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Verschiedene: Die Gartenlaube (1858)


Die Locomotive „Adler“, welche auf der ersten deutschen Eisenbahn benutzt werden sollte, hatte Stephenson rechtzeitig abgeliefert, und außerdem einen tüchtigen Mechaniker dem Comité zur Beifügung gestellt, dem nicht nur das Zusammenfügen des Dampfwagens, sondern auch dessen künftige Führung anvertraut werden sollte.

Im December 1835, also nach Verlauf von kaum 9 Monaten, war der Bau der Eisenbahn glücklich vollendet. In Denis hatte man während dieser Zeit einen trefflichen Baumeister kennen gelernt, das Werk, das er geschaffen, lieferte schon damals den besten Beweis seiner ausgezeichneten Fähigkeiten und Kenntnisse, die sich dann auch in spätern Jahren, bei vielen Gelegenheiten trefflich bewährt haben. Mit Stolz konnten die Actionaire jetzt auf ihr Unternehmen blicken, das sie durch Widmung eines namhaften Capitals ermöglicht hatten. Es lag dieser Eisenbahn keine speculative Gewinnsucht von Seiten der Betheiligten zu Grunde, sie war vielmehr aus gemeinnützigen und patriotischen Gesinnungen entstanden. Scharrer hatte gemeinsam mit Platner seit Beginn des Unternehmens, für das er durch Wort und Schrift unermüdlich wirkte, viel Mühen und Beschwerden ertragen, so daß oft eine große Willenskraft und Unverdrossenheit nöthig war, um bei den mannichfachen Chicanen und Calamitäten das wahre Ziel nicht aus den Augen zu verlieren. Nun war es aber glücklich erreicht, denn das schöne Unternehmen, wozu nur Privatleute den Impuls gegeben hatten, war trotz aller Hindernisse vollendet und gewährte die Genugtuung, daß durch den Schienenweg die beiden Schwesterstädte Nürnberg und Fürth einander bedeutend näher gerückt waren. Nicht nur Handel und Verkehr derselben mußte durch die Eisenbahn wesentlich gewinnen, sondern mit ihr war auch gleichsam ein neues Glied in der Kette des geselligen Lebens, ein wohlfeiles Mittel des Vergnügens und der Erholung entstanden.

Der 7. Dec. 1835 war zur Eröffnungsfeierlichkeit festgesetzt worden. Ein Kanonenschuß gab um 8 Uhr Morgens das Zeichen zum Beginn der Dampfwagenfahrt, und dahin brauste der reich mit Fahnen geschmückte Bahnzug, überall von dem Jubel der staunenden Menge begrüßt. Die Begeisterung der zahllosen Menschenmasse wollte nicht enden, als die Locomotive „Adler“ gleich der Windsbraut dahin flog, und in wenig Minuten dem Blick entschwunden war. Die Zuschauer waren gleichsam von Erstaunen hingerissen über die Wirkung der in einen kleinen Raum eingeschlossenen Riesenkraft eines Elementes, dessen Benutzung die ungeheueren Fortschritte des menschlichen Erfindungsgeistes tatsächlich darstellte.

Die Aussichten, welche sich für die Actionaire darboten, gestalteten sich täglich günstiger und erfreulicher. Wiewohl die anfangs auf 132,000 Gulden veranschlagten Kosten der Bahn sich bis auf 177,000 Gulden gesteigert hatten, so lieferte doch schon das zweite Jahr des Bestehens einen Reinertrag von 34,000 Gulden. Jetzt, wo Zahlen und Thatsachen für das Unternehmen sprachen, und die Eisenbahn eine so bedeutende Rente abwarf, schwiegen die Widersacher, welche früher behauptet hatten, die wohlüberlegten Pläne Scharrer’s und seiner Freunde grenzten an Tollkühnheit. Mancher jener Zweifler mochte sich nun ärgern, daß ihn seine Bedenklichkeit vom Ankauf der Actien abgehalten hatte, und ihm dadurch ein schöner materieller Gewinn entgangen war.

Das Directorium hatte auf solide Erhaltung der in vortrefflichem Zustand befindlichen Bahn- und der Transportmittel in jeder Hinsicht Bedacht genommen, war aber zugleich mit der größten Sparsamkeit zu Werke gegangen. Die ganze Einrichtung paßte zusammen, das heißt, sie erfüllte das Bedürfniß. Treten wir noch heute hinein, so finden wir, daß sich die verschiedenen Gebäulichkeiten durchaus nicht über das Niveau des Gewöhnlichen erheben.

Man hat Scharrer’s große Verdienste um Gründung der ersten Eisenbahn in Deutschland gebührend gewürdigt, indem man ihm nach seinem Tode, im Jahr 1844, auf einem von grünen Büschen umgebenen Platz des Bahnhofes ein in Erz gegossenes Denkmal errichtete. Nicht allein auf dieser Stätte, wo uns noch jetzt seine treu wiedergegebenen Züge anschauen, leistete er während einer Reihe von Jahren als Director der Eisenbahn Vortreffliches, sondern in Nürnberg überhaupt treten uns noch so zahlreiche Zeugen seiner vielseitigen Wirksamkeit entgegen, daß er sich selbst in ihnen das schönste Denkmal gesetzt hat. Eine Schilderung dieser seiner echt bürgerlichen Thätigkeit behalten wir uns für einen andern Artikel vor.




