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verschiedene: Die Gartenlaube (1857)

das römische Kapitäl zuerst vorkommt (70 nach Chr.). Charakteristisch für diese Epoche sind die Gebäude von Pompeji, an denen übrigens der dorische Styl vorwiegt. Auch das Kolosseum, jenes riesige Amphitheater verdankt dem Titus seine Vollendung. Nach ihm zeichneten sich Trajan und Hadrian durch ihre Bauthätigkeit aus. – Von Anfang des 3. Jahrh. nach Chr. bis zur Mitte des 4. bricht immer entschiedener der Verfall herein. Er machte sich durch ein unruhiges, unharmonisches Wesen in der Architektur, sowie durch phantastische und üppige, den asiatischen Völkern entlehnte Formen (der erste Rokoko) bemerkbar.

Ansicht des Kollosseums.

Von den römischen Gebäuden sind eine Menge auf unsere Zeit gekommen. Nur von den Tempeln, welche meistens der Anordnung des griechischen Tempels folgten, sind gewöhnlich nur geringe Reste der äußeren Säulenhallen stehen geblieben, wie vom Tempel des Capitolinischen Jupiter, des Mars Ultor, der Minerva oder des Jupiter Stator, des Antonius und der Faustina u. s. w. Besonders charakteristisch für die römische Architektur und ihr vorzugsweise eigenthümlich sind die runden Tempel und die gewölbten Tempel. – Einer der imposantesten Reste römischer Architektur und vollständiger als jeder andere erhalten ist das Pantheon, vom Baumeister Valerius unter Augustus erbaut. Es war ursprünglich ein zu den Thermen des Agrippa gehörender Nebenbau, zugleich als Tempel dem Jupiter Ultor geweiht. – Eine wichtige Gattung römischer Gebäude, die auch eine eigenthümliche Ausbildung erfuhr, waren die Basiliken, welche zum Sitze für Gerichtshof und Geschäftsverkehr dienten, und in mehrere Räume abgetheilt (drei- und fünfschiffig) waren. Berühmt sind die B. Julia, Aemilia und Fulvia. – Dem Forum (dem Mittelpunkte des staatlichen Lebens, wo sich das Volk zu Berathungen und Versammlungen einfand) gaben die Römer eine großartigere Durchführung als die Griechen; es war meist kostbar ausgestaltet, mit Marmorplatten gepflastert, mit Bilderwerken, Ehrensäulen, Triumphpforten geschmückt und rings von schattigen Säulen umzogen; in seiner Nähe standen in reicher Gruppirung die Tempel, Basiliken und andere Prachtgebäude. Das Forum Trajanum übertraf alle übrigen Fora (von Cäsar, Augustus, Domitian. Nerva). – Von den Nützlichkeitsbauten ist vorzüglich der Aquädukt des Claudius, die jetzige Porta Maggiore in Rom, und die berühmte Via Appia erwähnenswerth. – Das Theater wurde von den Römern mit verschwenderischem Luxus ausgestattet; doch sind nur wenig Reste davon zu uns gekommen. – Noch großartigere Bauten als die Theater waren die für blutige Kampfspiele bestimmten Amphitheater; unter ihnen ist das als Kolosseum bekannte Flavische Amphitheater zu Rom, von Vespasian begonnen und von Titus im Jahre 80 nach Chr. vollendet, das berühmteste. – Hierher gehört auch der Circus, ein Schauplatz für die Wettläufe der Wagen und Reiter. – Complicirte, fast labyrinthische Prachtbauten von kolossaler Anlage, die oft ein ganzes Stadtviertel einnahmen, waren die Thermen, in denen sich Schwimmbassins, offene Höfe mit Säulenhallen für die Ringer, Säle für das Ballspiel, für freie Unterhaltung, Bibliotheken, ja selbst Gemäldesammlungen befanden, und die mit kostbaren Kunstwerken, Bildsäulen, Skulpturgruppen u. s. w. ausgeschmückt waren.

Trajanbogen zu Benevent.

Die erheblichsten Ueberreste solcher Bauten sind die Thermen des Titus, des Caracalla, des Diokletian (in denen 3200 Personen zugleich baden konnten) und des Agrippa (mit dem Pantheon). – Die Ehrendenkmäler, welche durch Beschluß des Senats und der Volksversammlung den heimkehrenden Siegern oder in späterer Zeit den Cäsaren errichtet wurden, waren meistens prachtvolle Triumphthore (des Titus 70 nach Chr., des Trajan 103 nach Chr., des Severus und Konstantin); oder Ehrensäulen, kolossale einzeln stehende Säulen, welche das Standbild der Cäsaren (des Trajan, Marc Aurel) trugen. – Die Grabmonumente waren entweder unterirdische gewölbte Kammern (Columbarien) mit kleinen Nischen für die Aschenkrüge, oder freistehende Grabmäler von der Form des Tempels, des Altars, der Pyramide oder eines thurmartigen Rundbaues, welcher letztere durch Verschmelzung mit der Pyramidenform bei kolossaler Ausbildung die riesigen Mausoleen

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verschiedene: Die Gartenlaube (1857). Ernst Keil’s Nachfolger, Leipzig 1857, Seite 111. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1857)_111.jpg&oldid=- (Version vom 14.9.2022)