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verschiedene: Die Gartenlaube (1856)

aus lauter Farrenkräutern herstellen. Das lebhafte Grün der vielgestaltigen Wedel (so nennt man das Laub der Farrenkräuter), die zierlichen Fruchthäufchen auf deren Rückseite ohne sich einmischende Blüthenformen bringen einen eigenthümlichen fast fremdländischen Charakter hervor. Er erinnert uns unwillkürlich an jene vorzeitliche Pflanzenwelt, aus deren Ueberresten sich unsere mächtigen Steinkohlenlager gebildet haben, und in welcher die Farrenkräuter, freilich meist als ansehnliche Bäume, den Hauptzug bildeten. Dann dürfen wir aber, um die Aehnlichkeit vollständig zu machen, 43. den Waldschafthalm, Equisetum silvaticum, nicht vergessen, dessen quirlartig verästelte Stengel die elegantesten Bäumchen bilden. Er verträgt den Stand im Schlamm sehr gut.

Will man auch einige andere Gewächse zwischen den Farren vertheilen, so empfehlen sich dazu von den aufgezählten ganz besonders Nr. 21. 22. 24. 25. 26. und 27.

Von allen diesen für die landschaftliche Gruppirung aufgezählten Pflanzen wähle man kleine Exemplare aus, die man mit ein wenig Moorerde in passende Grübchen und Fugen der Steine locker einbettet.

Noch ist aber eines wesentlichen Schmuckes zu gedenken: der Wassermoose. Ziemlich viele Arten unserer Laubmoose wachsen entweder geradezu im Wasser, namentlich in steinigen Bächen, oder wenigstens auf moorigen Wiesen, und gedeihen dann auch sehr gut in dem Wasser unseres Aquariums. Namentlich in gebirgigen Waldgegenden wird man leicht solche Moose selbst auffinden, die man dann mit den Steinchen, an denen sie fest sitzen, einsammelt, und ohne sie unterwegs vertrocknen zu lassen, in das Gefäß bringt. Ich nenne, obgleich hier eine namentliche Bezeichnung kaum nöthig ist, 44–46. mehrere Astmoose, namentlich Hypnum riparium, H. palustre und H. alopecurum und 47. das Drehmoos, Funaria hygrometrica. In die Fugen der feuchten Oberfläche der Steine passen 48. 49. die Sternmoose, Mnium cuspidatum und punctatum, 50. der graue Gabelzahn, Dicranum glaucum, und 51. einige der kürzeren Arten der Gattung Wiederthon, Polytrichum.

Endlich sind zum Schluß der Pflanzenwelt noch die Algen zu erwähnen, jene bekannten grünen Fadenschöpfe der Bäche und Mühlgerinne. Man wähle solche, welche im Wasser an Steinen und Baumwurzeln festsitzen, da diese am meisten einen regelmäßigen schopfartigen Wuchs haben. Alte Mühlräder werden am leichtesten einen Vorrath liefern.

Wir gehen nun zur Thierwelt unseres Aquariums über. Wollen wir in diesem den Pflanzenschmuck vorherrschen lassen, so werden wir uns mit wenigen Arten von Thieren begnügen müssen, indem natürlich diejenigen zu vermeiden sind, welche von den Pflanzenwurzeln und Blättern leben. Dahin gehören vor allen alle, wenigstens die größeren, pflanzenfressenden Wasserschnecken. Da aber diese gerade durch ihre Lebensweise viel Unterhaltung und Belehrung bieten, so kann man wenigstens einige wenige aufnehmen. Diese großen Arten sind die große Schlammschnecke, Limnaeus stagnalis und die hornfarbige Tellerschnecke, Planorbis corneus. Beide leben gemein in unsern Teichen. Im Frühjahre legen sie ihren krystallhellen gallertartigen Eierlaich an die Glaswände ab, und man kann dann mit einer einfachen Lupe die Entwickelung der jungen Schneckchen von Tag zu Tag verfolgen. Aus dem winzigen hellgelben Dotterkügelchen entwickelt sich in einigen Wochen unter fortwährender langsamer Achsendrehung die kleine Schnecke mit dem Gehäuschen innerhalb eines Eierfaches im Laiche. Unsere beiden großen Sumpfschnecken: Paluvina vivipura und fasciata sind fleischfressend und daher den Pflanzen nicht nachtheilig. Sie reinigen im Gegentheil das Wasser von allerhand thierischen Abfällen. Sie bringen lebendige Junge zur Welt von Erbsengröße, und diese haben gleich ein Gehäuse von 4 Umgängen. Die Sumpfschnecken können die Mündung ihres Gehäuses hinter sich mit einem hornartigen Deckel fest verschließen. Neben diesen großen Arten wimmeln die meisten Wiesengräben und sumpfigen Lachen von einer Menge kleiner Schneckenarten und auch einigen kleinen erbsengroßen Muscheln, von denen man viele aufnehmen kann. Die Thiere, deren zierliche Gehäuse sehr manchfaltige Gestalten haben, bevölkern die Wände des Gefäßes auf eine angenehme Weise. Größere Muscheln, namentlich die Teichmuscheln, Anodonta, und Flußperlenmuscheln, Unio, darf man nur aufnehmen, wenn das Thierreich vorherrschen soll, weil sie meist ohne Unterlaß, freilich langsam wie der Zeiger der Uhr, den Grund durchfurchen und daher die Pflanzen aufwühlen.

