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Verschiedene: Die Gartenlaube (1859)

Dieses im Allgemeinen noch immer nicht ganz gewürdigte Meistergebilde ist von einem Deutschen, und noch dazu von einem „Gothaer“, aus Tyroler Marmor gefertigt. Die Gothaer sind also zum Aushauen vortrefflich! Der selige Gothaer hieß Jos. Wilh. Bayer, war 1729 geboren und starb als hochbetagter Greis im nahen Hietzing. Von ihm sind alle Statuen des Gartens entworfen und modellirt, er erhielt einen für die damalige Zeit hohen Preis, 2000 fl. per Kopf; für diesen, das Meisterwerk unter allen, wäre ein Schloß nicht zu viel!

Und nun fort von der verführerischen Gestalt, die das marmorene Räthsel aller Reize der Umgebung zu sein scheint, und begeben wir uns zur nahen römischen Ruine, die, künstlich erbaut, einer wirklichen täuschend ähnlich sieht. Von hier aus ist uns ein Blick auf den mächtig ragenden Obelisk gegönnt, den vier goldene Schildkröten tragen und unsere Phantasie von Rom nach den Ufern des Nils zu versetzen suchen. Wir wollen aber nicht den Ibis hören und die Fledermäuse, die aus den Pyramiden schwirren, sondern den tausend heimischen Sängerkehlen lauschen, die da rings ihre Heimath gefunden und deren laubumschattete Nester, vor Frevlerhand streng geschützt, die Missionäre für Liebe und Freude und Bewunderung jährlich neu aussenden! – Doch horch – welche gewaltige Stimme donnert in diese Ruhe und Melodieen hinein? Es ist die Stimme des Königs der Wüste, der von der entgegengesetzten Seite zornig brüllt, daß wir seiner Größe noch nicht huldigend genaht. In der Häuser-Rotunde, rechts vom Mittelplane, wohnt er, ein gefangener König, und wenn wir eilen, sehen wir vielleicht, wie eben der Wärter ihm ein Stück Fleisch hinwirft und er gierig frißt, gerade wie der König von Audh! Die Rotunde der Menagerie mit allen möglichen Ungeheuern Asien’s, Afrika’s und Amerika’s, dem ewigen betäubenden Gekreische der Papageien im Mittelpavillon, ist allein ein reichhaltiges unerschöpfliches Genrebild. Hier hausen die Mägde mit unzählbaren Kindern, hier sieht man die komischsten Bauern mit glotzenden Augen, die Gesellen und Soldaten aus allen möglichen Nationalitäten und mit welchen Gesichtern! Ein einziger Fang mit dem photographischen Apparate vor dem Affenhause ließe die gesammte Münchner Schönheiten-Gallerie weit hinter sich! Der Elephant beschäftigt sich Sonntags mit nichts als mit Semmel- und Kuchenfressen. Er verdaut mehr wohlthätige Spenden, als sich anderswo mit großer Mühe während einer Woche auftreiben ließen. Die Land- und Wasserbären sind die ersten Freunde und Bekanntschaften des sonst ganz fremden Handwerksburschen, die Lehrjungen entwickeln besonders eine rührende Neigung zu ihnen, und was die dreisten Fischlein draußen mit ihren verlangend gestreckten Köpfen und glotzenden Augen übrig gelassen, wird hier lucullisch gespendet. Die Naturgeschichte erhält hier im Allgemeinen vor den Käfigen und gesprächsweise Bereicherungen, vor denen Buffon, Raff und selbst die Gebrüder Schlagintweit schaudern würden!

Auf welchem Punkte der Fuß in diesem Garten ruhen mag, immer öffnen sich zahlreiche Wege und Sichten in die Ferne. Der Elegant sitzt auf den kühlen Bänken, neben der schüchternen Schönheit vom Lande, der alte Herr mit der Dose neben der reizenden Dame der Saison. Hier wandeln alle Uniformen, die gemeinen truppweise; hier führen „Bädecker“, französische, englische, italienische Reisebücher ihre Eigenthümer mit in die Luft gestreckten Nasen kreuz und quer; hier hört man bei dem polyglotten Zustande des Reiches alle Sprachen, und die Töne aus der Menagerie sind darunter immer noch nicht die unmelodischsten.

