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verschiedene: Die Gartenlaube (1857)

und weißlich gefärbte und punktirte Linien (durch Luftlöcher, Eier oder Milbenkoth), später schmutzig, schwärzlich und zum Theil durch Kratzen aufgerissen erscheinen, lassen an ihrem blinden Ende die Milbe als rundliche, etwas dunkler gefärbte, grauweißliche Anschwellung sehen. Sticht man hier mit einer Nadelspitze ein und führt diese unter die Anschwellung, so kann man die Milbe leicht herausheben. – Die Uebertragung der Krätzmilbe von einem Menschen auf den andern (also die Ansteckung) geschieht in der Regel und am häufigsten durch Zusammenschlafen mit Krätzkranken, oder durch Schlafen in den kurz vorher von diesen verlassenen Betten, oder durch Benutzung und Bearbeitung von Kleidungsstücken, in denen Milben haften, wohl nie aber durch Händedruck von Krätzkranken. In manchen Wohnungen (Wirthshäusern, Schlafstellen, Kasernen, Gefängnissen) scheint sich die Milbe förmlich einzunisten, und in manchen Gegenden (Norwegen, Alpenhütten, Corsica) ist die Krätze bei bestimmten Volksklassen ein völlig einheimisches Uebel, dem fast keiner entgeht; Unreinlichkeit und Mangel der Hautpflege begünstigt natürlich ihr Entstehen.

Den Krätzausschlag erzeugt die Krätzmilbe dadurch, daß sie nach ihrer Einbohrung die benachbarten Nerven der Haut reizt, Jucken und Beißen (besonders bei warmer Haut sehr lästig) erregt und hierdurch, sowie durch das dem Jucken folgende Reiben und Kratzen, einzelne Hautdrüschen in Entzündung versetzt. Diese Entzündung mit ihrer Ausschwitzung veranlaßt entweder kleine rothe Knötchen, oder kleine, mit einem blaß- und hochrothen Saume umgebene, kegelförmig zugespitzte oder halbkuglige, mit klarer Lymphe gefüllte Bläschen, oder auch mit Eiter erfüllte Pusteln. Zwischen diesem knötchen-, bläschen- oder pustelartigen Krätzausschlage sind dann noch die Milbengänge, sowie vom Kratzen herrührende Striemen, Furchen und Abschorfungen zu bemerken. Die einzeln stehenden Krätzbläschen und Knötchen schuppen sich entweder, nachdem sie aufgekratzt sind, ganz trocken ab, indem sie sich mit kleinen schwarzen, aus geronnenem Blute entstehenden Schorfen bedecken (d. i. die trockne Krätze), oder sie ergießen eine Feuchtigkeit und überdecken sich mit Borken (d. i. die feuchte Krätze), oder sie hinterlassen als Folge des Kratzens Geschwüre, sowie flechtenartige Hautausschläge. Natürlich ist der Kratzausschlag nur dadurch als solcher zu erkennen, daß man die Krätzmilbe findet.

Die Krätze heilt nie von selbst; sie ist zwar an sich eine gefahrlose Krankheit und wird, wenn sie nicht veraltet, leicht geheilt, kann aber auch bei längerer Dauer in Folge der chronischen Störung der Hautthätigkeit, sowie in Folge der durch das Jucken unterhaltenen Nervenreizung und Schlaflosigkeit eine solche Verschlechterung der Haut und des ganzen Ernährungszustandes bedingen, daß ein Allgemeinleiden (Krätz-Dyskrasie und Kachexie) entsteht. – Man kann sich vor der Krätze dadurch schützen, daß man auf Reisen schmutzige Betten, das Zusammenschlafen mit fremden Personen, das Berühren alter Kleider und das Handthieren mit verdächtigen Gegenständen u. s. w. vermeidet, und daß man, wo dies nicht zu vermeiden ist, sich fleißig mit starkriechenden Dingen (Terpentinöl, Kampher etc.) und scharfer Seife (Lauge) wäscht. Die Kleidungsstücke der Krätzkranken sind entweder zu zerstören, oder im Backofen zu dörren, mit starkriechenden Dingen einzureiben und tüchtig (mit Lauge, Soda) auszuwaschen. – Die Behandlung der Krätze erfordert natürlich die Vertilgung der Krätzmilben und ihrer Brut, was am besten durch Schwefel, als das dem menschlichen Organismus unfeindlichste Mittel geschieht, sowie die Zerstörung der Milbengänge, wozu theils mechanische Mittel (Aufreiben mittels Sand, grober Kreide, Bimsteinpulver oder -Seife), theils chemische, die Oberhaut schmelzende (ätzende Alkalien, scharfe Kali- oder Natronseifen, besonders die Schmierseife), dienen. Man reibe zu diesem Zwecke täglich mehrere Male tüchtig in sämmtliche befallene Hautstellen eine Salbe aus folgenden Substanzen ein: aus 3 Theilen rohem Schwefelpulver, 3 Theer, ä Kreide, 6 Hausseife und 6 Schweinefett; nach der Einreibung bleibe Patient eine Zeit lang in Wolldecken eingehüllt und nehme schließlich ein Bad. Als Nachkur sind noch Seifenbäder empfehlenswerth; übrigens vergehen nach Entfernung der Milben die Ausschläge ganz von selbst. Was es mit dem Zurücktreten, Versetzen und In-den Körper-Hineintreiben der Krätze für Bewandtniß haben muß, kann sich jeder Vernünftige selbst sagen.