Ich schalte hier die Jagd nach diesen kleinen Schnecken und anderen kleinen Wasserthieren ein. Sie ist nichts weniger als umständlich und zeitraubend. Man kann sie auf verschiedene Weise ausführen. Mit einem großen weißen sogenannten Zucker- oder Einmachglase geht man aus und sucht einen mit Pflanzen durchwachsenen und viel abgestorbene Blätter auf seinem Grunde enthaltenden Wiesengraben, oder eine solche Lache oder Sumpf. Mit der Hand oder mit einem Haken nimmt man auf’s Gerathewohl einige Klumpen von verwesenden Blättern und Wasserpflanzen und Stengelstückchen, die den Boden bilden, herauf und thut sie in das mit Wasser gefüllte Glas. Nachdem man den Brei etwas umgerührt hat, wodurch die darin enthaltenen Thiere sich in dem Wasser vertheilen, so schöpft man, ehe sie zu Boden sinken, die entvölkerten Blätter heraus. Die übrigen in dem Wasser vertheilten Dinge fallen zu Boden, während sich die Schnecken nach und nach alle an den Wänden des Glases versammeln, von denen man sie leicht abnehmen kann. Besonders ergiebig ist die Jagd, wenn man in heißem Wetter einen Graben findet, welcher durch Austrocknung das Wasser schon ziemlich ganz verloren hat. Dann finden sich die Schnecken gewöhnlich in großer Menge zwischen den noch nassen Blättern, welche recht eigentlich einen verfaulenden Blätterteig am Boden bilden. Dann kann man auch, wenn man das Glas nicht zur Hand hat, solche halb trockene Klumpen zu Hause entvölkern. Eine andere Art der Jagd auf kleine Wasserthiere geschieht mit einem Schmetterlingsnetz. In diesem wäscht man jene Blätterklumpen unter Wasser aus, wobei sich alle Thiere unten im Zipfel des Netzes ansammeln, während man die Blätter oben wieder herausfischt. Die gefangenen Thiere nimmt man ohne Wasser, blos naß, in einem kleineren Glase, welches man dann mit etwas Moos locker zustopft, oder in einer gebundenen, nicht geleimten, Schachtel mit nach Haus. Das Wasser würde selbst auf einem nur eine halbe Stunde langen Heimwege warm und faulig und für die Thiere tödtlich werden.

Bei dieser Jagd hat der, welcher sie zum ersten Male machte, ohne es zu ahnen zugleich eine Menge anderer Thiere mit erwischt, von denen viele in das Aquarium gehören. Auch nur einen Theil derselben hier namentlich aufzuzählen, würde zu weit führen. Das Aquarium, wenn es dabei vorzugsweise auf thierisches Leben abgesehen ist, ist eben eine wahre Wasser-Menagerie, welche dem Freunde der Natur eine Menge kleine Geheimnisse, noch nicht gesehene Thiere, vor Augen führen wird. Zu entfernen sind von der unwillkürlichen Beute die großen Wasserkäfer (namentlich Dityscus marginalis und andere) und die Blutegel, weil beide den größeren Thieren und auch den Schnecken nachstellen. Sicherlich hat uns ein solcher Fischzug auch einige Larven der Köcherjungfern (Phryganea) verschafft. Sie sind vor allen Dingen zu beachten, denn sie sind geschickte Mosaikarbeiterinnen. Jede baut sich nach ihrer Art entweder von kleinen Rinden-, Holz- und Blattstückchen, oder aus kleinen Steinchen oder aus kleinen leeren Schnecken- und Muschelschalen ein einen Zoll langes und längeres köcherförmiges Gehäuse, was sie immer mit sich herumschleppt. Vielleicht schwärmt eines Tages eine prächtige Libelle in unserem Zimmer herum, die wir als Puppe im Wasser auch mit gefangen haben. Die Köcherjungfern sind weniger schön geflügelte Schwestern der Libellen.

Zu den Fischen übergehend, haben wir unser Aquarium vor den räuberischen Fischen zu bewahren, den Forellen, Hechten und Barschen. Kleine Samenfischchen aller Art eignen sich, denn der Fisch streckt sich nach der Decke und bleibt im kleinen Lebensraume ein Zwerg. Dies beweist der Goldfisch, eigentlich ein Karpfen, Cyprinus auratus, der in Bassins auch über 1 Fuß lang wird, in unseren Gläsern aber in zehn Jahren nicht merklich wächst und höchstens 4–5 Zoll lang wird. Nebenbei gesagt, ist der Goldfisch, von Nationalität ein Chinese, der einzige aus fremden Welttheilen bei uns eingeführte Fisch. Wir füttern unsere Fischchen, aber ja nicht zu reichlich, mit gedörrten Ameiseneiern (wenn es nicht eine Schande für einen Naturforscher ist, die Ameisenpuppen Eier zu nennen), weißen Oblaten, Brotkrümchen u. dergl. Sie finden außerdem mancherlei zu leben auf dem Grunde des Gefäßes, auf welchem sich mit der Zeit, wie in der freien Natur, als Beute für solches Gethier kleine Pflänzchen und Thierchen einfinden. Die kleinen Ellritzen, die in einem Gefäße von der

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verschiedene: Die Gartenlaube (1856). Ernst Keil, Leipzig 1856, Seite 255. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1856)_255.jpg&oldid=- (Version vom 20.8.2021)