selbst Leute von sonst hellem Verstande und tüchtigen Geschäftskenntnissen haben uns einen jährlichen Gewinn von 10 bis 14,000 Thaler nachgerechnet. Um Ihnen und zugleich den vielen Neidern unsers allerdings in überaus kurzer Zeit mächtig aufgeblühten Organs eine Einsicht in den innern Betrieb eines solchen Unternehmens zu geben, lassen wir heute mit Erlaubniß der Verlagshandlung eine Calculation der Zeitschrift folgen, die wir allen Sachverständigen offen zur Prüfung vorlegen. Unser Haus ist von Glas, es kann Jeder hineinschauen. Vielen wird es eine interessante Mittheilung, unsern Freunden aber eine unerwartete Eröffnung sein, daß die Herstellung Einer Nummer unserer Gartenlaube – so klein und unbedeutend sie scheint – durchschnittlich weit über siebenhundert Thaler kostet. Und doch ist es so.

Die Gartenlaube wird in einer Auflage von 35,000 Exemplaren gedruckt, wovon augenblicklich 32,000 Exemplare abgesetzt sind.

Papier à Ballen 332/3 Thlr. (mit Zuschuß) 20,700 Thlr.
Satz und Druck à Nummer durchschnittlich 150 Thlr. 7800 0 "
Honorar der Beiträge à Nummer 55 Thlr. nebst Redactionssalair 3500 0 "
Illustrationen, Zeichnungen und Holzschnitt à Nummer 38 bis 40 Thlr. 2000 0 "
Falzen der Auflage in Wochennummern 500 0 "
Expeditionskosten: Fakturen, Makulatur, Pappe und Bindfaden, Siegellack etc. 500 0 "
An Salair für Commis, Markthelfer, Briefporto und kleinen Spesen, an Steuern etc. etc. 1000 0 "
Insertions- und andere Anzeige-Kosten, Probenummern, Circulaire etc. 550 0 "
Capitalzinsen 400 0 "
An Druck-, Papier- und Buchbinderkostender Monatsausgabe (7000 Aufl.) 900 0 "
Summa 37,850 Thlr.

Wir haben zur Erleichterung durchgängig runde Zahlen angenommen, da es bei der Höhe der Totalsumme auf ein Mehr oder Minder von 1 bis 200 Thlrn. nicht ankommen kann.

Der augenblickliche Absatz (das Exemplar zu 1 Thlr. 6 Ngr. Netto gerechnet) giebt einen Gesammtbetrag von 38,400 Thlrn. Bringen Sie davon die Freiexemplare, welche die Verlagshandlung (bei Abnahme größerer Parthien gewähren muß, und weiter die jährlichen Ausfälle an Baarverlusten und Meßagios in Abzug – zusammen (mit den Freiexempl.) circa 2500 Thaler – so ergiebt sich schließlich ein Manko, das durch den spätern Absatz der noch auf Lager gebliebenen 3000 Exemplaren gedeckt werden soll. Die früheren Verluste bei Gründung der Zeitschrift und die Arbeitsverwerthung des Verlegers kommen dabei nicht in Anschlag.

Das sind die Resultate, um die wir und die Verlagshandlung beneidet werden.

Die Gartenlaube war von Anfang kein Unternehmen der Spekulation und wird es niemals werden. Der eine Umstand, daß wir, um unsere Leser nicht zu beeinträchtigen, die unendlich vielen Aufforderungen um Aufnahme von Inseraten stets zurückwiesen, mag dies mit beweisen. Sie werden es indeß nach alledem begreiflich finden, wenn die Verlagshandlung ihren längst gehegten Plan zur Ausführung bringt und die Gartenlaube im Preis um einige Groschen erhöht. Daß, wenn dies geschieht, unsere Leser dabei nicht verlieren, brauchen wir Ihnen jetzt, wo in drei completen Jahrgängen die Beweise unseres Strebens vorliegen, wohl nicht zu versichern. Mit verstärkten Kräften und in größerer Ausdehnung wird die Gartenlaube in Wort und Bild Gediegenes bieten, und so mit der Zeit das Ziel erreichen, das sie sich von Anfang an gesteckt hat.

Sfbn. in K. Die Sammlung wird in circa drei Wochen erscheinen.

Br. in El. bei Hameln. Sobald Sie bei der Post abonnirt haben, ist der Postsecretär Sch. auch verpflichtet, Ihnen sämmtliche Nummern des Quartals zu liefern. Wenn nicht, so zeigen Sie diese Saumseligkeit der obern Postbehörde an.

C. G. M. Wir werden versuchen, Ihrem Wunsche nachzukommen. Zu einer monatlichen Todtenschau können wir uns indeß nicht verstehen.

D. Redakt. 


Verlag von Ernst Keil in Leipzig. – Druck von Alexander Wiede in Leipzig.

Anmerkungen (Wikisource)

  1. Vorlage: Bustalo
  2. Vorlage: Graftschaft
  3. Vorlage: dei
Empfohlene Zitierweise:
Verschiedene: Die Gartenlaube (1855). Leipzig: Ernst Keil, 1855, Seite 482. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1855)_482.jpg&oldid=- (Version vom 7.7.2023)