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Verschiedene: Die Gartenlaube (1859)

Gallerie führt und das nicht ohne Absicht durch einen reichen architektonischen Schmuck hervorgehoben scheint. Mit Wohlgefallen blickt man dahin und sieht in diesem reich umrahmten Bilde Vorübergehende und im Geiste schon sich selbst vorüberziehen. – Weiter schreitend auf soliden, breiten Stufen von Granit, die durch eine steinere Brustwehr gefaßt sind, erhebt man sich auf dieser schmucken Treppe zu dem oberen Geschosse nach einem breiten Podeste hin und gelangt so zu dem Portale des Empfangsaales, das, geöffnet, durch seine breite Pforte einen freien Blick in die Länge des Gebäudes gewährt. – Wenn Treppen im gewöhnlichen Dienste des Lebens nur zur Vermittelung dienen, um zu einem weiteren Geschosse sich zu erheben, so ist hier der dieselbe umgebende Raum zugleich ein Palladium des Hauses geworden. Durch eine reiche Pilasterstellung nämlich sieht man die Wände des oberen Geschosses in Flächen abgetheilt, wovon bereits eine, zunächst die, welche dem Zutretenden zuerst entgegensteht, das Reliefbild Schletter’s in würdiger Weise eingerahmt enthält. Man erkennt hier recht, was der Künstler wollte, und sieht im Geiste schon die würdigen Männer folgen.

Entsprechend dem im Parterre liegenden Vestibule, nur in erweitertem und mächtig erhöhtem Raume, empfängt uns hier oben


Das neue Museum in Leipzig.


abermals ein Octogon, mit einer Kuppel und einfallendem Lichte umschlossen. Dieser Raum, durch seine Verhältnisse besonders wirkungsvoll, ist vollständig dazu gemacht, dereinst Perlen der Kunst an seinen wohlbeleuchteten Wänden zu tragen. Graue Granitflächen mit Emblemen in der Mitte bilden die Decoration der Seitenwände, während in den acht Feldern der Kuppel in großen Medaillons acht Darstellungen aus der Mythe von Amor und Psyche zum Ausdruck gebracht sind. Dieselben wirken als helle Zeichnungen auf Goldgrund und geben in gesteigertem Maße die Lichtpunkte ab zu den sie umgebenden musivisch gehaltenen Ornamenten.

Von dem Kuppelsaale kommt man, die Richtung des Einganges verfolgend, in den Vorraum des westlichen Saales, der durch einen dreibogigen Porticus mit demselben verbunden ist. Dieser Saal wird durch drei große Fenster an der gegenüberliegenden Seite beleuchtet und ist durch eine reiche ebene Decke mit Consolenfries sehr wirkungsvoll hervorgehoben. – Dieser Raum enthält die Hauptschätze, soweit das Museum im Besitz von solchen ist, aus der altdeutschen und altitalienischen Schule. Er dient zugleich als Verbindung, um nach den südlichen Sälen und den Cabineten zu gelangen. Durch die dreifache Verbindung, die der Saal hat, und besonders durch die mit dem Porticus vermittelte nach dem Kuppelsaale, gewährt er ein reizendes Bild, in welchem der Beschauer als wohlthätige Staffage mitwirkt; begibt man sich nach der mittleren Fensternische und blickt von da durch den Porticus und den Kuppelsaal nach dem Eingange zurück in das Treppenhaus, so empfängt man eine reizende Perspective, die durch die beständige Abwechselung von Ab- und Zutretenden und durch die verschieden beleuchteten Räume von nachhaltiger Wirkung ist. – Die Stimmung des Westsaales zu erhöhen, dienen einzelne kleine plastische Werke, die man zum Theil auf einem in der Mitte des Saales stehenden Tische, theils auf den Brüstungen, die der Porticus bietet, angebracht hat.

Es ist gewiß, daß es in dem Charakter eines Museums liegt, daß Plastik und Malerei nicht zu strenge geschieden sind, daß sie sich vielmehr von Zeit zu Zeit begegnen und ergänzen.

An diesen Saal schließen sich längs der südlichen Fronte drei Säle an, von denen die Endsäle eine quadratische Grundform, der mittlere ein längeres Oblongum (längliches Viereck) bilden.

Eine anpassende Höhe, so daß die Bilder dem Auge nie zu fern sind, das einfallende Licht, das aus einer gewölbten Decke zutritt, sowie ihr Zusammenhang und ihre einheitliche Decoration gibt diesen Sälen einen, wenn auch in kleinerem Maßstabe, dennoch großartigen und einheitlichen Ausdruck. Die Wände derselben sind roth, und an den gewölbten Decken wirken musivisch gemalte Ornamente abwechselnd mit verschiedenen Emblemen, deren Darstellungen in den Ecksälen auf die reale und ideale Kunstrichtung, in dem Langsaale auf die Ausübung und die Sammlung von Kunstwerken sich beziehen.

Der Künstler hat es wohl verstanden, die Bestimmung seiner Räume stets im Auge zu behalten und sowohl durch seine Ornamentik geeignete Gedanken zu erwecken, als auch durch günstige Farbenstimmung die Wirkung der Bilder zu erhöhen.

An der Südseite des Mittelsaales schließt sich eine Loggia an, welche durch drei große Fenster einen Blick nach außen und zwar auf die neue Promenade gewährt. Diese Loggia ist durch eine heitere Malerei geschmückt und gewährt eine freundliche Interpunction, indem sie eine Verbindung der Wirklichkeit des Lebens mit der Ideenwelt der Kunst erzielt.

Von dem Endsaale tritt man zur östlichen Loggia, die gleichsam die Brücke zu den Cabineten bildet. In diesem Raume gelangt man zu jenem Fenster, dem man schon früher beim Antritte der Treppe seinen Blick zugewendet hatte, und man erfreut sich abermals einer schönen Perspective, die uns hier durch die Längenachse

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Verschiedene: Die Gartenlaube (1859). Leipzig: Ernst Keil, 1859, Seite 144. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1859)_144.jpg&oldid=- (Version vom 8.3.2023)