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verschiedene: Die Gartenlaube (1857)

später schon glücklicher und meinten, Eigenthum sei Diebstahl, plünderten hier recht wohlgefällig und rückten auch wieder aus, wenn die „Kaiserlichen“ kamen.

1551 wurde der Bau, wie er jetzt ist, vom Freiherrn von Biberstein vollendet. Während die Ritter hieran bauten, suchten andere ritterliche Elemente den Bau zu zerstören; es ist die alte Geschichte vom junkerlichen Fehdethum, das einige pommersche hochadelige Sprossen so gern wieder einführen möchten.

Der ehrwürdige ritterliche Coloß „da hoch oben“ besteht aus dem niederen und dem oberen Schloß; letzteres, die eigentliche Ritterburg, steht ganz auf Basaltfelsen, dessen lange, eckige Säulen an der Nordseite künstlich angelehnt scheinen, jedoch natürlich so gestaltet sind.

Im Schlosse selbst ist wenig Hochinteressantes, mit Ausnahme der alten Bilder im Saale, welche alle die edlen Besitzer darstellen, denen dies Schloß gehört hat. Der wichtigste, interessanteste und häßlichste von allen ist der Graf Wallenstein, vor Schiller nur als Waldstein bekannt. Der fromme Schwedenfresser muß in der That eine imponirende Gestalt der Häßlichkeit gewesen sein und irgend einen kleinen Satan zum Großvater gehabt haben, was aus seinen rothen Haaren zu schließen ist. Waldstein, der sich gern General des baltischen und oceanischen Meeres nannte, ward 1582 geboren und 1634 zu Eger etwas weniger romantisch umgebracht, als es Schiller geschehen ließ. Der Herr war bekanntlich sehr grob, sehr gefährlich, sehr boshaft, sehr ehrgierig und sehr reich; wegen letzterer, sehr angenehmer Eigenschaft kaufte Waldstein im Jahre 1622 die Burg Friedland für 150,000 Gulden, die er Gott weiß wo gebrandschatzt haben mochte. 1625 ernannte ihn der Kaiser officiell zum Herzog von Friedland, und 1626 ließ er sich so malen, wie er in dem Burgsaale aufgehängt ist. Es muß ein sehr angenehmer Herr für seine Unterthanen gewesen sein, denn seine Befehle, besonders bezüglich der Steuer, waren gemeinhin mit folgenden Zusätzen versehen: „Solches befehl’ ich ernstlich und endlich, daß es in continenti erfolgt, so lieb euch euer Leben ist,“ oder: „schickt mir die ganze Contribution, wofern ihr nicht wollt, daß ich zuforderist den Hauptleuten und hernach euch (seinen Kammerräthen) den Kopf abschlagen lasse.“

Der Herzogstitel von Friedland sollte übrigens kein leerer Schall bleiben. Waldstein ging damit um, das Schloß Friedland zum Hauptorte eines weitläufigen Besitzcomplexes zu machen, und entwarf eine „gewisse Landesordnung“, wie er sie in seinem Herzogthum Friedland „sowohl in politicis als judicialibus“ gehalten haben wollte. In dem Verfassungsentwurf war sogar ein Friedland’scher Landtag mit drei Ständen festgesetzt, welcher nach zweimaliger Ausschreibung im Sitze der Regierung, zu Jicin, in einem eigenen Ständehause „gehorsamlich erscheinen, die Landtags-Propositionen anhören, berathschlagen und votiren“ sollte. Diesem und andern weit ausgreifenden Plänen machte die Partisane des Hauptmanns Devereaux, welche in der blutigen Nacht des 25. Februar 1634 zu Eger des Friedländers Herz durchbohrte, ein plötzliches Ende.

Außer dieser stolzen Friedlandburg mahnt noch das Waldsteinhaus in Prag an den großen Feldherrn. Mehr als anderswo sind hier die Andenken an ihn gepflegt worden; der Banketsaal, die Kapelle, das astrologische Cabinet und der wahrhaft kostbare Garten sind noch ganz so, wie zu Lebzeiten des Friedländers, nur aus dem Garten haben die Schweden die kostbaren Statuen geraubt, die Waldstein dort errichtet. Vor mehreren Jahren war Wallenstein’s Garten für die Prager Haute volée auch noch eine sehr beliebte Promenade, indessen ist er jetzt dem öffentlichen Besuche geschlossen und der neugierige Fremde, der ihn oder die Gemächer des Schlosses besehen will, erhält von dem grimmen Portier ganz einfach den Bescheid:

„O ja, aber da müssen Sie zu Johanni wiederkommen.“

Die Friedländischen Besitzungen sowohl, wie die meisten der andern Herrschaften, die einst der General Waldstein besaß, gehören der gräflich Clam-Gallas’schen Familie oder Nebenlinien der „Wallensteiner.“ Die Burg Friedland und mehrere dazu gehörige Besitzungen waren nämlich nach des „confiscirten“ Waldstein Tode dessen Feind, Grafen Mathias Gallas, geschenkt worden, der sich durch seine kriegerischen Thaten, besonders durch die gewonnene Schlacht bei Nördlingen 1634, die Gunst seines Kaisers erworben hatte.




