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verschiedene: Die Gartenlaube (1857)

Edmund Hoefer.

schickte sie an das Stuttgarter Morgenblatt, wo sie bereitwillig angenommen und abgedruckt wurde. Zwei andere Stücke dagegen, die er im natürlichen Gefühl jugendlicher Eitelkeit gar zu selbstvertrauend dem ersten alsbald folgen ließ, erhielt er mit Protest zurück, und diese Lection blieb ihm unvergeßlich und war von den besten Folgen, indem sie ihn zu größerer Aufmerksamkeit und Sorgfalt trieb. Erst über ein Jahr später schickte er die zweite Tambourgeschichte ab und verkehrte dann manche Jahre mit dem gedachten Blatte, bis der Buchhändler Adolph Krabbe in Stuttgart eine Sammlung der Geschichten wünschte und dieselben 1852 unter dem Titel: „Aus dem Volk“ erscheinen ließ. – Diesem Buche folgten ein Band „Gedichte“ 1853 bei Simion in Berlin, und seitdem bei Krabbe: „Aus alter und neuer Zeit“ 1854, – eine vermehrte Sammlung der „Tambourgeschichten“ 1855, – „Schwanwink, ein Skizzenbuch aus Norddeutschland,“ 1856, – und „Bewegtes Leben“, 1856; nebenher ging noch eine Sammlung sprüchwörtlicher Redensarten: „Wie das Volk spricht“, 2. Auflage 1856. – Nach dem Tode seines Vaters siedelte Edm. Hoefer, der sich inzwischen auch den Doctor-Titel erworben, 1854 nach Stuttgart über und gründete dort im Verein mit Hackländer die bei Krabbe erscheinenden „Hausblätter“, deren Redaction er auch jetzt noch führt.

Hoefer hat sich durch seine Leistungen rasch die Gunst des Publicums erobert, und er verdient diese mehr als viele Andere. Tiefes, sinniges Gemüth, schöpferische Phantasie, eine glückliche Erfindungsgabe und seltene Herrschaft über Form und Sprache zeichnen alle seine Erzählungen aus, die zu dem Besten gerechnet werden müssen, was wir in dieser Gattung aufzuweisen haben. Einige davon sind wahre Kunstwerke. Namentlich sticht sein markiger gedrängter Styl sehr vortheilhaft gegen die breitgetretene langathmige Schreibweise der meisten jetzigen Novellisten ab. Was aber Hoefer besonders auszeichnet, und ihn bei allen gebildeten Lesern so sehr beliebt macht, das ist seine große Kunst der Naturschilderung, seine haarscharfe Charakterzeichnung und die einfache schmucklose Weise, wie er das Gemüth des Lesers anzuregen und zu rühren versteht. Viele neben ihm bezwecken dasselbe, aber sie verfallen in Weichheit und Sentimentalitäten, während Hoefer stets gesund und kernig bleibt.




Berliner Kirchhöfe.

Berlin besitzt keinen Kirchhof, wie den des Père-La-Chaise in Paris, diese große Gräberstadt, die versteinerte Geschichte der französischen Nation, der Mittelpunkt und Sammelplatz der berühmten Gestorbenen. Der Deutsche gehört zunächst seiner Familie und erst dann seinem Volke an; wir scheuen die Oeffentlichkeit – selbst im Tode. Der Mangel an Nationalsinn macht sich auch auf unseren Kirchhöfen bemerkbar, die zerstreut vor allen Thoren liegen. Dort müssen wir auch unsere großen Todten erst zusammensuchen und nur mit Mühe werden wir sie finden. Die Gräber einer Stadt sollten wie die Kirchen und öffentlichen Denkmäler zu

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verschiedene: Die Gartenlaube (1857). Ernst Keil’s Nachfolger, Leipzig 1857, Seite 701. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1857)_701.jpg&oldid=- (Version vom 13.12.2022)