Bis der Abend hereinbricht, strömt die Menge aus und ein; endlich, wenn das Dunkel beginnt und das Gloriett in der Abendsonne flammt, wie ein Phönix, der sich in Gluthen taucht, wenn die Teiche, das Schloß und der Garten mit Perlenmutterschimmer übergossen sind, sagt der glänzende Gensd’arm an der Freitreppe denen, die hinein wollen: „ich bitte, es wird bald gesperrt!“ dann ertönt in Zwischenräumen drei Mal die weithinschallende Glocke – furchtbar lange Schatten streichen über den gelben Sand, die Ausgänge füllen sich, der große Hof und die Wege nach den Flügeln wimmeln, und fast in allen Besuchern ist eine Empfindung rege: Hunger!

So sehr Ansichten und Zwecke hier auch auseinander laufen mögen, darin sind alle Wiener zu allen verschiedenen Tageszeiten einig: der Weg durch Schönbrunn und die Luft daselbst „zehrt!“ Damit nun die Luft diesen Beruf nicht allein übe, verfügen sie sich regelmäßig zu den zahlreichen Wirthsgärten der Umgebung – hier baut nun jeder sein eigenes Schloß in die Luft!

August Silberstein.




Blätter und Blüthen.

Das sicherste Schutzmittel gegen die Entzündung feiner Gewebe und anderer leicht feuerfangender Gegenstände. Nicht selten lesen oder hören wir von großen Bränden oder Unglücksfällen an Menschen, welche dadurch veranlaßt worden sind, daß ein brennender Körper, oft nur in sehr geringer Menge, mit leicht feuerfangenden Gegenständen in Berührung kam, die dadurch in Brand versetzt wurden und, wie z. B. Gardinen, Coulissen u. dgl., die Entzündung auf andere minder leicht brennbare Körper überführten, oder daß die Flamme die leicht feuerfangenden feinen Gewebe der Kleidungsstücke, besonders der Damen, ergriff, und daß dann die fast augenblicklich die ganze leichte Oberhülle erfassende Entzündung auf die Unterkleider übergeführt wurde und – wenn nicht den früheren oder späteren Tod – doch bedeutende und verunstaltende Körperverletzungen veranlaßte. Diese – wie wir unten lesen werden – leicht zu verhindernden Gefährdungen des menschlichen Lebens oder Körpers haben gewöhnlich eine derartige Besinnungslosigkeit der Betroffenen und nicht selten auch der umgebenden Persönlichkeiten zur Folge, daß selbst sichere Hülfsmittel und sonstige Verhaltungsmaßregeln unbeachtet gelassen werden.

Die Zahl derartiger Unglücksfälle hat sich vermehrt, seitdem man leicht entzündliche flüchtige Oele, wie Terpentinöl, oder ölartige Körper, wie Camphin, Gasäther, Photogen, Mineralöl, Hydrocarburet u. dgl. zur Erzeugung einer brillanten Lichtflamme, Weingeist als reinliches, schnellwirkendes Heizmaterial, besonders aber in einem so bedeutenden Umfange und leider oft mit einer unverzeihlichen Nachlässigkeit behandelte Streichzündhölzer zum Anmachen von Feuer benutzt. Besonders ist es das weibliche Geschlecht, welches in Folge seiner feingewebten, oft ganz luftigen und deshalb um so eher feuerfangenden Kleidungsstücke von derartigen Unglücksfällen betroffen wird, weshalb wir fast lediglich zur Sicherstellung der Damenwelt gegen das Ergriffenwerden ihrer Kleidungsstücke vom Feuer und dadurch veranlaßte Körperverletzungen oder Lebensgefährdungen auf das geeignetste Schutzmittel durch diesen Aufsatz hinweisen, aber auch im Interesse der Allgemeinheit wünschen wollen, daß die gegebenen Andeutungen die Beachtung eines jeden sorgsamen Hausvaters und eines jeden Menschenfreundes finden möge. Wir wählen zur Veröffentlichung des Aufsatzes dieses Blatt, welches in den weitesten Kreisen und durch alle Stände gelesen wird, wodurch eben seine Gemeinnützigkeit als einzig dasteht.