Gifte; Vergiftung durch thierische Gifte und giftige Thiere.
Hundswuth; Wasserscheu.

Gift ist für den Menschen jeder Stoff (mit Ausnahme von Kugeln, Schwertern u. s. w.), der schon in geringer Menge schädlich und hemmend auf das Leben des menschlichen Organismus einwirkt und so lebensgefährliche Veränderungen in demselben hervorbringt. Solcher Stoffe, von gasförmiger, flüssiger oder fester Beschaffenheit, gibt es aber eine Menge, ebensowohl im Thier- und Pflanzenreiche, wie im Mineralreiche. Sie können durch den Verdauungs- und Athmungsapparat, sowie auch durch die Haut und durch Wunden in das Innere des Körpers gelangen und hier entweder zunächst örtliche Zerstörungen veranlassen oder sofort vom Blute aus eine allgemeine Störung verursachen. Die Beibringung eines giftigen Stoffes nennen die Juristen eine Vergiftung, während die Mediciner die durch eine solche Einverleibung hervorgebrachten krankhaften Störungen mit diesem Namen bezeichnen.

Zu den örtlich wirkenden Giften gehören vorzugsweise die sogenannten chemisch wirkenden, welche die Gewebe zerstören und zerätzen, die Form und den Zusammenhang der Theile verletzen, heftig reizen und schnell Entzündung und Brand erzeugen. Solche ätzende und reizende Gifte, die übrigens nachträglich auch noch eine allgemeine Störung im Organismus hervorrufen können, finden sich in allen drei Reichen der Natur vor. Im Mineralreiche sind es hauptsächlich Metallsalze, ätzende Alkalien und starke Säuren; im Pflanzenreiche die scharfstoffigen Substanzen und starken Pflanzensäuren; im Thierreiche die spanischen Fliegen (Canthariden).

Wenn giftige Stoffe dagegen eine allgemeine Störung auf den gesammten Körper ausüben, so wird diese Wirkung ohne Zweifel durch das Blut und die Nerven vermittelt, bisweilen aber erst dann, wenn vorher örtliche Vergiftungserscheinungen auftraten; nicht selten jedoch auch ohne solche. In der Regel bleiben uns diese Veränderungen, welche derartige Gifte im Blute und Nervensystem veranlassen, ganz unbekannt und in vielen Fällen ist das Gift weder im Blute noch überhaupt im vergifteten Körper wieder zu finden. – Auch von diesen allgemein wirkenden Giften finden sich in den drei Naturreichen eine Menge vor. Vorzüglich sind es die thierischen Gifte, welche hierher gehören, zumal wenn diese durch Wunden direct in den Blutstrom gebracht werden.

Sämmtliche thierische Gifte sind bis jetzt ihrer chemischen Natur nach unbekannt; denn sie sind nicht darstellbar und nicht von den Stoffen, an welchen sie haften, zu trennen. Eben darum weiß man aber auch von ihrer Natur wenig mehr, als eben ihre giftigen Wirkungen. Man kennt weder die Bedingungen ihrer Entstehung, noch die physikalischen und chemischen Eigenthümlichkeiten, die ihnen etwa zukommen. Das Gift ist als solches weder durch Formen, noch durch Reactionen erkennbar, sondern einzig und allein durch seine Wirkungen auf den Organismus. Interessant ist, daß manche dieser Gifte, in das Blut gebracht, tödtlich wirken, während sie ohne Nachtheil in den Verdauungsapparat aufgenommen werden können, wie z. B. das Schlangen- und Hundswuthgift.

Ja in dem homöopathischen Arzneischatze figurirt sogar das von Homöopathen aus Südamerika den Herren Collegen in Europa gesendete Schlangengift (Lachesis) aus den Giftzähnen des Trigonocephalos Lachesis, als wichtiges Heilmittel und zwar: bei Beschwerden, besonders linkseitigen, die in jedem Frühjahre wiederkehren; bei bösen Folgen von langem Gram und unglücklicher Liebe; bei Gefühl von etwas Lebendigem im Bauche: bei religiöser Geisteszerrüttung. mit dem Wahn nach göttlicher Vorherbestimmung ewig verdammt zu werden; bei Rose, Gelbsucht und Blausucht; bei Krätze und Scharlach; bei Epilepsie und

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verschiedene: Die Gartenlaube (1857). Ernst Keil’s Nachfolger, Leipzig 1857, Seite 686. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1857)_686.jpg&oldid=- (Version vom 11.6.2017)