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verschiedene: Die Gartenlaube (1856)

welche mehr oder weniger in Polstern von Fett eingehüllt liegen, sind für die äußern Theile der Sinnesorgane, besonders zum Schließen und Oeffnen der Sinneshöhlen, bestimmt und zerfallen deshalb in Augen-, Ohr-, Nasen-, Backen-, Mund- und Kaumuskeln. Innerhalb der Augen- und Mundhöhle trifft man dann noch: in ersterer auf Muskeln des Augapfels, in letzterer auf die des Gaumens. Die Kaumuskeln können den Unterkiefer herauf und herunter, nach rechts und links bewegen, sowie kreisen.

B. Die Rumpfmuskeln zerfallen in die des Halses und Nackens, der Brust und des Rückens, des Bauches und Beckens. – Am Halse und Nacken finden sich zuvörderst Muskeln, welche den ganzen Kopf und Hals bewegen, nämlich vorwärts und seitwärts beugen, strecken, drehen und kreisen. An der vordern Fläche des Halses, an welcher vor den Halswirbeln zunächst unter der Haut und dem breiten Halsmuskel das Zungenbein mit der Zunge, der Kehlkopf und die Luftröhre mit der Schilddrüse, und hinter diesen Organen der Schlundkopf und die Speiseröhre angetroffen werden, liegen Muskeln (c), welche diese genannten Theile verschiedentlich bewegen können und seitlich von den deutlich vorspringenden Kopfnickern eingegränzt werden. Einige der vordern seitlichen Halsmuskeln ziehen beim tiefen Einathmen das Brustbein und die obersten Rippen aufwärts; einige andere bewirken das Herabziehen des Unterkiefers (das Oeffnen des Mundes). Von den Nackenmuskeln (d) dienen mehrere zum Bewegen (Rück- und Aufwärtsziehen) der Schulter. – Die Brustmuskeln (e) bedecken den vordern und seitlichen Umfang des Brustkastens und lassen nur die Mitte des Brustbeins frei; sie liegen theils schichtenweise über einander, theils füllen sie die Räume zwischen den Rippen aus. Diese Muskeln bewegen theils den Brustkasten selbst (besonders beim Einathmen), theils dienen sie zum Bewegen (Herab- und Anziehen) der Schulter und des Armes. Der Gränzmuskel zwischen Brust- und Bauchhöhle ist das Zwergfell (Diaphragma), welches die wichtigste Rolle beim Athmen spielt und zugleich zur Verengerung (Entleerung) der Bauchhöhle beiträgt. – Die Rückenmuskeln (f) liegen in 5 Schichten über einander und dienen theils zum Aufrechterhalten, Strecken und Seitwärtsbeugen der Wirbelsäule (also des ganzen Rumpfes), theils beim Ein- und Ausathmen, sowie zum Bewegen der Schulter und des Oberarmes. – Die Bauchmuskeln (g) bilden den vordern und seitlichen Theil der Bauchwand und ziehen sich vom untern Theile des Brustkastens zum Becken herab, hinterwärts aber bis zu den Lendenwirbeln. Dieser Muskelapparat bildet eine theils fleischige, theils sehnige Decke zum Schutze und zur Unterstützung der Unterleibsorgane, auf die diese durch ihre Zusammenziehung (Bauchpresse), wodurch die Bauchhöhle verengert wird, drückt und so theils ihrer Funktion förderlich ist, theils dieselben bei heftigen Körperbewegungen oder wo der Körper in einer anstrengenden Stellung eine bedeutende Kraft ausüben oder Widerstand leisten soll, in ihrer Lage sichert. Außer zum Umhüllen, Stützen, Bewegen und Drücken der Baucheingeweide, dienen die Bauchmuskeln auch noch zum Ausathmen, sowie zum Vor- und Seitwärtsbeugen des Oberkörpers. – Die am Becken lagernden Muskeln (h) äußern zum größten Theile ihre Wirkung auf die Beine, besonders die am hintern Theile des Beckens befindlichen und das Sitzfleisch (die Hinterbacken) bildenden Strecker und Roller des Oberschenkels.

