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Verschiedene: Die Gartenlaube (1858)

ununterbrochenen Seefahrt für die große Masse der Handelsgegenstände nicht aufwiegen. Das zweimalige Umladen, in Suez nämlich und in Alexandria, sowie die Beförderung auf der Eisenbahn, selbst wenn diese bis Suez fertig sein wird, bieten Hindernisse dar, welche die auf möglichst wohlfeile und sichere Fracht bedachte Rhederei zu umgehen bemüht ist. Nur wenn die Fahrzeuge aus den indischen Gewässern, ohne umzuladen, in’s Mittelmeer einlaufen dürften, würde für den Großhandel Vortheil erwachsen. Dann aber würde dieser auch ein offenbarer, ein ungeheurer werden.

Einmal angeregt, glomm die lichte und zukunftreiche Idee bald heller, bald dunkler, doch unausgesetzt fort.

Nachdem schon sieben Jahre früher der in indisch-europäischen Sachen wohl erfahrene General Chesney die Ueberzeugung ausgesprochen hatte, die Spiegel der beiden Meere wären einer Canalisirung des Isthmus nicht entgegen, unternahmen im Jahre 1841 britische Officiere auf eigene Faust die Nivellirung der Landenge, und bestätigten ihrerseits die Ansicht Chesney’s. Um dieselbe Zeit trat Linant-Bey, Ingenieur des Vicekönigs von Egypten und durch seine Bauten am Nil rühmlichst bekannt, mit Anderson, dem jetzigen Director der Orientalischen und Peninsular-Compagnie, nebst zwei anderen Briten in einen Verein zusammen, um den Durchstich des schmalen Landstreifens vorzubereiten. Indeß blieb dieses Beginnen ohne weiteren Erfolg, obschon Linant die Ausführbarkeit des Canals hinlänglich darthat. Zwei Jahre später kam eine neue Gesellschaft zu Stande, an der unter anderen außer dem Engländer Stephenson, der Oesterreicher Negrelli und der Franzose Talabot sich betheiligten. Die unter Leitung Bourdalour’s ausgeführten genauen Vermessungen wichen von den bisherigen günstigen Erhebungen nicht wesentlich ab. Indeß sagte sich Talabot, der in Egypten nicht persönlich gewesen war, von seinen Verbündeten insofern los, daß er einen Nilcanal vorschlug, welcher durch das Delta nach Alexandria laufen sollte, während die Uebrigen auf einer Durchstechung der Landenge von Suez bis Pelusium beharrten. Ein neues Nivellement im Jahre 1853, veranlaßt durch die Bedenken der französischen Akademie zu Ehren ihrer einstigen Mitglieder, lieferte ein den neueren Erfahrungen entsprechendes Resultat.

So standen die Dinge, als beim Ausbruch des Kriegs wider Rußland die Westmächte ihre Augen den orientalischen Verhältnissen näher zuwenden mußten. Die Wahrung der Integrität des türkischen Ländercomplexes, so wie die Kräftigung aller seiner Theile lagen im Interesse des gebildeten Theiles von Europa. Den der Auflösung nahen Organismus zu neuem Leben rufen, die aufstrebenden Theile zu rascherer Thätigkeit fördern, war eine Eingebung gesunder Staatsklugheit. Ein Canal zwischen dem rothen und dem mittelländischen Meere bot sich von diesem Gesichtspunkt als eines der wirksamsten Mittel dar. Er war überdies zur Nothwendigkeit für die nach frischen Absatzörtern ringenden Staaten am Mittelmeer geworden, und verhieß zugleich die größten Vortheile England so wie dem ganzen nördlichen Europa.

Herrn Ferdinand v. Lesseps blieb es vorbehalten, die zeitgemäße Idee wieder aufzunehmen und, Dank seinem unermüdlichen Eifer, dem Gelingen entgegenzuführen. Im October 1854, während eines Besuches bei seinem Freunde, dem regierenden Vicekönig von Egypten, kam zwischen den beiden Männern der Plan eines Canals zur Sprache. Von den Vortheilen, die hieraus für sein eigenes Land, so wie für die Menschheit überhaupt erwachsen müssen, auf’s Lebhafteste durchdrungen, gab Said Pascha seinem Gaste den Auftrag, Voranstalten zur Realisirung des großartigen Gedankens zu treffen. Die seit langen Jahren in egyptischen Diensten stehenden tüchtigen Ingenieure Linant-Bey und Mougel-Bey sollten Herrn v. Lesseps zur Verfügung stehen.

In Folge dieses Auftrags kam nach neuen allseitigen und genauen Forschungen ein Vorentwurf zu Stande. Derselbe enthielt den detaillirten Vorschlag eines directen maritimen Canals von Suez nach Pelusium, mit einem großen Hafen im Timsah-See und einem seinerseits zwei kleinere Arme aussendenden Irrigationscanal zwischen dem Nil und letztgenannten Becken, entlang des Wadi-Tumilat-Thales. Hierauf erschien ein Firman des Vicekönigs, welcher, unter Vorbehalt der oberherrlichen Genehmigung von Seiten des Sultans, Herrn v. Lesseps ermächtigte, eine Gesellschaft, aus Capitalisten aller Nationen bestehend, zur Ausführung und Ausbeutung der fraglichen Wasserroute zu bilden.

