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verschiedene: Die Gartenlaube (1857)

herzustellen, und diese schwächliche Hingebung zog jahrelange diplomatische Intriguen nach sich, die 1853 in den orientalischen Krieg ausliefen. Niemand täuscht sich darüber, daß der Zweck dieses Angriffs die Eroberung der Türkei sein sollte, doch ist er nicht allein verfehlt worden, er nöthigte vielmehr Rußland zur Vertagung seiner Pläne. Mit kluger Vorausberechnung sollen diese aber dadurch festgehalten werden, daß das ohnehin lose Band, wodurch die Donaufürstenthümer noch mit der Pforte zusammenhängen, weiter gelockert, diesen Ländern eine scheinbare Selbstständigkeit unter der Herrschaft eines fremden Fürsten verschafft und damit dem russischen Einflusse ein breites Thor offen gehalten werde.

Wir in Deutschland sind mit unsern Sympathien für ein unabhängiges Griechenland übel angekommen und haben uns leider zu spät überzeugen müssen, daß wir damit den Interessen Rußlands in die Hände arbeiteten. Diesen Fehler wollen wir nicht wiederholen, indem wir für eine Staatenbildung an der untern Donau Partei nehmen, welche bei der unmittelbaren Nachbarschaft Rußlands noch ungleich gefährlichere Folgen haben müßte. Mit einer seltenen Einmüthigkeit hat sich die ganze unabhängige Presse in Deutschland gegen diesen von Frankreich unterstützten, wider den offen zu Tage liegenden Vortheil Deutschlands gerichteten Plan erhoben. Alles, was der Cultur in den Donaufürstenthümern Bahn brechen, was ihren Wohlstand befördern kann, wird unsere Theilnahme gewinnen. Zolleinigung, gemeinsame Rechtspflege, Verbindung der Verkehrsanstalten sind Dinge, die sich ohne eine politische Verschmelzung bewerkstelligen lassen. Dagegen sieht die öffentliche Meinung sehr wohl ein, daß ein sogenannter unabhängiger Rumänenstaat nichts weiter als ein russischer Vorposten sein und die künftige Eroberung dieser Länder erleichtern würde. Dabei wäre es aber um die Freiheit der Douau und den Verkehr Deutschlands nach dem Orient geschehen.

Der Dorobantze
in Sommermontur.   in Winterkleidung.  

Das Bewußtsein dieser Verhältnisse ist es, welche die öffentliche Theilnahme für diese Länder gefesselt hält, und wir glauben daher in der Voraussetzung nicht zu irren, daß Schilderungen eigenthümlicher Zustände in denselben gern gelesen werden dürften. Oesterreich scheuchte durch eine bestimmt ausgesprochene Kriegsdrohung die russischen Heere über den Pruth zurück, und am 20. August 1854 begann der Einmarsch der österreichischen Truppen in die Donaufürstenthümer, welche sie bis gegen Ende März des laufenden Jahres besetzt gehalten haben. Ein kaiserlicher Officier, der den Bleistift eben so gewandt als die Feder führt, schickt uns Zeichnungen ein, die er während seines Aufenthaltes in diesen Ländern entworfen hat, und erläutert sie durch einen Text, der unter dem frischen Eindruck des Erlebten mit der Originalität des Soldaten geschrieben ist. Wir wählen davon heute die Abbildung, welche zuerst aus unserem xylographischen Atelier hervorgegangen ist. Sie zeigt uns einen Dorobantzen.

Dieses Wort ist während der Kriegsjahre 1853/54 so oft in Zeitungen gelesen worden, daß der damit verknüpfte Begriff wohl näher bekannt zu werden verdient. Unser militärischer Correspondent sagt darüber Folgendes:

„Zu den bemerkenswerthesten Personen der Walachei gehören die Dorobantzen, eine Art Sicherheitstruppe, Schutzmannschaft, Gensd’armerie, die, aus der Blüthe der männlichen Jugend genommen, militärisch organisirt, beritten, ihren Dienstobliegenheiten eben so gut entspricht, als irgend eine Polizeimannschaft der Welt, wobei natürlich der von den übrigen Ländern Europas sehr verschiedene Civilisationsgrad jenes Landes wohl zu berücksichtigen ist.

Die anfänglich fremd und sonderbar klingende Benennung „Dorobantz,“ erinnert sehr bald, zumal nach einigen Fortschritten in der walachischen Sprache und der gewonnenen Kenntniß, in welcher Weise darin die Ableitung der Wörter erfolgt, an den Ausdruck „Trabant.“

Die Dorobantzen-Mannschaft wird aus den Orten des Binnenlandes rekrutirt, während die Dörfer an der Landesgrenze die Mannschaft für die Grenzbewachung zu stellen haben. Bei jeder Ispravonitzie – Kreisamt – sind dreißig, bei jedem Subkermuire – Districtsamt – zehn Mann zur Dienstleistung vorhanden. Mißbräuchlicher und gesetzwidriger Weise werden die Leute aber weniger für den öffentlichen als für den Privatdienst ihrer Vorgesetzten verwendet. Man sieht sie Holz und Wasser tragen, Kinder warten, kochen, Kleider putzen, kurz in aller Hinsicht die Stelle des Bedienten oder der Magd vertreten. Alle vierzehn Tage wird die im Dienst stehende Mannschaft abgelöst und an ihre Geburts- oder Heimathsorte entlassen, wo die Leute vier Wochen lang dem Feldbau oder anderen Arbeiten obliegen, um nach Verlauf dieser Frist ihren Posten von Neuem zu beziehen. Dem gemäß befindet

Empfohlene Zitierweise:
verschiedene: Die Gartenlaube (1857). Ernst Keil’s Nachfolger, Leipzig 1857, Seite 268. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1857)_268.jpg&oldid=- (Version vom 12.9.2022)