C. Die Muskeln der obern Gliedmaaßen theilt man hinsichtlich ihrer Lage in die der Schulter, des Oberarms, des Vorderarms und der Hand. Die Schultermuskeln (i) erstrecken sich vom Schulterblatte oder Schlüsselbein zum Oberarme und dienen theils zum Heben, theils zum Ein- und Auswärtsrollen desselben. Der das Schultergelenk bedeckende starke Muskel heißt der Deltamuskel (k); er zeigt sich bei Verrenkungen des Oberarms abgeflacht oder auch vertieft. Die von Muskeln begränzte Höhle unter der Schulter nennt man die Achselgrube und diese birgt die großen Gefäß- und Nervenstämme für den Arm. – Die Oberarmmuskeln (l) sind entweder Beuger oder Strecker des Vorderarms; erstere liegen an der innern (vordern) Fläche des Oberarms und schwellen (besonders der dicht unter der Haut liegende zweiköpfige Armmuskel) beim kräftigen Beugen des Ellenbogengelenkes deutlich an; letztere haben ihre Lage an der äußern (hintern) Fläche des Oberarms und heften sich an den Ellenbogen. – Die Vorderarmmuskeln (m) bewegen entweder die Speiche als Ein- oder Auswärtsdreher, oder die Hand und die Finger als Beuger, Strecker, An- und Abzieher. An der innern (vordern) Fläche des Vorderarmes lagern die Einwärtsdreher, die Beuger und Anzieher, an der äußern (hintern) Fläche die Auswärtsdreher, Strecker und Anzieher. Die große Mehrzahl dieser Muskeln geht in lange dünne Sehnen über, welche am Handgelenke durch ringförmige mit Schleimscheiden ausgekleidete Kanäle hindurch zu den Fingern treten. – An der Hand (n) finden sich Muskeln zur Bewegung der Finger, und von diesen liegen die meisten in der Hohlhand, vorzugsweise am 1. und 5. Mittelhandknochen, hier den fleischigen Ballen des Daumens und kleinen Fingers bildend.

D. Die Muskeln der untern Gliedmaaßen werden in die des Oberschenkels, Unterschenkels und Fußes getrennt. – Die Oberschenkelmuskeln (o) dienen theils zum An- und Abziehen des Schenkels, theils zum Beugen und Strecken im Kniegelenke. An der vordern Fläche des Oberschenkels befinden sich die Strecker des Unterschenkels und diese heften sich an die Kniescheibe an; ihre Antagonisten, die Beuger des Unterschenkels, liegen an der hintern Fläche und begränzen mit ihren Sehnen seitlich die von großen Gefäßen und starken Nerven durchsetzte Kniekehle. Das Fleisch an der innern Fläche des Oberschenkels wird von den Anziehemuskeln des Schenkels gebildet. – Am Unterschenkel (p) trifft man auf Beuger und Strecker des Fußes und der Zehen. Die Strecker des Fußes, welche beim Gehen und Tanzen hauptsächlich in Thätigkeit gesetzt werden, haben ihre Lage an der hintern Fläche des Unterschenkels und bilden die Wade (Wadenmuskeln q), welche nach unten in eine starke, durch die Haut hervortretende Flechse, die Achillessehne (r) ausläuft und sich an die Ferse befestigt. Die übrigen Unterschenkelmuskeln treten mit langen Sehnen entweder um die Knöchel herum oder vor dem Fußgelenke hinweg zum Fuße und zu den Zehen herab. – Am Fuße (s) liegen einige kleine und dünne Streckmuskeln der Zehen auf dem Rücken des Fußes, während in der Fußsohle, von einer dicken und festen Sehnenhaut bedeckt und geschützt, die Beuger, An- und Abzieher der Zehen zu finden sind.

Der Name Achillessehne (deren Verwundungen die Aerzte des Alterthums für tödtlich hielten) schreibt sich höchst wahrscheinlich davon her, daß der griechische Held Achilles, den die Mythe nur an dieser Stelle verwundbar sein ließ, an den Folgen eines Pfeilschusses (von Paris) in die Ferse starb. Achill’s Mutter Thetis hatte nämlich, in Folge eines Orakelspruches, ihren Sohn, um ihn unverwundbar zu machen, in den Styx getaucht und dabei an der Ferse gehalten, so daß diese nicht mit eingetaucht wurde. Man könnte aber auch den Namen daher leiten, daß Achill die Leiche des Hector mit Riemen, die er um diese Sehne zog, an seinen Triumphwagen befestigte.

(Ueber die naturgemäße Pflege und Ausbildung, sowie über, die Behandlung der Krankheiten der Knochen und Muskeln später.)

Bock. 




Die weltgeschichtliche Rolle eines Steines.

Wir wollen nicht das ganze weite Gebiet der Steine durchwandern, um die weltgeschichtliche Rolle derselben Schritt bei Schritt nachzuweisen, sondern wollen nur den schneeweißen Kieselquarz betrachten, der überall auf Feldern und Gartenwegen liegt, der verächtlich mit dem Fuße fortgestoßen wird, da nur Wenige die unermeßliche Bedeutung kennen, welche er für das Bildungs- und Kulturleben der Völker hat, seit sie die trefflichen Eigenschaften desselben kennen lernten: mit blanken Kieseln griffen die Schleuderer, die Tirailleurs der Heere des Alterthums, den Feind an, mit einem Kiesel besiegte David den Riesen Goliath. Wer sieht es diesem unscheinbaren Steine an, daß aus ihm alljährlich in Europa ein Kapital von 50 Mill. Thalern gewonnen wird? Die Londons des Alterthums, Sidon und Tyrus, verdankten ihren Reichthum zum Theil dem Quarzkiesel, und die wunderbare Seestadt Venedig mit ihren Marmorpalästen und Galeeren gründete ihren Großhandel und ihre Weltstellung zum Theil auf die Benutzung des Quarzsandes,

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verschiedene: Die Gartenlaube (1856). Ernst Keil, Leipzig 1856, Seite 242. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1856)_242.jpg&oldid=- (Version vom 20.8.2021)