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Verschiedene: Die Gartenlaube (1858)

Zeichner und Lithographen, sowie für Stahl- und Kupferstecher besteht.

Die Druckausführung der Stahl- und Kupferplatten unterscheidet sich von dem Buchdruck hauptsächlich dadurch, daß sie nicht durch senkrechten Druck von oben nach unten vermittelst einer Schraube bewirkt, sondern daß die Platte zwischen zwei über einander liegende Walzen gewaltsam hindurchgeschoben wird. Beide Walzen sind so an einander gestellt, daß sie auf den Drucktisch, der sich zwischen beiden befindet, einen sehr starken Druck ausüben. Wird nun der einen Walze eine drehende Bewegung mitgegetheilt, so nimmt auch die andere Walze dieselbe an, und durch die Reibung wird der Drucktisch mit den darauf befindlichen Gegenständen, die aus einer Unterlage, dann der Platte mit dem zum Abdruck bestimmten Papier und einer Ueberlage nebst dem Drucktuche bestehen, zwischen den Walzen durchgezogen und der Abdruck vollendet. Die ersten Abdrücke von einer Platte fallen rauh aus; die besten finden sich unter den ersten Hunderten. Bei den Kupferplatten kommt es auf die Manier an, in der der Stich ausgeführt ist, wie viel Abdrücke man davon gewinnen kann. Von einer mit hohem Grabstichel gearbeiteten Platte können 1500 vollkommene Abdrücke gemacht werden; eine in Radirmanier scharf ausgeführte und tief geätzte Platte gibt 500 gute und eben so viel schwache Abdrücke. Eine geschabte Platte pflegt nur 100 bis 150 Abdrücke zu liefern. Von einer gut ausgeführten Stahlplatte lassen sich dagegen 5 bis 10 Tausend gute Abdrücke gewinnen, weshalb man sich des Stahlstichs auch besonders zu solchen Kunstwerken bedient, von denen ein starker Absatz zu erwarten ist.

Die Lithographie oder der Steindruck ist die von Aloys Sennefelder gegen Ende des vorigen Jahrhunderts erfundene Kunst, auf Kalkstein sowohl Umrisse als völlig vollendete Zeichnungen in jeder beliebigen Manier hervorzubringen, und diese durch den Druck zu vervielfältigen. Das technische Verfahren der Lithographie beruht hauptsächlich auf chemischen Grundsätzen, und richtet sich nach der Manier, in der die Zeichnung ausgeführt wird. Die Zeichnung, die vor jedem Abdruck mit einem feuchten Schwamme überfahren wird, nimmt die Schwärze auf, ohne daß diese auf dem übrigen Stein haften bleibt, was durch das Anfeuchten verhindert wird. Ist auf diese Weise die Zeichnung völlig eingeschwärzt, so wird das Papier, schwach befeuchtet, darauf gelegt, das Ganze mit einem in Rahmen ausgespannten Leder bedeckt, und so durch die Presse gezogen.

Die großen Vortheile der Lithographie, welche hauptsächlich in einer leichten und billigen Herstellung von Kunstblättern bestehen, haben sie schnell in die entferntesten Länder verbreitet; als Kunst hat die Lithographie aber in der neueren Zeit solche Fortschritte gemacht, daß ihre Leistungen mit den besten Kupferstichen wetteifern.


Außer den erwähnten drei Hauptabtheilungen der typographischen Production finden wir noch fast alle auf diesem Gebiete mitwirkenden Künste und Hülfsgewerbe vertreten, wie das Bedürfniß deren Anwendung und Ausdehnung hervorgerufen hat. Unter diesen erwähnen wir die galvanoplastische Anstalt, das Atelier für Holzschneidekunst, das Atelier für Gravir- und Stempelschneidekunst, die Buchbinderwerkstatt und die mechanische Werkstätte. Die letztere beschäftigt sich vorzugsweise mit dem Bau von Maschinen, welche in der Technik der Typographie praktische Anwendung finden. Aus ihr gehen die schon erwähnten Letterngießmaschinen hervor, wovon bereits nahe an 100 gebaut und verbreitet sind; nächstdem haben die neu construirten Zifferndruckmaschinen und die Paginirmaschinen die bedeutendsten Erfolge gehabt, welche bei Herstellung der jetzt so zahlreich producirten mit fortlaufenden Nummern versehenen Geldzeichen, Werthpapieren und Documenten die wesentlichsten Vortheile darbieten.

Als der Stamm aller dieser Geschäftszweige ist die Buchhandlung von F. A. Brockhaus zu betrachten, welche nun über ein halbes Jahrhundert besteht, und den Verlags-, Sortiments- und Commissionsbuchhandel umfaßt.


Wir haben unsere Leser durch die Werkstätten der Officin von F. A. Brockhaus geführt und in der vorstehenden Darstellung ein übersichtliches Bild zu entwerfen versucht, welche Stadien die literarischen Productionen in ihrer technischen Herstellung zu durchlaufen haben; es dürfte aber auch von dem allgemeinsten Interesse sein, noch einen Blick auf die typographische Production des gesammten Königreichs Sachsen zu werfen, um deren Umfang und Resultate in Ziffern darzustellen. Wenn diese Angaben in Folge mangelhaften Materials an Zuverlässigkeit und Genauigkeit auch noch Manches zu wünschen übrig lassen, so dürften sie doch, gestützt auf Ziffern, welche die gemachten Erfahrungen darbieten, im großen Ganzen als ein annähernd richtiger Maßstab gelten.

