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Verschiedene: Die Gartenlaube (1858)

bis zum Montag früh hatte verweilen müssen. Glücklicher Weise und zufällig hatten in der Nacht vom Sonntag zum Montag zwei der von Dresden angekommenen Kähne in der Finsterniß den Weg bis zu jenem Häuschen eingeschlagen, und die Nacht über daselbst angelegt.

Die in den entfernteren Theilen des überschwemmten Wehrdigts Wohnenden hatten von den Rettungsversuchen anfänglich nicht eben viel bemerkt, und namentlich diejenigen, deren Häuser der gewaltigen Strömung wegen für die bloßen Fähren unzugänglich waren, hatten angefangen, zu zweifeln, ob man überhaupt etwas zu ihrer Rettung thun werde. Manche, durch diesen Zweifel erbittert, hatten ihrem Unmuthe endlich durch heftige Worte Luft gemacht. Ein Solcher, der wahrscheinlich heftiger und lauter, als alle Andern, auf die Mitbürger schimpfte, welche nicht herüberkämen, um zu retten, wurde von seiner Nachbarschaft durch den freundlichen Ruf unterbrochen:

„Holla, Herr Nachbar! Kommen Sie herüber zu mir!“

„Ja, wie kann ich denn durch das Wasser kommen?“ lautete die Antwort.

„Sehen Sie, Herr Nachbar," mußte er sich nun belehren lassen, „die guten Leute da drüben, auf die Sie schimpfen, können noch weit weniger zu Ihnen kommen, als Sie zu mir.“


Rettungsscene in der Neugasse.

Nicht unbeachtet darf auch die Hülfe von außen bleiben. Die Nachbarstädte und selbst ganz entfernte Orte, wie Dresden, Leipzig u. s. w. waren rechtzeitig mit ihrer rettenden Hand in jedem Bezuge da. Kleider und Nahrung und auch Geld ist uns reichlich gespendet worden. Tief aber hat uns die Theilnahme unserer Nachbarstadt Meerane gerührt. Von der ersten Nachricht unserer Heimsuchung durch Wassersnoth an hat daselbst der Edelmuth in permanenter Sitzung Berathungen über Hülfe für uns gepflogen und nicht mit Rath allein, mit That und Erweisungen der Güte in jedem Bezuge ist uns Meerane nahe gewesen in jedem Augenblicke. Die mitleidige Theilnahme daselbst ist so weit gegangen, daß man das Geld, das eine Abtheilung der dortigen Schützengilde, der sogen. „schwarzen Jäger“, zu einem Vergnügen bestimmt hatte, sofort der bedrängten Stadt Glauchau zuzuwenden beschlossen hat.




Blätter und Blüthen.


Mein Name ist Meier. Von wannen bist Du? – Woher stammst Du? – das sind Fragen, die sich gewiß schon Mancher, Namens Meier, vorgelegt hat. Hier die Lösung.

Meier, altdeutsch Mahr, ist gleichbedeutend mit mehr. Den alten Deutschen war also ein Mahr oder Meier ein Mensch, der mehr war wie die andern. (Jetzt kann dies nur von den Geldmeyern gesagt werden.) Es ist dies die älteste deutsche Titulatur der Volksvorsteher, ist älter als: Meister, Richter, König, Herzog, Graf, Vogt. Schon hundert Jahre vor Christi Geburt kommt ein Frido-Mahr (Friedemeier), ein Wer-Mahr (Kriegsmeier) und ein Wul-Mahr (Wahlmeier) vor. Als die Römer nach Deutschland kamen, hängten sie dem deutschen Mahr ein us an; ihre Schriftsteller reden daher von einem Gaumarus, Visumarus, Ligimarus, Bodomarus und diese deutschen Anführer, gewählte Volks- und Kriegsmeier, werden von den Römern bald Könige, bald Fürsten genannt. In spätern Zeiten wurde aus Meier Major gemacht und Majohr gesprochen. Die fränkischen Könige oder besser die fränkischen Ober-Meier ernannten mit Genehmigung des Volks ihre Hausmeier, major domus. Anfangs waren diese Hausmeier nur Aufseher über den königlichen Hof und das Hofgesinde, so wie die geringeren Meier auf den Königshöfen, Hofmarken, Tafelgütern etc. die Aufsicht über die Bauern, Knechte, Mägde und Einkünfte

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Verschiedene: Die Gartenlaube (1858). Leipzig: Ernst Keil, 1858, Seite 507. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1858)_507.jpg&oldid=- (Version vom 15.9.2022)