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verschiedene: Die Gartenlaube (1857)

wurde mit der Glashütte die innig damit zusammenhängende Fabrikation von feuerfesten Steinen verbunden, von denen namentlich in Zwickau auch viele zum Bau der Coaksöfen verbraucht werden. In den letzteren Jahren hat sich nun die Thonwaarenfabrik des Herrn Fikentscher bedeutend erweitert. Wir sehen da wirklich gigantische Thonkessel, Thonbottiche und Thoncylinder, die mit einem schmelzbaren Pechsteine so dauerhaft und gut glasirt werden, daß sie nicht nur wasserdicht sind, sondern selbst dem Einflusse der kräftigsten Säuren Widerstand leisten. Die Bereitung so großer Thongefäße, sowie die Fabrikation von feuerfesten Thonsteinen ist durchaus keine so leichte Arbeit, als man gewöhnlich glaubt. Es gehören hierzu die umfassendsten Kenntnisse der mannichfachen Eigenschaften und Verschiedenheiten der zahllosen, natürlich vorkommenden Thonsorten. Der Werth eines Thones läßt sich nicht allein aus dessen chemischer Zusammensetzung, dessen größerer oder geringerer Schmelzbarkeit beurtheilen.

Die Fikentscher’sche Glashütte in Zwickau

Selbst seine Schwere, d. h. der mehr oder weniger dichte oder poröse natürliche Zustand, sind nebst ähnlichen Verhältnissen für das zu erlangende Resultat von großer Bedeutung. Im Allgemeinen eignet sich ein dichterer Thon besser zur Bereitung feuerfester Gegenstände, als ein mehr poröser von gleicher chemischer Zusammensetzung. Die Wahl der zu den herzustellenden Gegenständen geeigneten Thonart oder Mischung von Thonarten ist jedoch nicht die einzige Schwierigkeit. Der Thon hat bekanntlich die Eigenschaft, sich beim Brennen zusammenzuziehen und zwar ungefähr um den siebenten Theil seiner Länge, was oft sehr störend wirkt. Herr Fikentscher hat aber gefunden, daß sich der aus Quarzkörnchen bestehende Sandstein beim Brennen sehr stark ausdehnt, und indem er die Thone mit einer bestimmten Menge solchen Sandsteins auf das Innigste vermengt, bereitet er Mischungen, welche beim Brennen keine Formveränderung mehr erleiden. Auch der Hitzegrad, welchem man die Gegenstände beim Brennen aussetzt, ist sehr wichtig; denn dieselben Thonsteine erscheinen im schwach gebrannten Zustande blaß rosenroth, leisten aber den zerstörenden Einflüssen der Witterung nur geringen Widerstand; bei stärkerem Brennen nehmen sie eine gelbe und in der höchsten Glühhitze eine schmutzig violette Farbe an, und sind dann sehr fest und dauerhaft. Endlich hängt von dem Bau und der Construktion der Oefen, in welchen die Thonwaaren gebrannt werden, sehr viel ab. Die Oefen des Herrn Fikentscher sind so eingerichtet, daß die Hitze hauptsächlich von oben zugeleitet werden kann, wodurch es möglich wird, große Gegenstände ganz gleichmäßig zu brennen.

Wie wir schon erwähnten, nimmt Herr Fikentscher zur Bereitung der Glasmasse keine Soda, sondern Glaubersalz (die Verbindung von Natron mit Schwefelsäure). Um dieses selbst fabriciren zu können, errichtete er im Jahre 1848 seine chemische Fabrik, welche sich fortwährend erweitert. Zur Glaubersalzfabrikation ist vor Allem Schwefelsäure (Vitriolöl) nothwendig, also wurde zuerst die Schwefelsäurefabrikation eingerichtet, welche Herr Fikentscher in der neuesten Zeit bedeutend verbessert und vereinfacht hat. Früher bereitete man die Schwefelsäure auf die Weise, daß man die Dämpfe des brennenden Schwefels in den Bleikammern (Räume, deren Wände aus Bleiplatten bestehen) mit Wasser und Salpetersäuredämpfen zusammenbrachte. Anstatt reinen Schwefels verwendete dann Herr Fikentscher den in der Natur äußerst häufigen Schwefelkies (eine Verbindung von Eisen mit Schwefel), den er von Johanngeorgenstadt bezog, und jetzt nimmt er Zinkblende (eine Verbindung von Zink mit Schwefel), um dann das nach dem Verbrennen (Rösten) der Zinkblende zurückbleibende Zinkoxyd zur Bereitung von Chlorzink benutzen zu können, einer werthvollen Substanz, mit welcher man jetzt die Eisenbahnschwellen tränkt, um

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verschiedene: Die Gartenlaube (1857). Ernst Keil’s Nachfolger, Leipzig 1857, Seite 293. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1857)_293.jpg&oldid=- (Version vom 11.9.2022)