Lange bevor durch die Wissenschaft das eigentliche Wesen der Flamme und aller Verbrennungsvorgänge erforscht worden war, hatte die Erfahrung gelehrt, daß das Brennen entzündbarer Körper durch Bedecken derselben mit anderen sehr gemäßigt oder gänzlich unterbrochen werde, und wir bedienen uns noch heute derartiger Mittel, um brennende Gegenstände zu löschen; wir benutzen bei kleineren Bränden Sand, Erde, ja selbst brennbare Körper, wie Kleidungsstücke, Lumpen u. dgl., was eben zur Hand ist, bei größeren das Wasser, das dabei in doppelter Weise, nämlich deckend und die Temperatur erniedrigend, wirkt. Wir brauchen daher hier nur anzudeuten, daß Personen, deren Kleidungsstücke in Brand gerathen sind, bei Mangel an Wasser dadurch gegen die weitergreifende Entzündung der Kleidungsstücke und das Leben bedrohende Brandwunden zu schützen sind, daß man sie an den Boden legt und möglichst schnell mit den zur Hand befindlichen dichteren Kleidungsstücken, Teppichen u. dgl., bei Ermangelung derselben mit Sand, Erde, Gras, selbst, aber in ausreichender Menge, mir Heu vollständig bedeckt. Wir dürfen aber auch nicht unterlassen, darauf hinzuweisen, daß die betroffene Person im ersten Moment des Brandes keine rasche, laufende Bewegung mache, weil dadurch der Brand verstärkt und um so leichter auf minder brennbare Körper übergeführt wird.

Nachdem durch die Naturforscher das eigentliche Wesen der Verbrennungsvorgänge ermittelt und darin erkannt worden war, daß es unter gleichzeitiger Einwirkung einer erhöhten Temperatur durch den Zutritt eines Bestandtheiles der atmosphärischen Luft, des Sauerstoffgases, zu dem brennbaren Körper stattfinde, so war leicht die Erklärung für die Wirkung der allbekannten Feuerlöschungsmittel gegeben. Bald erforschte man auch die Mittel und Wege, das flammende oder glühende Verbrennen entzündbarer Körper unmöglich, d. h. sie relativ unverbrennlich zu machen, wenn sie auch dadurch nicht gegen die Verkohlung geschützt werden, im Fall sie sich zwischen brennenden Körpern selbst befinden. Man tränkte oder überzog die brennbaren Körper mit gewissen salzigen Stoffen, die selbst nicht von brennbarer oder einer das Verbrennen befördernden Beschaffenheit und mit der Eigenschaft begabt sind, bei einem gewissen Grade von Wärme entweder zu schmelzen oder aufzublähen und in diesem Zustande den brennbaren Körper so zu bedecken, daß der Zutritt der atmosphärischen Luft verhindert wird, womit die Bedingung zur Verbrennung beseitigt ist, wenn auch in Folge der hohen Gluth eine Verkohlung stattfinden muß.

Obgleich nun die in dieser Weise forschenden Chemiker ihre Beobachtungen veröffentlicht und zur Benutzung empfohlen haben, so fanden im Allgemeinen die gemachten Erfahrungen in den weiteren Kreisen keine sonderliche Beachtung, – vielleicht weil sie zum großen Theile von deutschen Chemikern ausgingen. Wir dürfen in dieser Beziehung nur an das von Fuchs in München entdeckte und zur Sicherstellung des Holzwerkes und anderer feuerfangender Gegenstände an und in Gebäuden gegen die flammende Verbrennung vorgeschlagene Wasserglas erinnern, das zwar an einzelnen Orten zu dem empfohlenen Zwecke verwendet wurde, aber erst um ein Lebensalter später, und zwar von Frankreich aus, in seiner wahren Bedeutung anerkannt wurde und nun auch in Deutschland mehr Beachtung fand, wobei wir auf einen Aufsatz im Jahrg. 1857 d. Bl. verweisen wollen.

Wenn nun auch die sogen. Feuerschutzmittel in der neuesten Zeit eine größere Anwendung bei Holzwerk u. dgl. finden, so ist doch ihre Benutzung für die Sicherung der Kleidungsstücke und dadurch mittelbar gegen die Beschädigung

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Verschiedene: Die Gartenlaube (1859). Leipzig: Ernst Keil, 1859, Seite 31. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1859)_031.jpg&oldid=- (Version vom 11.1.2023)