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verschiedene: Die Gartenlaube (1857)

Ist die Entfernung vom alten Standort des Baumes bis zum neuen nicht groß, so thut man am besten, die an beiden Orten gemachten Löcher durch einen Graben zu verbinden, damit der Baum horizontal fortbewegt werden kann, und die Last von 800 und mehr Centner nicht gehoben zu werden braucht. Ist die Entfernung aber größer, so erweitert man die Aufgrabung beim Baume nach einer Seite in der Art, daß die Bahn für denselben rampenartig eine sanft ansteigende Ebene bildet, und verfährt ähnlich beim Pflanzloche, wo die Bahn sich wieder abwärts neigen muß; oder der Baum wird an seinem Standorte senkrecht gehoben, indem man vermittelst mehrerer starken Wagenwinden, wie Maurer und Steinmetzen sie brauchen, die Balken zuerst an einem Ende einige Zolle anhebt, und die darunter entstandene Lücke mit Erde, Holzklötzen etc. ausfüllt, dann am andern Ende hebt und in dieser Art behutsam fortfährt, bis der Ballen über der Erde steht und nun horizontal fortgewälzt werden kann. Aehnlich wird beim Niederlassen verfahren. Zum Fortbewegen bedient man sich entweder eines sogenannten Tummelbaums oder Erdwinde, wobei der Baum durch das sich aufwindende Seil fortgezogen wird. Weniger Menschenkräfte, obwohl mehr Zeit, gebraucht man aber, wenn man den Baum mit Wagenwinden (wie die Zeichnung weist) fortschiebt, die beim Fortrücken durch dahinter eingeschlagene Pfähle und dazwischen gelegte Hölzer unterstützt werden. Es sind dann nur sechs Mann zu dieser Arbeit erforderlich. Steht endlich der Baum an seinem neuen Standorte, so wird zuerst eine Reihe Balken, Walzen und Bretter entfernt, und die Lücken gut und fest mit Boden ausgestopft, dann dasselbe nach und nach mit den andern Hölzern gethan, bis das Pflanzloch unter reichlichem Zugießen von Wasser mit Boden vollständig ausgefüllt ist. Gegen den Wechsel der Temperatur sind endlich die Wurzeln des verpflanzten Baumes durch eine dichte Decke von Laub zu schützen.

Das Versetzen alter Bäume.

Zur Erhaltung alter, schadhaft gewordener Bäume ist schließlich anzurathen, alle Höhlungen sorgfältig von allen fauligen Substanzen, als Spähnen, Wurmmehl, daraus entstandener Erde u. s. w. zu reinigen, also das Gegentheil von dem zu thun, was wir in einem viel gelesenen illustrirten Blatte in einem unwissenschaftlichen Aufsatze über sogenannte Baumerde zu lesen Gelegenheit hatten, diese Höhlungen dann mit einer Mengung von Lehm und flüssigem Kuhdünger luftdicht auszufüllen. Schnitt- und andere Wunden der Rinde werden am besten mit Steinkohlentheer überstrichen, worunter sie leichter vernarben. Dem Fortschreiten des rothen Brandes, einer Pilzbildung auf der äußeren Rinde, beugt man dadurch vor, daß man die angegriffene Stelle mit einem bis auf das Holz geführten Schnitt umzieht, und mit Theer bestreicht. Bäume, die aus Nahrungslosigkeit kränkeln, werden am schnellsten durch eine Düngung von verdünntem Blute geheilt.

H. N.



 

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verschiedene: Die Gartenlaube (1857). Ernst Keil’s Nachfolger, Leipzig 1857, Seite 517. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1857)_517.jpg&oldid=- (Version vom 20.9.2022)