Die wesentlichen Bestimmungen dieses Actenstückes sind folgende: Gleichheit aller Flaggen. Neutralität des Canals. Dauer der Concession 99 Jahre vom Tag der Eröffnung gerechnet. Unentgeltliche Cession an die Compagnie alles dem Staate gehörigen Terrains, sowie Benutzung der Steingruben ohne Entgelt. Zollfreie Einfuhr von Maschinen und Utensilien. Schadloshaltung für das Inventar beim Erlöschen des Privilegiums. Die Ländereien, welche die Gesellschaft anbaut, sind die ersten zehn Jahre abgabefrei, und bleiben auch nach Verfall des Privilegiums ihr Eigenthum. Das Passagegeld ist auf 10 Francs per Tonne (Schiffscapacität) als Maximum festgesetzt, für die facultative Benutzung des Timsah-Hafens auf einen Franc. Die Gesellschaft hat das Recht, auf dem Nilcanal Passagegeld zu erheben, so wie ein Entgelt für die Bewässerung des anliegenden Bodens von den Privaten zu fordern. Vom Reinertrag der Unternehmung gebühren dem egyptischen Staatsschatz 15 pCt., den ersten Gründern 10, dem Verwaltungsrath 3, der Hülfscasse der Bediensteten 2 und den Actionären die übrigen 70 pCt. Ihren Sitz soll die Gesellschaft zu Alexandria, ihr Verwaltungsdomicil und ihr Forum zu Paris haben.

Ebenso behutsam als thatkräftig hielt Lesseps dafür, daß es gerathen sei, den Plan einer größeren, von unparteiischen und allgemein anerkannten Fachmännern zusammengesetzten Commission zu unterbreiten, ehe man zur Bildung einer Compagnie schreite und Hand an’s Werk lege. Die ersten Techniker Europa’s wurden zu Mitgliedern dieses Areopags erkoren. Sie hießen Rendel, Mac. Clean und Ch. Manby aus England; Negrelli, Rath im Handelsministerium zu Wien und General-Inspector der österreichischen Eisenbahnen; Paleocapa, Ingenieur und Minister der öffentlichen Bauten in Sardinien; Conrad, Ingenieur und Chef des niederländischen Water-staats; Lentze, Ministerialrath und Oberingenieur der hydraulischen Bauten in Preußen; Don Cypriano Segundo Montessino, General-Director der öffentlichen Arbeiten zu Madrid; Renaud, französischer General-Inspector der Brücken und Chausseen, und Liessou, Ingenieur-Hydrograph der französischen Marine.

Diese „internationale Commission“ versammelte sich Ende October 1855 zu Paris, und schiffte sich zu Marseille nach Egypten ein.

Nach möglichst genauen und gewissenhaften Untersuchungen an Ort und Stelle, – darunter neunzehn Bohrungen und eine langwierige Beobachtung im Pelusischen Meerbusen durch den Schiffscapitain Jaurès, – gab die Commission dem Vicekönig die Erklärung ab:

„daß der directe Seecanal die einzig mögliche Lösung der Frage sei und daß der Ausführbarkeit dieses Unternehmens in technischer Beziehung kein unüberwindliches Hinderniß entgegenstehe.“

(Schluß folgt.)


Vorzeitiges Altern. Alters-Diätetik.

Junge Greise und alte Jungen, sie existiren; aber leider von jenen viel zu viel, von diesen viel zu wenig. Und das ist sehr natürlich; denn obschon sich auch die Meisten vor dem Alter mit seinen Schwächen und Mängeln (s. Gartenl. 1858. Nr. 5.) entsetzlich fürchten, thun sie doch nichts, um ihr Altern so weit als möglich hinauszuschieben. Im Gegentheil strebt man gewöhnlich danach, und zwar schon von Jugend auf, vorzeitig in ein Alter vorzurücken, wohin man noch gar nicht gehört.

Kleine dumme Mädchen, aufgeputzt wie Modedämchen, schwänzeln auf Kinderbällen als naseweise Zierpüppchen umher. – Kaum aus der Schule gekrochene Backfische (ein Mittelding zwischen Schulmädchen und Jungfrau), manchmal noch gar nicht im Alter des Reifens, am allerwenigsten aber in das der Reife getreten, stolziren wie Pfauen aufgeblasen schon am Arme eines Bräutigams einher, der in der Regel weniger in das Gänschen, was er führt, als in deren Moneten verliebt ist. – Jungfrauen, in Folge der

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Verschiedene: Die Gartenlaube (1858). Leipzig: Ernst Keil, 1858, Seite 147. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1858)_147.jpg&oldid=- (Version vom 10.1.2020)