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verschiedene: Die Gartenlaube (1857)

der Erste im üppigen Renaissancestyl erbauen ließ, wohnte die berüchtigte Katharina von Medici. Am 19. August 1572 wurde im Louvre die Hochzeit Heinrich des Vierten von Navarra mit Margaretha von Valois gefeiert, wozu die Häupter der Hugenotten eingeladen waren. Fünf Tage später gab die Glocke das Zeichen zu der furchtbaren Bartholomäusnacht. Stumm und schweigend lag der Louvre in mächtigen Schatten, aber in seinem Innern herrschte ein unheimliches Leben. Katharina begab sich anscheinend zur Ruhe, um ihre Pläne besser zu verheimlichen; sie hatte sich zu ihrem Sohn, König Karl dem Neunten, geschlichen, um ihm den Befehl zum Mord der Protestanten zu entreißen. Leise trat sie in das königliche Gemach in Begleitung ihres Lieblingssohnes, des Herzogs von Anjou, und der vier Räthe, welche mit im Complote waren. Sie schmeichelte und drohete, sie drängte und überredete, bis der schwache König endlich seiner Mutter nachgab. Alsbald erschallte das verabredete Zeichen, Alles war bereits vorbereitet, die Mörder lauerten in den Höfen des Louvre und stürzten sich auf ihre nichts ahnenden Opfer; zunächst nach dem Hause des ehrwürdigen Admiral Coligny, der unter ihren Streichen fiel. Der Prinz von Condé und der eben vermählte König, Heinrich von Navarra, eilten erschreckt zum Könige und flehten um ihr Leben. Der junge Tiger war bereits berauscht von Blut und ließ ihnen die Wahl zwischen der Messe und dem Tod. Aus einem Fenster des Louvre schoß er selbst auf seine protestantischen Unterthanen und das Bett seiner Schwester Margaretha von Valois wurde von dem Blute ihrer eigenen Glaubensgenossen bespritzt, die man unter ihren Augen mordete.

Napoleon Bonaparte
in Ajaccio, 16 Jahre alt, von einem       in Paris, nach einer Kreidezeichnung       in Longwood 1821, nach einer Skizze
Jugendfreunde gezeichnet.   von Gérard.   in Rothstift von Antomarchi.

Hier in die Gemächer des Louvre wurde der blutige Leichnam Heinrich des Vierten, nachdem er von Ravaillac’s Mörderhand gefallen war, hergebracht und feierlich ausgestellt. Unter Ludwig dem Dreizehnten wurde beim Eintritt in den Louvre der Marschall d’Ancre von dem Baron de Vitry ermordet. Die Königin hörte den Pistolenschuß, welcher ihren Günstling tödtete; sie schickte ihre Kammerfrau, um nähere Erkundigungen einzuziehen. Als diese mit der Trauerbotschaft zurückkehrte, rief Katharina unter Thränen: Ich habe sieben Jahre regiert, von nun an hoffe ich nur noch auf die himmlische Krone. Eine andere Königin, Henriette von England, die Tochter Heinrich des Vierten, die Gattin des hingerichteten Karl Stuart, lernte im Louvre das traurige Loos der Verbannung kennen. Der geizige Kardinal Mazarin, der damalige allmächtige Minister von Frankreich, versagte der Tochter Frankreichs die nöthigen Mittel zu ihrer Existenz. Als der Kardinal von Retz sie besuchte, fand er sie und ihr Kind im Bette, weil sie aus Mangel an Holz in der strengen Winterkälte kein Feuer anzünden konnte.

Unter Ludwig dem Vierzehnten sah der alte Louvre das bisher gefürchtete Parlament vor dem jungen Könige zittern, der mit der Reitpeitsche in der Hand unter die ehrwürdige Versammlung trat und schon damals den Grundgedanken seines Lebens „l’etat c’est moi“ bethätigte; eine Maxime, welche Frankreich unendlich viel kostete und die Revolution heraufbeschwor. Noch einmal verwandelte sich der Louvre in einen Schauspielsaal. Molière hatte mit seiner Truppe die Ehre, vor dem Könige und dem ganzen Hof die Tragödie „Nikomedes“ aufzuführen. Der König vertauschte hierauf den bisherigen Palast mit dem neu aufblühenden Versailles; der Louvre wurde verlassen und nur noch zur Unterbringung von Archiven und für die Akademie, die königliche Druckerei u. s. w. benutzt. Zur Zeit der ersten Republik verlegte die Convention das Nationalmuseum in die leer stehende Räume. Diesem Zwecke dient zum Theil noch gegenwärtig das alte Haus der Könige von Frankreich, welches jetzt die Könige der Kunst, die Fürsten der Maler, einen Raphael, Giulio Romano, Leonardo da Vinci u. s. w. in ihren Werken beherbergt. Die Museen des Louvre sind weltberühmt und enthalten wirklich Schätze von unverkennbarem Werth, obgleich nach meiner Ansicht auch hier der Ruf bedeutend übertrieben hat und manche deutsche Gallerie, besonders die Dresdner, den Vergleich noch immer aushalten können. Freilich

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verschiedene: Die Gartenlaube (1857). Ernst Keil’s Nachfolger, Leipzig 1857, Seite 306. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1857)_306.jpg&oldid=- (Version vom 11.9.2022)