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verschiedene: Die Gartenlaube (1856)

des Gouverneurs der Provinz, General Castro, entgegen, welche ihm dessen Befehl brachten, augenblicklich das Land zu verlassen.

Fremont war in schlimmer Lage. Seine Expedition bedurfte der Stärkung, wenn sie nicht zu Grunde gehen sollte, und dazu gesellte sich noch die Beleidigung, welche der mexicanische General der amerikanischen Nation zufügte, während Fremont die Kraft fehlte, sie abzuwehren. Dennoch beschloß er, auch dieser Gefahr zu trotzen. Er erklärte, daß der Zustand seiner Expedition es ihm unmöglich mache, dem Befehle zu gehorchen, und bezog ein Lager auf einer Höhe bei Monterey, das er befestigen ließ.

Der General Castro rückte mit Truppen und Kanonen dagegen an und drohte, die Amerikaner zu vernichten, wagte aber nicht, anzugreifen. Fremont blieb ruhig stehen, bis eine Botschaft des amerikanischen Konsuls aus Monterey ihn veranlaßte, fortzuziehen, woran man ihn nicht hinderte.

Er wandte sich Oregon zu, und hatte bald darauf die Freude, zwei seiner frühern Reisegefährten zu treffen, welche ihm eine Verstärkung von neun Mann zuführten. Die Depesche der Regierung, welche sie ihm überbrachten, bestand nur aus einem Empfehlungsschreiben des Staatssekretairs Buchanan, dem der mündliche Auftrag hinzugefügt war, Alles zu thun, was die Bewohner des Landes für die vereinigten Staaten gewinnen könne.

„Das ist verdammt allgemein,“ sagte Fremont, als er diese Botschaft vernahm, „doch wir wollen sehen, was sich thun läßt.“

Im Mai 1846 kam er nach dem Sacramento Thale und fand das Land in der größten Aufregung. General Castro war, auf dem Marsche gegen die Ansiedler, und die Indianer warteten nur auf die trockne Jahreszeit, um sie anzugreifen und ihre Farmen niederzubrennen. Juntas waren versammelt, um das Land unter britischen Schutz zu stellen und hatten bereits große Länderstrecken an Engländer verschenkt, eine britische Flotte wurde an der Küste erwartet und der britische Vicekonsul Forbes hatte die Zügel der Herrschaft in der Hand. Der Krieg zwischen den vereinigten Staaten und Mexico war ausgebrochen; davon wußte Fremont indessen noch nichts, und er war ganz auf seine eigne Faust angewiesen, als er zu handeln begann. Die Lage war so kritisch, daß rasches Handeln nöthig war, und deshalb beschloß Fremont sofort, sich an die Spitze der Bewegung zu stellen und das Laud für unabhängig zu erklären, um es vor den Mexicanern zu retten. Die amerikanischen Ansiedler eilten von allen Seiten in Fremont’s Lager mit Waffen, Pferden und Munition, wurden in Bataillone formirt und unter dem Banner des Eisbären – als Symbols des hartnäckigsten Widerstandes – führte sie Fremont gegen Castro. Dieser wich, wurde geschlagen und in dreißig Tagen war Nordcalifornien frei.

Castro floh dem Süden zu, Fremont erklärte das Land für unabhängig.

Während dieser Zeit hatte der Kommodore Sloat auf die Kunde von Fremont’s Auftreten in Californien mit einem Geschwader der amerikanischen Flotte so geschickt manövrirt, daß er den englischen Admiral Seymour über seinen Cours täuschte und plötzlich vor Monterey erschien. Sobald Fremont dies hörte, ließ er die Stadt besetzen. Wie erstaunte der Kommodore aber, als er hörte, daß Fremont auf eigne Hand handle. Da wurde ihm die Sache zu gefährlich, und er beschloß erst nach Washington zu reisen, um sich Befehle einzuholen.

Das Geschwader ließ er jedoch da und übertrug den Befehl über dasselbe dem Kommodore Strekton.

Noch mehr als Sloat gestaunt hatte, erstaunte der englische Admiral Seymour, als er die amerikanische Flotte in Monterey fand. Die Engländer hatten die Westküste immer halb und halb als ihr Eigenthum angesehen, weil Drake sie betreten und Neualbion getauft hatte, und der Krieg zwischen Mexico und der Union schien ihnen die passende Gelegenheit, sich auch faktisch in den Besitz des Landes zu setzen – da sahen sie mit Schrecken, daß die Amerikaner ihnen schon zuvorgekommen waren.

Fremont verlor auch jetzt keinen Augenblick. Er ließ das Sternenbanner aufziehen, Californien gehörte von da ab der Union und die Engländer wagten keinen Angriff, da ein solcher sie in einen Krieg mit den vereinigten Staaten verwickelt hätte.

Fremont ist daher der wahre Eroberer Californiens und er ist sicherlich einer der kühnsten, den die Geschichte aufzuweisen hat. Nach Vollendung dieser Aufgabe zeigte er aber auch sogleich, daß es ihm nicht um das Herrschen zu thun ist und daß er etwas Höheres kennt, als dieses.

