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Verschiedene: Die Gartenlaube (1855)

sehr stark schwellen, wodurch das Athmen und Sprechen behindert wird, dann bildet sich gewöhnlich ein Eiterherd in denselben, und es ist dienlich, warme Umschläge um den Hals zu machen, so wie die Dämpfe kochenden Wassers in die Mundhöhle einzuziehen; bisweilen muß die Eiterhöhle auch zeitig eröffnet werden. – Bleibt nach solchen Bräunen Anschwellung der betheiligten Organe (besonders der Mandeln und des Zäpfchens) zurück, dann thut das Bestreichen derselben mit Höllenstein die besten Dienste, auch das Einspritzen und Bepinseln mit zusammenziehenden Mitteln (mit kalter Salbeiabkochung, Alaun- oder Zinkvitriollösung etc.) ist vortheilhaft. In hartnäckigen Fällen führt das theilweise Wegschneiden der stark geschwollenen Mandeln oder des Zäpfchens, was übrigens ganz ungefährlich und fast schmerzlos ist, am schnellsten zum Ziele und hat schon manchmal das Athmen, das Sprechen und Singen, sowie auch das Hören verbessert. Vergrößerte Mandeln geben nämlich der Stimme etwas Hohles, Rauhes und Gedämpftes, gerade als ob ein fremder Körper im Munde läge, und veranlassen tönendes (schnarchendes Athmen), durch die Nase und mit geöffnetem Munde (besonders im Schlafe). Auch können sie durch Hinaufdrängen des weichen Gaumens die Ohrtrompetenmündung verlegen und dadurch Schwerhörigkeit erzeugen. (Ueber das Singen und die Singorgane mit ihren Krankheiten später.)

(Bock.) 




Wie er- und behält man den Ocean auf dem Tische,

oder das Marine-Aquarium.

Die schusterleuchtkugelartigen Zimmerdecorationen mit ein Paar traurigen, sich langweilenden Goldfischchen entsprechen dem Geschmacke und dem Bedürfnisse der naturwissenschaftlichen Gegenwart nicht mehr als Hausfreunde. Die Gartenlaube bekam dafür erfreuliche Beweise in die Hände, da ihre Hinweisung auf das „Marine-Aquarium“ oder den Ocean auf dem Tische[1] überall, in allen Gegenden Deutschlands und Rußlands, das größte Interesse erregte und in unzähligen Briefen um nähere Auskunft und Anweisung gebeten ward. Wir wollen diese hiermit so genau und praktisch als möglich geben und bemerken nur noch, daß die Redaktion dieses Blattes eben Anstalten trifft, „die enthüllten Wunder der Meerestiefe“ ganz ausführlich und speciell in Wort, Bild und Farbe allgemein zugänglich zu machen.

Das Marine-Aquarium, welches uns die seltsamsten und in Gestalt, Form, Formenwechsel, Farbenspiel, Lebensweise u. s. w., wunderbarsten Geschöpfe, Pflanzenthiere, Thierpflanzen, Mollusken, Crustaceen, Feenschlösser mit unterseeischen Gärten, Parken und Wäldern in einem Oceane auf den Tisch zaubern soll, kann nach Räumlichkeit, Mitteln und dem Geschmacke des Einzelnen die verschiedensten Formen annehmen, so daß eine bestimmte Regel nicht gegeben werden kann. Um aber die Phantasie und der Lust für diese neue, wissenschaftliche, stets lebendige Zimmerdecoration gleich von vorn herein zu Hülfe zu kommen, fügen wir in Abbildung ein ästhetisches Muster-Aquarium mit Springbrunnen bei, wie es für den Professor Gosse in Edinburgh, den Schöpfer derselben, ausgeführt ward.

Das Marine-Aquarium muß ein kleiner Ocean zwischen Glaswänden sein, dem Lichte der Sonne und dem Auge von allen Seiten zugänglich. An einem Fenster mit Receß kann man es so einrichten lassen, daß es die ganze Breite desselben einnimmt. Dies hat einen prächtigen Effekt auf’s ganze Zimmer, wovon sich der Verfasser dieser Mittheilung in englischen „drawing rooms“ selbst oft genug überzeugte. In solchen Fällen müssen natürlich die Glasscheiben mit gutem, nicht schädlich wirkenden Material, am Besten Gutta-Percha, zusammengekittet werden. Zieht man die cylindirsche Form vor, kann das Ganze aus einem einzigen Glaskörper bestehen, doch giebt es hier eine Grenze in Bezug auf Größe, da sie über zwölf Zoll im Durchmesser schwer zu blasen sind und beim Gebrauch auch noch sehr leicht zerbrechen. Auch die Höhe hängt vom Geschmacke ab, dem man hier gleich von vorn herein, wie bei Vasen u. s. w., eine bedeutende Stimme zuerkennen sollte. Vasenartige Formen selbst würden für kleinere Privat-Oceane viel für sich haben. Giebt man den Wänden eine geradlinige, z. B. achteckige Construction, vermeidet man zugleich die Entstellungen der innern Pflanzen und Thiere, wie sie durch Lichtreflex an gebogenen Wänden und Kugelformen entstehen. Will man die Kugelform dennoch beibehalten, sorge man dafür, daß die Tiefe des Miniatur-Meeres sehr gering sei, damit von von Oben, dem einzigen richtigen Beobachtungspunkte, immer bis auf den Grund sehen kann.

