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verschiedene: Die Gartenlaube (1856)

den Charakter einer Umschreibung. Uebrigens ist das Material nicht ohne Geschmack entlehnt; die Zusammenstellung der Erdbebenphänomene liest sich gar nicht schlecht, und ist eine der bessern Partien des Buches. Auch das frühere geographische Kapitel über Bergzüge und Ausbreitung der Vulkane verräth eine gewandtere Behandlung; der Verfasser versteht offenbar etwas mehr von der Geographie, als von der Geologie und Paläontologie. Daß ihm auch die Geognosie sehr fern liegt, beweist schließlich das letzte Kapitel höchst schlagend; ein so wichtiger, so interessanter Gegenstand, wie die Lagerstätte der Erze, konnte kaum dürftiger abgehandelt werden, als es hier auf 3 Seiten geschehen ist. Hier fehlt es doch nicht an Quellen, aus denen Brauchbares zu schöpfen war! Gewiß fürchtete Verf. sich, einen weitern Extract zu geben; er wußte wohl, wo ihn der Schuh drückt, und zog es vor, sich weiter nicht zu verrathen. –

Das ist also das Buch, welches der deutschen Nation so lieb geworden, daß es binnen ein paar Jahren 10 Auflagen erlebt haben soll! Armes deutsches Volk, was kannst du doch Alles ertragen; was mußt du nicht blos ertragen, sondern was legst du dir auch noch selber auf. Zehn Auflagen von Zimmermann, das ist erdrückend; laß es damit gut sein, nimm keine mehr hin, und du wirst besser, klüger und unterrichteter bleiben, als wenn du das Alles für wahr hältst, und dir aneignest, was Herr Dr. W. F. A. Zimmermann dir vorsetzt. Mir aber, der ich dir auch ein Gericht hoffentlich anderer Art aufgetragen habe, lege es nicht als Eigennutz aus, wenn ich dir das meines Nachfolgers widerrathe; bedenke, daß ich nur mich selbst schütze, wenn ich dir das meines Nachfolgers widerrathe; bedenke, daß ich nur mich selbst schütze, wenn ich dir sage, Herr Zimmermann sei als Lehrer für dich nicht würdig, und du thätest besser, gar nichts zu lesen, als das zu lesen, was er schreibt, oder vielmehr in bunter halb verstandener und halb verdorbener Umschreibung aus andern Werken abschreibt. Geh’ lieber an die Quellen, und übe dich, sie zu verstehen, wenn es dir anfangs auch etwas schwierig werden sollte. Bedenke: „Im Schweiß deines Angesichts sollst du dein Brot essen,“ und geistige Nahrung ist auch Brot! –

Burmeister. 




Blätter und Blüthen.

Der Ursprung der chinesischen Revolution. Es ist eine altbekannte Thatsache, daß in China stets die ersten Jahre einer neuen Regierung Aufruhr mit sich bringen, und so war denn auch Niemand verwundert, als im Jahre 1850 nach dem Tode Toukuang’s, nach dem Regierungsantritt des vierten Sohnes, Inschu, welcher das folgende Jahr seiner Regierung, das im März 1851 begann, Hiensong, das Jahr reich an Regen zu nennen befahl, die Unruhen in Kuangsi ausbrachen.

Ueber den eigentlichen Anlaß zu diesen Unruhen ist noch nichts Zuverlässiges ermittelt; doch war es nach allgemein umlaufender Meinung folgender:

Ein Zug von fünf- bis sechshundert Opiumhändlern reiste von Yün-Nan nach Kanton. Durch eine Uberschwemmung aufgehalten, fingen sie an, Geldmangel zu leiden, und mußten zum Borgen ihre Zuflucht nehmen. In dem Bezirke wohnten zwei Brüder, Namens Tschang, die als sehr reich bekannt waren, und an diese wandten sich die Schleichhändler, um von ihnen eine Summe von 600 Taels (1 Tael etwa 3 Thlr.) zu entlehnen. Nun hätten wohl die Brüder einige gegründete Bedenken haben sollen, sich mit den Schleichhändlern einzulassen, obwohl sie wußten, daß diese pünktlich in der Wiederbezahlung ihrer Schulden waren. Allein das Begehren war, das wußten sie wohl, so gut wie ein Befehl für sie, und so gaben sie denn die 600 Taels her. Das gab nun einem in der Nähe wohnenden Kleinmandarin, der längst nach dem Vermögen der Brüder gierig gewesen, willkommenen Anlaß, diese Geldgier zu befriedigen. Er ließ die beiden Brüder in Haft nehmen, obgleich er wohl wußte, daß sie mit den Schleichhändlern nicht in Mitgenossenschaft standen, sondern denselben nur nothgedrungen Geld geliehen hatten; ließ sie grausam schlagen und in den Kerker werfen.

Diese Ungerechtigkeit erregte großes Aufsehen, und da die beiden Brüder Tschang viel Freunde, selbst unter den Gerichtspersonen hatten, so kam einer von diesen auf den Gedanken, den Kaufleuten nachzueilen, und sie um Beistand zu bitten in einem Unglück, das sie, wenn auch ohne Wissen und Willen, verursacht hatten. Die Kaufleute, empört über das Verfahren des Kleinmandarins, ließen 100 Mann zur Bewachung ihres Opiums zurück und schlugen mit den Uebrigen den Rückweg ein, um ihren Wohlthäter in Freiheit zu setzen. Der Mandarin gab aber ihren Vorstellungen kein Gehör, überließ sich vielmehr in seiner Unklugheit dem heftigsten Zorn und gab so Veranlassung zu einem Auftritt, der ihm zunächst selbst das Leben kostete. Das Gerichtshaus wurde geplündert, die Pagoden zerstört und viele andere Gewaltthätigkeiten verübt.