Ekliches am Menschen.
(Fortsetzung und Schluß.)

Durch der Sinne Pforten zieht der Geist in unsern Körper (und zwar in das Gehirn) ein. Darum sind auch diese Pforten, diese Zubringer der geistigen Nahrung, mit der größten Sorgfalt zu behandeln, vorzugsweise der Gesichts- und Gehörsinn. Doch dürfen auch Nase und Mund, wenn sie auch weniger wichtig als Auge und Ohr, nicht geschändet werden, da sie mehr noch wie jene für das Menschliche charakteristisch sind.

Wie sogar eine gesunde Nase, wenn sie häßlich geformt oder widernatürlich colorirt ist, auch ein sonst hübsches Gesicht unhübsch machen kann, ist bekannt. Nichts entstellt ferner das menschliche Antlitz mehr und ist abstoßender, als Verlust und grobe Verunstaltung der Nase, und nichts fällt mehr in die Augen, als Ungehörigkeiten gerade an der Nase. Schon aus den Nasenlöchern hervorwuchernde Haare, zumal wenn ihnen, was so leicht geschehen kann, getrockneter Nasenschleim anklebt, machen einen widerwärtigen Eindruck, und wenn sie gar, wie bei Schnupfern der Sitz von Schnupftabak und braunen Tabakstropfen werden, dann gibt das einen sehr eklichen Anblick. – Wegen der vielen Talgdrüsen in ihrem Hautüberzuge wird die Nase, besonders an den Flügeln, und zwar in Folge der Talgverhaltung innerhalb der Bälge oder Ausführungsgänge der Drüschen, sehr häufig der Sitz von Ausschlägen, Mitessern, Finnen, Blüthchen und Flechten. Um nun seine Nase vor solchen, die Nase durchaus nicht verschönernden schwarzen Punkten, rothen Knötchen, weißen Eiterbläschen und nässenden Geschwürchen, die nicht selten blatterähnliche Narben hinterlassen, sowie vor harten braunrothen Knoten zu bewahren, muß man aus den Talgdrüsen den Talg öfters auf mechanische Weise herausbefördern und zwar durch derbes Ueberstreichen der Nasenhaut mit einer starken Nadel oder einem Messerrücken. Die Mitesser entferne man durch Ausdrücken zwischen zwei Daumennägeln, oder mittels eines Uhrschlüssels, oder durch Aufsetzen eines trockenen Schröpfkopfes. Zur Vorbereitung, d. h. zur Lockerung der Talgpfröpfe können angewendet werden: warme Breiumschläge, örtliche Dampfbäder, oder Auflegen (über Nacht) eines Breies aus Sauerteig, Mehl und Honig. Entzündete und eiternde Hautstellen bestreiche man fleißig und dick mit frischem Rindstalge (s. Gartenl. 1858. Nr. 44.). – Die Kupfer- oder Burgundernase ist eine harte knotige Schwellung von kupfrig glänzender, bläulicher Röthe an der Spitze und zu beiden Seiten der Nase, hervorgerufen durch Erweiterung und Blutüberfüllung der kleinen Hautblutadern, sowie durch Ausschwitzung in und um die großen Talgdrüsen. Dieses langwierige und schwer heilbare Uebel besteht bisweilen ohne alle Beschwerden, erzeugt aber auch manchmal ein Gefühl von Spannen und Brennen. Bei dem höchsten Grade nimmt die Nasenspitze einen monströsen Umfang ein, wobei sich Höcker auf Höcker aufthürmen und die Haut immer dicker, runzliger und dunkelblauer wird. Die Burgundernase ist oft die Folge einer schwelgerischen Lebensweise, namentlich des Genusses schwerer Weine (Burgunders) oder überhaupt starker Spirituosa, besonders bei sitzender Lebensart. Doch kommt sie auch ohne das bei Ausschweifenden beider Geschlechter und bei Frauen in den späteren Lebensjahren vor. Um Heilung dieses Uebels zu erzielen, muß man so zeitig als möglich dazu thun, da höhere Grade desselben gar nicht heilbar sind. Deshalb vermeide man schon beim Beginn der Röthung der Nase Alles, was Blutandrang nach dem Gesichte machen kann, wie: starke Hitze und Kälte, Spirituosa, aufregende Gemüthsaffectionen und überhaupt Erhitzungen aller Art. Oertlich salbe man tüchtig und fleißig frischen Rindstalg ein. – Schließlich darf nicht unerwähnt bleiben, daß das Schnäuzen und Ausputzen der Nase von Manchen viel zu auffallend und ungeschickt vorgenommen wird, so daß diese Reinigung mit ihren Folgen ziemlich eklich wird, zumal bei Schnauzbärtigen. Auch überwache

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Verschiedene: Die Gartenlaube (1858). Leipzig: Ernst Keil, 1858, Seite 719. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1858)_719.jpg&oldid=- (Version vom 13.12.2020)