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Verschiedene: Die Gartenlaube (1858)

„Aber nicht in jenem Umfange, in welchem die Waldheim gegen mich denuncirte. Auch ihre Mittel waren erschöpft. Sie hatte Schulden: sie wurde von ihren Gläubigern gedrängt. Um sie zu befriedigen, mußte sie ihren Schmuck veräußern. Sie selbst durfte das nicht, ohne compromittirt zu werden. Von keinem ihrer Bekannten erwartete sie Verschwiegenheit. Nur mir glaubte sie vertrauen zu dürfen. Sie hatte darin Recht. War ich auch ihre Nebenbuhlerin, sie wußte, daß mein Stolz es nie zugeben werde, mich zu ihrer Verrätherin zu machen.

„Aber mein Stolz konnte mich nicht verhindern, sie zu betrügen. Sonderbarer Widerspruch! – Ich brachte ihr nur die Hälfte von dem Erlöse für ihren Schmuck.

„Sie entdeckte das bald. Sie gerieth in Wuth; aber sie war in meiner Gewalt. Sie durfte keinen Eclat machen. Bei Gelegenheit eines neuen Rencontre vergaß sie die Klugheit. Sie rief die Hülfe der Polizei herbei, und denuncirte mich wegen der Juwelen. Freilich durfte sie, um sich nicht auch jetzt noch zu compromittiren, mich immer nur als Diebin darstellen.

„Sie hatte indeß eins dabei vergessen oder nicht beachtet.

„Der Prinz Ottokar hatte sie eines Abends überrascht, als sie eben ihren – schon falschen – Schmuck besichtigte. Er hatte scherzend die Steine in die Hand genommen, um sie damit zu schmücken; dabei war ihm ihre Unechtheit aufgefallen. Sie hatte seinen mißtrauischen Blick gewahrt und ihm rasch den Schmuck entrissen. Aber es war eine peinliche Stille eingetreten.

„Der Prinz hatte mir das mitgetheilt und seinen Verdacht, daß die Waldheim die echten Steine veräußert habe.

„Ich berief mich in der Untersuchung, um die falsche Denunciation der Waldheim gegen mich klar zu stellen, auf das Zeugniß des Prinzen. Es war peinlich für mich; der Prinz wurde dadurch blosgestellt und auch mein Verhältniß zu ihm wurde dadurch vernichtet. Aber ich mußte. Durch das Zeugniß war auch die Waldheim als falsche Denunciantin gebrandmarkt. Daher für alle Theile das Interesse, daß die Untersuchung niedergeschlagen wurde.

„Ich mußte von – scheiden.

„Ich schied mit schwerem Herzen, aber auch gebessert.

„Ich hatte in – die Liebe kennen gelernt. Sie war es auch, die die Verbrecherin rein von jeder sinnlichen Unthat hielt. Ein edler junger Mann liebte mich, ich liebte ihn wieder. Er liebte mich mit der ganzen Reizbarkeit des Unglücklichen, dem das Herz in einer kranken Brust schlägt.

„Ich liebte ihn mit jener eigenthümlichen Macht der Liebe zu einem Unglücklichen. Und dann – seine edle, reine Liebe zog mich zu ihm empor, hob mich empor. Er konnte nicht lange mehr leben. Er hielt mich für gut, für eben so edel und rein, wie er selbst war. Mit diesem Gedanken mußte er sterben.

„Wie glücklich machte mich der Gedanke! Wie glücklich war ich bei ihm!

„Meine Liebe hatte früher meinen Leichtsinn und meine abenteuerlichen Pläne nicht besiegen, selbst jene Verbrechen nicht verhindern können. Der Haft entlassen, der Gefahr, als Verbrecherin gebrandmarkt zu werden, entronnen, kam ich zu einem festen Entschlusse. Ich wollte des braven jungen Mannes würdig werden. Besitzen konnte ich ihn nicht. Aber die Buße macht würdig.

„Ich kehrte in meine Heimath zurück, als Bettlerin, als demüthige Bettlerin zu meinen stolzen Verwandten.

„Das ungesunde Klima hat den Körper, dessen Lebenskeim längst zerstört war, rasch verzehrt. Wenn Sie diese Zeilen erhalten, habe ich ausgelitten.

„Empfangen sie nochmals meinen Dank, mein Herr, und schenken Sie mir Ihre Verzeihung.

Rosa Heisterberg.“ 




Blätter und Blüthen.


Der von Christian Schad herausgegebene deutsche Musenalmanach für 1858 verdient wegen seiner innern und äußern Ausstattung warme Empfehlung. Die Liebhaber der deutschen Lyrik – und ihrer sind verhältnißmäßig immer viele in unserm eigentlich verherrschend lyrisch gestimmten Volke – werden vielfache Befriedigung und Erhebung darin finden. Es fehlen wenige von den besten Namen, und Alle haben sich würdig betheiligt. Allgemeine Unterstützung derer, welche ein volles Herz für deutsche Dichtkunst haben, verdient der große und schöne Zweck dieses Musenalmanachs: den allezeit im Volke ruhenden poetischen Schatz in Sang und Sage zu heben, in volksthümlicher Weise zum Bewußtsein und zur Darstellung zu bringen, und damit der ganzen Nation nicht nur einen intellectuellen Gewinn zu sichern, sondern auch einen lautern Genuß zu bereiten und fortzuerhalten. Und mit welchem Eifer strebt das schöne Buch von Jahr zu Jahr mehr der Erreichung dieses erhabenen Zweckes zu!