Als die Opiumhändler, nachdem die erste Hitze gedämpft war, kaltblütig über ihr Verfahren nachsannen, fühlten sie, daß nur in einer offenen Empörung noch die Möglichkeit einer Rettung für sie lag. Den Gebrüdern Tschang blieb gleichfalls kein anderer Ausweg übrig, und die Gefangenen, die eben erst ihre Freiheit erhalten hatten, dürsteten ebenfalls nach Rache und Zerstörung. So gesellten sich denn alle Jene, welche bei dieser Geschichte irgendwie betheiligt gewesen waren, zu den Opiumhändlern, und die Empörung war organisirt.

Mit der Schnelle des Blitzes wuchs diese Empörung heran; alle Landstreicher der Umgegend, die zahlreichen Mitglieder der geheimen Gesellschaften, und alle Jene, die durch Plündern ihr zerrütteten Vermögen wieder herzustellen hofften, boten dem Aufstande ihre Kräfte an. Alle verpflichteten sich durch einen Eid, die Waffen nicht niederzulegen, bis ihre Unterdrücker, die Mandarinen, vertrieben sein würden. Man stellte ihnen einige schlechte Truppen entgegen, die sich fast ohne Gegenwehr schlagen ließen. Die zahlreichen Bundesgenossen, unter dem Namen der „Gesellschaft des Himmels und der Erde“ (Tien-ti-huy) bekannt, boten ein zum Kampfe und besonders zum Plündern vollkommen bereites Heer dar. Der Anführer des Aufstandes, der den Titel eines Kaisers sich beilegte, zu Nanking seinen Sitz aufschlug, und der schon längst eins der einflußreichsten Mitglieder des Tien-ti-huy gewesen war, ergriff ungesäumt die gute Gelegenheit. Er schwang sich an die Spitze der ansehnlichen Truppen, welche der Aufruhr ihm zur Verfügung stellte, ließ seine Obermacht durch seine Parteigänger anerkennen und zeigte sich der chinesischen Nation als einen ihr vom Himmel zugesandten Befreier. Er erklärte öffentlich, sein Streben gehe dahin, den tatarischen Herrscherstamm zu verdrängen, um einer einheimischen Herrscherfamilie den Platz einzuräumen; so verkündigte er in den Proclamationen, mit denen er das Land übersäete, hinzufügend, daß er selbst die ausgezeichnete Ehre habe, von der alten Min-Familie abzustammen.

Den zeitherigen Verlauf des Aufstandes, sein ersten massenhaftes Ausbreiten, seine Siege und Niederlagen, haben unsere Leser aus den Zeitungen kennen gelernt. Noch ist keine Entscheidung in diesem Kampfe zu Stande gekommen. Wie diese aber auch ausfallen möge, das Reich der Mitte, mag es von Hienfong oder Tien-te regiert werden, wird künftig im Innern wie nach Außen nach ganz andern Verhältnissen auftreten.


In meinem Verlage erscheint seit Neujahr:

Aus der Fremde.
Wochenschrift für Natur- und Menschenkunde der außereuropäischen Welt.
Von
A. Diezmann.
Wöchentlich ein Bogen mit oder ohne Illustrationen. Preis vierteljährlich 16 Ngr.

Diese neue rasch beliebt gewordene Zeitschrift erscheint in den Familien des Vaterlandes wie ein Weitgereister in der Heimath. Wer hörte einen solchen nicht gern erzählen von seinen Wanderungen? Sie ist die erste, die es versucht, das große Publikum über die Natur und die Menschen jenseits Europa zu unterhalten, und fügt selbst Illustrationen bei. Sie vermeidet alles Trockene und Langweilige, bringt „aus der Fremde“ stets Neues, vermehrt die Kenntnisse ihrer Leser durch Unterhaltung und wird deshalb für Jedermann von Interesse sein.

Alle Buchhandlungen und Postämter nehmen Bestellungen an.

Leipzig, 1. Juni 1856.

Ernst Keil. 

„Aus der Fremde“ Nr. 23 enthält:

Das Leben in der Wüste. – Die Amerikaner in Japan. (Zweiter Artikel.) – Zeitungsmahnungen. – Wie man in den amerikanischen Städten die Abende verbringt. – Aus allen Reichen: Eine schreckliche Reise. – William Walker. – Schlesinger.


Für die Abgebrannten in Eibenstock ist ferner eingegangen:

E. H. W. in R. 1 Thlr. – Frau Josefine Kablik in Hohenelbe 10 fl. (6 Thlr. 22 Ngr.) – E. Br. in Sangerhausen 1 Thlr.


Verlag von Ernst Keil in Leipzig. – Druck von Alexander Wiede in Leipzig.
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verschiedene: Die Gartenlaube (1856). Ernst Keil, Leipzig 1856, Seite 312. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1856)_312.jpg&oldid=- (Version vom 19.2.2017)