Wie sieht es denn nun mit der homöopathischen Behandlung der Krätze aus? Schlecht! wie in allen den Fällen, wo durch Mittel wirklich ein Erfolg erzielt werden soll. Orthodoxe Hahnemannianer, welche die Krätze noch für eine allgemeine innere Krankheit halten, behandeln dieselbe natürlich auch mit innern Mitteln (Schwefel, Merkur), heilen sie aber niemals. Die Bastard-Homöopathen wenden dagegen dieselben örtlichen Mittel an, wie die nichthomöopathischen Aerzte; einige derselben behaupten aber, wahrscheinlich um ihr homöopathisches Gewissen zu beruhigen, daß nach Tödtung der Milbe erst durch den inneren Gebrauch des Schwefels die Knötchen, Bläschen und Pusteln (die nämlich ganz von selbst verschwinden) zur vollkommenen Heilung gebracht werden könnten. Nach Hahnemann ist verborgene Krätze die Ursache von wenigstens 7 Achteln der langwierigen (chronischen) Krankheiten und diese können deshalb nur mit Antikrätzmitteln kurirt werden. Solche Mittel sollten nun natürlich nach homöopathischen Grundsätzen auch eine der Krätze ähnliche Krankheit (oder vielmehr Symptomenreihe) hervorbringen, sie thun es aber nicht. Allerdings will ein Homöopath, Herr Attomyr, mittels eingegebener Lymphe aus Krätzbläschen, welche ein besonders kräftiges Gegenkrätzmittel sein soll, zwar keine Milben, aber Läuse erzeugt haben, doch wollen dies Einige, merkwürdiger Weise, nicht recht glauben. Was es doch für ungläubige Menschen gibt!

Bock.




Im Verlage von Ernst Keil in Leipzig erscheint seit Neujahr der dritte Jahrgang der

Illustrirten Landwirthschaftlichen Dorfzeitung.
Herausgegeben
unter Mitwirkung einer Gesellschaft praktischer Land-, Haus- und Forstwirthe
von
Dr. William Löbe.
Wöchentlich ein ganzer Bogen mit vielen Illustrationen.
Preis vierteljährlich 1/2 Thaler.

Die Landwirthschaftliche Dorfzeitung erscheint jede Woche in einem ganzen Bogen groß Quart auf feinstem Velinpapier mit vielen Abbildungen. Sie enthält größtentheils Originalmittheilungen über alle Zweige der Land- und Hauswirthschaft, der landwirthschaftlichen Gewerbe und Naturwissenschaften, Aufsätze belehrend-unterhaltenden Inhalts; Recensionen neuerschienener landwirthschaftlicher Schriften, eine sorgfältige Auswahl land- und hauswirthschaftlicher Neuigkeiten, ein sehr mannigfaltiges und interessantes Feuilleton und die Produktenpreise. Die Landwirthschaftliche Dorfzeitung ist bei ihrer großen Reichhaltigkeit und Mannigfaltigkeit, bei ihrer glänzenden äußern Ausstattung und ihren zahlreichen Abbildungen die wohlfeilste landw. Zeitschrift, die sich selbst der weniger bemittelte Landwirth halten kann. Auch für Frauen bietet die Landw. Dorfzeitung größtes Interesse.



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Leipzig.

Ernst Keil.

Verlag von Ernst Keil in Leipzig. – Druck von Alexander Wiede in Leipzig.
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verschiedene: Die Gartenlaube (1857). Ernst Keil’s Nachfolger, Leipzig 1857, Seite 56. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1857)_056.jpg&oldid=- (Version vom 14.9.2022)