Nach den Mittheilungen des Dr. Engel in der Zeitschrift des statistischen Bureaus des königl. sächs. Ministerium des Innern waren Anfang 1856 überhaupt 110 Buchdruckereien mit 91 Schnellpressen und 272 Handpressen, 64 Glättpressen und 30 Satinirmaschinen thätig, welche (mit Ausnahme von 2 Leipziger Officinen, von denen die an sie gerichteten Fragebogen nicht beantwortet wurden und die 24 Handpressen und 4 Schnellpressen beschäftigen) außer den Principalen 42 Factore, 583 Schriftsetzer mit 199 Lehrlingen und 258 Buchdrucker mit 60 Lehrlingen, außerdem aber noch 488 Markthelfer und Tagearbeiter beschäftigten. Von diesen 110 Buchdruckereien arbeiten 35 nur mit einer Handpresse, dagegen hat Leipzig in 29 Officinen 66 Schnellpressen und 141 Handpressen und Dresden in 10 Officinen 15 Schnellpressen und 32 Handpressen in Thätigkeit. Die Massenresultate dieser Arbeitskräfte genau zu bestimmen, ist kaum möglich, und die dem statistischen Bureau darüber eingelieferten Angaben bleiben jedenfalls hinter der Wirklichkeit zurück.

Eine einfache Schnellpresse liefert in einer Stunde 1000 Drucke oder 500 auf beiden Seiten bedruckte Bogen, in einem Tage zu 10 Arbeitsstunden also 5000 Bogen oder einen Ballen Papier und in einem Jahre zu 300 Arbeitstagen 1,500,000 Bogen oder 300 Ballen.

Um aber dieses Resultat zu erreichen, müßte die Maschine während dieser Zeit ohne Unterbrechung fortarbeiten und daher ein und dieselbe Satzform drucken. Da dies aber in Wirklichkeit nicht stattfinden kann, so kommen auch ganz andere Resultate zur Erscheinung. Jeder Druckausführung geht eine Operation vorher, welche das Zurichten der Druckform genannt wird und darin besteht, die Druckform so auf das Fundament der Presse niederzulegen und in allen ihren Bestandtheilen zu prüfen, daß die Abdrücke fehlerfrei und sauber hervorgehen. Da nun jede Bogenseite eine Druckform bildet, so muß auch, sobald die bestimmte Anzahl Exemplare der Auflage davon gedruckt ist, eine neue Form zugerichtet werden, und je kleiner die Auflage ist, desto öfter wird diese Operation nöthig, desto mehr Zeit wird die Presse unthätig und desto kleiner das Massenresultat der gewonnenen Drucke sein.

Die Zeit, welche das Zurichten der Form in Anspruch nimmt, ist je nach Beschaffenheit derselben verschieden; je complicirter und kunstvoller der Schriftsatz ist, desto mehr Sorgfalt und Urtheil erfordert die Zurichtung, und der Druck von Illustrationen bietet daher die meisten Schwierigkeiten durch eine wahrhaft künstlerische Zurichtung der Form dar. Wenn wir nun beispielsweise eine Auflage von 2000 Exemplaren annehmen, so wird die Maschine zum Druck einer Bogenseite 2 Stunden nöthig haben und dann wieder so lange stillstehen, bis die neue Form zugerichtet ist, was 11/2 bis 3 Stunden, bei illustrirtem Drucke auch noch länger dauern kann. Anders gestaltet sich freilich das Resultat bei großen Auflagen, vielleicht bei 5 bis 10,000 Exemplaren, denn dann kann die Maschine 5 bis 10 Stunden lang ununterbrochen fortarbeiten, ehe eine neue Zurichtung der Form nöthig wird; indessen werden doch die meisten Druckerzeugnisse nicht in so großen Auflagen gedruckt. Aber auch außerdem treten noch mannichfache Umstände und Hindernisse der fortgesetzten Druckausführung entgegen, sowie die zahlreichen Accidenzarbeiten ungleich mehr Zeit in Anspruch nehmen, so daß sich das Resultat der möglichen Leistung in der Wirklichkeit bedeutend reducirt.

Nach den gemachten Erfahrungen läßt sich nun als Durchschnittsziffer annehmen, daß eine Handpresse in einem Jahre wenigstens 30 Ballen Papier oder 150,000 Bogen auf beiden Seiten bedruckt; die Leistungen einer einfachen Schnellpresse sind denen von 31/2 bis 4 Handpressen gleichzustellen und hiernach läßt sich das Massenresultat der Production ziemlich genau bestimmen.

Unter den 91 Schnellpressen Sachsens befinden sich 4 mit 2 Cylindern, welche das Doppelte liefern, und es würden demnach 95 einfache Schnellpressen und 272 Handpressen in einem Jahre mindestens ein Papierquantum von 18,135 bis 19,560 Ballen, durchschnittlich also 19,000 Ballen bedrucken.

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Verschiedene: Die Gartenlaube (1858). Leipzig: Ernst Keil, 1858, Seite 238. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1858)_238.jpg&oldid=- (Version vom 4.8.2020)