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Verschiedene: Die Gartenlaube (1858)


Aber die Tage flogen dahin; die Pflicht gebot mir, zu scheiden. Ich sagte es Warde lange vorher und betrauerte jetzt den Abend, an welchem ich sie zuerst gesehen.

„Die Betrübniß ist eingezogen bei uns und der Schmerz ist zwischen uns getreten, mein Bruder, mein Freund, mein Herr,“ sagte sie mir; „doch Du kannst mich ja mit Dir nehmen, o Lust meiner Seele!“

„Nein, Warde, das kann ich nicht!“

„Und warum nicht, Herr?“

„Weil ich nach Ländern ziehe, in denen die Erde Feuer, der Wind eine Flamme ist; in denen die Luft zum Gifthauche und die Sonne zur Qual wird; in denen selbst der Mond ein Feind des Menschen ist. Ich muß und will nach dem Lande der Schwarzen gehen; und Du weißt ja wohl, was das bedeutet. Du duftige Rose aus dem blühenden Garten Deines schönen Landes würdest verwelken in jener Gluth; Du liebliche Gazelle würdest verdursten in dem Feuer der Wüste; Dein Leib würde versiechen unter dem Gifthauche des Windes. Weiß ich doch nicht, ob ich selbst wiederkehren werde aus jenen Ländern, und ich bin ein Mann und gewohnt, Beschwerden zu ertragen!“

„O, Du irrst, Herr,“ erwiderte sie, „Du irrst, wenn Du glaubst, eine solche Reise besser ertragen zu können, als ich. Du bist ein Fremder hier im Lande; Dich haßt nicht blos das Volk der Länder, nach denen Du ziehst, Dich hassen auch dort die Sonne und der Mond, der Wind und die Erde. Dein Haupt wird der Wind beugen, Dein Auge wird die Sonne blenden, Deinen Leib wird ihre Gluth austrocknen, Deine Nacht wird der Mond zur Hölle machen. Ich bin eine Tochter des Landes, welches der Strom durchfließt; soweit seine Quellen reichen, dehnt sich meine Heimath. Diese Sonne glühte in der Stunde meiner Geburt; dieser Mond beleuchtete die erste Nacht meines Lebens. Meine Brust ist geschützt, wie die des persischen Kriegers gegen den Giftpfeil des Windes; Du aber wirst erkranken und verwelken und Niemand wird bei Dir sein und für Dich beten! Oder glaubst Du, daß Deine schwarzen Diener an Deinem Lager warten werden? Wären sie gute Menschen, hätte Allah ihnen nicht ein schwarzes Gesicht gegeben; so schwarz als dieses ist auch ihr Herz. Darum laß mich mit Dir gehen, ich folge Dir bis an’s Ende der Welt. Ich will Dir dienen, wenn Du gesund bist, und Dich pflegen, wenn Du erkranken solltest; ich will Dir Schaselaht singen, wenn Du fröhlich bist, und Dich trösten, wenn Du traurig wirst. Nimm mich mit Dir, Chalil, mein Bruder, mein Freund!“

„Seele meines Lebens, ich kann, ich darf nicht. Es wäre Sünde an Dir und Deinem Leben, Habihbti! Und dann, wie soll ich Dich mit mir nehmen, Warde?“

„Als Dein Weib, Mann!“

„In meinem Lande heirathet man nicht so früh; ich zähle noch zu wenig Jahre, als daß ich Dich meine Frau nennen dürfte; das bedenke, o Gute!“

„So nimm mich mit Dir als Deine Dienerin, als Deine Sclavin; befiehl mir, was ich sein soll, ich werde Dir gehorchen, Herr, ich stehe auf Deinem Eigenthume.“

„Es geht nicht; es ist unmöglich, Warde,“ sagte ich traurig; „es wäre eine Sünde an Dir. Denke an mich, wenn ich in der Fremde bin!“

„O, Du wirst meiner gedenken, wenn das Unglück in Dein Zelt tritt und die Krankheit sich auf Dein Lager legt!“

„Ich werde Deiner immer gedenken, Warde!“

Sie antwortete nichts mehr; sie weinte. – Auch später bat sie mich nicht mehr, sie mit nach dem Sudan zu nehmen; aber wenn ich sie sah, bemerkte ich Thränen in ihren Augen: Himmelsthau auf der Rose! – Endlich mußte ich von ihr scheiden. Der Abschied brachte mir alle Trauer, welche in diesem Worte liegt.

„Allah behüte Dich und Issa (Jesus) sei mit Dir, Du lieber, böser, fremder Mann!“

Das waren die letzten Worte, welche ich von ihr vernahm.

Ich nahm einen arabischen Lehrer an und lernte mit wahrer Hast arabisch, um ihr schreiben zu können. Oft habe ich ihr geschrieben, doch niemals erhielt ich Antwort von ihr. Nach ihr zu fragen, verbot mir die Sitte des Landes. Wen hätte ich auch fragen sollen?

Ob sie wohl noch blühen mag, diese Rose? Ich weiß es nicht; das aber weiß ich, daß sie mir heute noch blüht, wenn mich der Wohlduft einer Rose anweht; und ich liebe darum diese Blume über Alles. Die Blume der Heimath war keine Rose – aber scharfe, giftig scharfe Dornen hatte sie wohl. Sie ist mir bald und vollkommen verblüht.

Die vorliegenden Zeilen beanspruchen nur Eins: die Würdigung der vollsten Wahrheit, welche sie enthalten. So weit ich es vermochte, habe ich arabische Worte treu in deutsche übersetzt.

A. B....


Allgemeiner Briefkasten.

Postämter in B., Dr., Berl., Döbeln, Oschatz, Risa, Wurzen. Unglücksfälle aller Art verhinderten in den letzten Wochen die regelmäßige Ausgabe der Nummern zum Freitag. Es ist Vorkehrung getroffen, daß dergleichen Unregelmäßigkeiten nicht wiederkehren.

B. Th. Das Gedicht kann nicht aufgenommen werden.

A. Tr. Der Artikel, in seinen Einzelheiten ganz interessant, ist so formlos und lüderlich gearbeitet, daß er beim besten Willen keine Aufnahme finden kann. Sie schildern polnische Wirthschaft in polnisch-lüderlicher Weise.

F. M. in Brünn. Bedauern, keinen Gebrauch von Ihrer Offerte machen zu können.




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Monatsschrift für Politik und Literatur.
Herausgegeben

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Inhalt:

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1. Heft. October.

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2. Heft. November.

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Die „Stimmen der Zeit“ erscheinen in monatlichen Heften von 7 bis 8 Bogen und kosten vierteljährlich 2 Thaler.

Gotha.

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Verschiedene: Die Gartenlaube (1858). Leipzig: Ernst Keil, 1858, Seite 696. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1858)_696.jpg&oldid=- (Version vom 5.6.2018)