Da unsere kleinen Oceane sich nicht nur mitten im Lande, sondern auch im Staube der Zimmer befinden und gedeihen sollen, müssen sie von oben gut geschützt werden, also z. B. mit feinem Musselin, oder besser, mit einer Glasplatte, doch so, daß noch Luft entweichen kann. Dabei wäre letztere jeden Tag ein paar Mal je für ein paar Secunden zu lüften, um einen vollständigen Luftwechsel darunter zu veranlassen.

Thiere, und besonders Pflanzen in dem kleinen Kunstoceane bedürfen des vollen Lichtes, weshalb das Aquarium in der sonnigsten und lichtesten Stelle des Zimmers stehen muß, so daß die Sonnenstrahlen ungeschwächt hineinwirken können. Es ist ein gar anmuthiges Schauspiel, zu beobachten, wie sich unter dem Einflusse der verklärenden Sonnenstrahlen Tausende von kleinen Luftdiamanten an den Steinen und Pflanzen bilden und wie sie in einem ununterbrochenen Perlenregen von Unten nach Oben eilen, so lange sie sich der Sonne freuen. Diese kleinen Diamanten bestehen aus reinem Oxygen (Sauerstoff). Da dieses die „Lebensluft“ für Thiere bildet (und auch unsern Zimmern und Lungen zu Gute kommt), wird man die Wichtigkeit dieses Perlenregens sofort einsehen. Nur im Sommer bei großer Hitze ist namentlich das kleinere Aquarium mit wenig Wasser gegen das directe Brennen der Sonne durch Musselin oder geöltes Papier oder Milchglas zu schützen. Wird das Wasser bis zur Lauheit erwärmt, sterben die Thiere.

Der wichtigste Punkt in praktischer Beziehung, namentlich für deutsche Gegenden, die durch das beste Fernrohr kein Meeresufer entdecken können, sind die Kosten erster Anschaffung. Was die Preise für Gefäße betrifft, so stellten sie sich in England für die größten von ornamentaler Form, 24 Zoll lang, 18 breit und 18 tief, auf 3 Pfund 10 Schillinge (24 Thaler) für’s Stück, für kleinere (15, 12, 12) auf 7 Thaler. Hat man mehr wissenschaftliche, als dekorative Zwecke vor Augen, kann man natürlich mit Silbergroschen eben so viel ausrichten, wie für decorative mit fleckenlosem Spiegelglas mit Thalern. Aber wie bringt man nun das wirkliche Leben der Meerestiefe hinein? Zunächst hat man für Gegend, für entsprechende, unterseeische Landschaft zu sorgen und kann hier in Wirklichkeit ein malerischeres Talent entwickeln als der Pinsel nur zum Schein. Man kann mit wirklichen kleinen Felsenstückchen, Korallen u. s. w. aus dem Meere componiren; wo dies aber nicht leicht geht, hat man mit Roman- oder Portland-Cement, der unter dem Wasser zu Felsen sich härtet, einen um so freiern Spielraum für keramisches Formentalent. Mit diesem Cemente kann man nach Herzenslust Klippen und Klüfte, Höhlen und Hütten für die künftigen Bewohner zurechtkneten. Stücke verzweigter Korallen, Höhlen, Steinfragmente, Klippen, überhängende Felsen sind theils nothwendig für das Gedeihen von Pflanzen und Thieren, theils wünschenswerth als Verschönerungen, zumal wenn hernach die Natur das Ihrige thut und die kleine unterseeische Kunstnatur mit ihren Seepflanzenguirlanden und hängenden Gärten malerisch in Form und Farbe übertapezirt. Korallenzweige lassen sich auch wie Bäume in den noch weichen Cement pflanzen, so daß sie hernach auf dem erhärteten Felsen wie maritime Bäume stehen und Thieren und Pflanzen Anknüpfungspunkte gewähren.

Wohl zu beachten ist, daß der zu verwendende Cement vorher ganz gehörig ausgelaugt werden muß, um ihn unschädlich zu machen. Zu diesem Zwecke muß er mindestens einen Monat lang und häufig durch neues zu ersetzendes Wasser gehalten werden. So lange sich das Wasser trübt und auf der Oberfläche Schaum absetzt, ist er untauglich. Durch Vernachlässigung dieser Vorsicht wurden schon oft alle hernach angesiedelten Thierchen getödtet.

Da viele Seethierchen, wie Kaninchen, Ratten und Mäuse,


  1. Vergl. Nr. 4 und 28 der Gartenlaube.
Empfohlene Zitierweise:
Verschiedene: Die Gartenlaube (1855). Leipzig: Ernst Keil, 1855, Seite 503. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1855)_503.jpg&oldid=- (Version vom 10.7.2023)