Die Regierung von Washington sandte ihm die Ernennung zum Oberstlieutenant und er führte als natürlicher Gouverneur des Landes den Kampf desselben mit den Mexicanern fort, neben ihm war aber auch Strekton Gouverneur und mit dem General Kearney, welcher mit dem Auftrag, Californien zu erobern, aus Mexico einrückte, erschien ein Dritter. Beide ertheilten ihm Befehle, und da diese häufig widersprechend waren, mußte Fremont sich weigern, ihnen zu gehorchen, bis entschieden sei, wem der Oberbefehl gebühre.

Kearney war damit jedoch so wenig zufrieden, daß er Fremont verhaften und vor ein Kriegsgericht stellen ließ. Fremont entwickelte diesem seine triftigen Gründe, ein Kriegsgericht urtheilt jedoch immer im Sinne dessen, der es beruft, und so hatte auch Fremont das Vergnügen, von ihm als Rebell verurtheilt zu werden. Es war jedoch zugleich so gütig, ihn mit Rücksicht auf seinen Patriotismns der Gnade des Präsidenten Polk zu empfehlen.

Diese wurde ihm natürlich auch zu Theil. Polk gab ihm seinen Degen zurück, bestätigte ihn in Rang und Amt und erklärte, daß er, obwohl das Urtheil des Kriegsgerichtes formell begründet sei, eher Anspruch auf Belohnung, als auf Strafe habe.

Polk bot ihm demgemäß die Gouverneurstelle an, Fremont lehnte sie jedoch ab und zog es vor, als Privatmann in Californien zu bleiben.

Erst nach einigen Jahren ließ er sich bewegen, als Vertreter des Staates Californien in den Senat der Union einzutreten. –

Die Zeit, welche er in Californien zubrachte, benutzte er so gut, wie es nur geschehen konnte. Er kaufte dort so viel Land an, daß er dadurch einer der reichsten Leute Amerika’s wurde, und schrieb zugleich ein treffliches Buch über seine Expedition, das ihm die Bewunderung und Hochachtung der gesammten wissenschaftlichen Welt eintrug und dem namentlich Alex. von Humboldt Beifall schenkte. Es ist eben so reich an neuen Beobachtungen und Naturschilderungen, als fesselnd durch die Ausführung, so daß es sich fast wie ein Roman liest, und wesentlich dazu beigetragen hat, das Interesse für Californien zu wecken und zu erhöhen.

In politischer Beziehung galt Fremont bis dahin für einen Anhänger seines Schwiegervaters Benton, der ein Demokrat im Sinne des Missouri-Compromisses, d. h. ein solcher ist, welcher die Sklaverei auf das Gebiet des Südens beschränkt wissen will und der das Sklavenfanggesetz und die Nebraska-Bill verwirft.

Trotz der Verwandtschaft mit Benton hat Fremont aber auch keinen Anstand genommen, sich von diesem zu trennen und auf die Seite der Republikaner zu treten, als es sich darum handelte, einen entscheidenden Schritt zum Wohle des Landes zu thun.

Er sieht ein, daß es von nun an einer Bekämpfung der Sklaverei als Prinzip bedarf.

Die Republikaner sind natürlich auch die Gegner des Knownothing-Treibens, und wollen die volle Freiheit der Einwanderung aufrecht erhalten. Drittens verwerfen sie die Annexationsgelüste der Demokratie, weil diese zu leicht in einen Krieg mit Europa verwickeln würden. Fremont hat diese Grundsätze gleichfalls angenommen. So kühn er für den Erwerb Californiens handelte, als dieses durch die Kraft des amerikanischen Volkes erworben werden durfte, so entschieden verwarf er alle ungerechten Eroberungskriege.

In Bezug auf die Sklavenfrage hat er das Jedem einleuchtende Prinzip hingestellt, daß das Recht der freien Arbeit verlangt, daß ihr kein neu erworbenes Gebiet der Union entzogen werden darf. Es hieße ihr die natürliche Frucht ihres Fleißes nehmen, wenn man sie zwinge, in Koncurrenz mit Sklavenarbeit zu treten und sich dadurch selbst zur Sklaverei zu erniedrigen.

Wenn das Glück Fremont auch jetzt begünstigte und ihn auf den Präsidentenstuhl höbe, so wäre dies für die Zukunft Amerikas von unnennbarer Wichtigkeit.

Kansas würde für das Freistaatsprinzip gerettet und es wäre eine Gesetzgebung in Bezug auf die Sklaverei zu erwarten, welcher den Norden völlig vor ihr sicher stellen und damit dem Süden auch die Aussicht nehmen würde, sein Prinzip jemals wieder zur Herrschaft zu bringen.

Empfohlene Zitierweise:
verschiedene: Die Gartenlaube (1856). Ernst Keil, Leipzig 1856, Seite 474. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1856)_474.jpg&oldid=- (Version vom 9.5.2017)