Zeichen der Zeit. Ein Petersburger Buchhändler fordert alle Verleger von Schriften über: Bauernverhältnisse – Bauernrechte – Aufhebung der Leibeigenschaft und besonders über den historischen Gang der Leibeigenschaft etc. dringend auf, ihm Probeexemplare einzusenden – der Bedarf für die nächste Zeit werde ein nicht unbedeutender sein. Gott sei Dank – endlich!




Gerstäcker bedient sich bei seiner Correspondenz eines den Reisenden sehr bezeichnenden Petschaftes. Sein Siegel trägt die Inschrift: „Rast’ ich, so rost’ ich.“ – Deshalb auch alle vier oder fünf Jahre eine Weltfahrt.




Von Adolf Schults’ Gedichten, aus denen wir neulich das sinnige Gedicht entnahmen: „Abends, wenn die Kinder mein,“ ist vor Kurzem die dritte Auflage erschienen.




Allgemeiner Briefkasten.

H. B. K. in Mgdbg. Als Scherz nicht witzig genug und als ernsthaft gemeinte Reclame – zu spaßig!

C. K. in Krems. Mit Prämien befassen wir uns nicht. Wenn Sie selbst fühlen, daß unsere Zeitschrift dergleichen naive Vertriebsmanipulationen nicht bedarf, weshalb petitioniren Sie um ein „Bildchen“?

C. v. G. in Berlin Bedauere, keinen Gebrauch davon machen zu können.

Ludw. Wittig in ? (Nordamerika). Ihr Artikel über die „Negerpoesie“ ist im „Magazin für Literatur des Auslandes“ abgedruckt und bitten wir nunmehr um Ihre genaue Adresse, damit Abdruck und Honorar Ihnen zugehen können.

A. v Stg. in Dr. Wann erhalten wir die versprochenen Mittheilungen?

W. in W. Also nur wenn wir ein Gedicht aufnehmen, werden Sie der Gartenlaube gedenken? Sehr gütig! Wir danken für diese Lobhudel-Assecuranz auf Gegenseitigkeit gegründet!

Htkp. in Elberfeld. Wir haben weder im Märzheft eine Mittheilung über Münchner Preisaufgaben gebracht, noch können wir Ihnen Auskunft über den Namen des Preisgekrönten geben.

Moritz Herzog in Pesth. Wenigstens franco hätten Sie doch Ihre gereimten Beiträge für den Papierkorb senden können! Wenn man über die Namenschiffre (W. J.)des Briefpapiers eine Grafenkrone setzt, sollte man doch so bürgerlich anständig sein und die Maculaturproben frankiren.

H. A. in Chemnitz. Ihre Bestrebungen sind sehr löblich und werden sicher auch reussiren.

H. v. G. in B. Ihre Vermuthung ist richtig: Rosa Heisterberg ist keine erfundene Geschichte, sondern beruht auf Thatsachen, die im Jahre 184* die ganze Residenz in Aufregung versetzten. Wenn der Herr Verfasser aus Rücksichten für gewisse Persönlichkeiten dem Schlusse die Pointe abbrach und Manches verschwieg, was zur Aufklärung des Ganzen dienen konnte, so werden Sie am allerwenigsten diese Rücksichtsnahme verdammen, selbst wenn die Befriedigung Ihrer Neugierde darunter leiden sollte. Ob die letzte Zuschrift des jedenfalls geistreichen und interessanten Mädchens wirklich aus Batavia oder aus dem – Zuchthause kam – wir haben kein Recht, darüber Auskunft zu geben, und dürfen nur versichern, daß Rosa Heisterberg weniger schuldig war, als es den Anschein hat.




Die plastische Kohle
und deren Verwendung für wissenschaftliche, industrielle und Gesundheitszwecke.

Die in Nr. 43 der Gartenlaube vorigen Jahres gemachte Mittheilung über diese deutsche Erfindung in London hat so viel Interesse in allen Theilen Deutschlands erregt, daß eine große Menge Briefe und Anfragen darüber eingingen, die nicht alle einzeln beantwortet werden konnten. Wir bitten daher Interessenten, sich behufs geschäftlicher Angelegenheiten über chemische und mechanische Wasser-, Oel- u. s. w. Filtrirung im Großen oder Kleinen mit den plastischen Kohlen-Apparaten des Herrn Bühring in London, wegen galvanischer Platten, Schmelztiegel, Desinfections-, Kühl-, Ventilations- und sonstiger Apparate aus plastischer Kohle an den Erfinder in London zu wenden. Seine Adresse ist:

„Mr. Bühring, 91 Pratt street, Camden Town, London N. W.“

Einige Apparate sind an den Verleger der Gartenlaube, Herrn Ernst Keil in Leipzig, unterwegs, wo sie von Interessenten, die in der Nähe wohnen oder Leipzig besuchen, besichtigt werden können. Nähere Mittheilungen über die Bedeutung und den Umfang dieser Erfindung für allerhand wissenschaftliche, industrielle, technische, künstlerische und Gesundheitszwecke werden bald in der Gartenlaube gemacht werden.



Verlag von Ernst Keil in Leipzig. – Druck von Alexander Wiede in Leipzig.
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Verschiedene: Die Gartenlaube (1858). Leipzig: Ernst Keil, 1858, Seite 128. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1858)_128.jpg&oldid=- (Version vom 21.1.2018)