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Verschiedene: Die Gartenlaube (1859)

Zusammenwirken, sich auch auf der See Macht zu erringen. Der Bund der Hansa war es, der sich eigene Flotten schuf, blutige Schlachten zur See schlug, ruhmvolle Siege erkämpfte und die hansische Flagge zu Ehren brachte. Ein deutsches Reichsbanner kannte man damals nicht auf den Meeren, die Flagge der Hansa aber war geachtet und gefürchtet, wo immer sie sich zeigte. Sie machte sich geltend auf allen damals der Schifffahrt eröffneten Meeren, und unter dem Schutze derselben gründeten die alten Hansen jene wichtigen Factoreien oder Comptoire, die ihnen einen großen Theil des europäischen Nordens zinsbar machten, und von denen noch einige wenige Ueberreste sich selbst bis auf unsere Tage erhalten haben. Freilich war es nicht eigentlich das Bedürfniß, nationalen Ruhm sich zu erringen, das die Hansen zu so kühnen Unternehmungen anfeuerte. Der Patriotismus, wie wir diesen Begriff jetzt fassen, gab den Hansen nicht den Impuls zur Ausrüstung ihrer Flotten. Sie bemannten und bewehrten ihre Schiffe nur, um ihre Handelsfahrzeuge zu schützen, und namentlich, um den Häringsfang an den Küsten Schoonens mit aller Ruhe und Bequemlichkeit betreiben zu können.

Der Leuchtthurm an der Wesermündung.

Später hörte man wenig mehr von Kriegsschiffen der Hansestädte, und wie wenig das Reich darauf Ansprüche machte, die Herrschaft, welche es auf dem Lande ausübte, auch auf die See auszudehnen, ist leider nur allzu bekannt. An die Nothwendigkeit eines Schutzes auf dem Meere dachte man im deutschen Binnenlande ernstlich wohl erst im Jahre 1848. Es soll hier nicht die Rede sein von dem Versuch, eine deutsche Flotte zu schaffen. So schön der Gedanke war, eine solche Schöpfung in’s Leben zu rufen, und so rüstig man in den Jahren 1848 und 1849 daran arbeitete, das in der That patriotische Beginnen auch zu fördern: der Versuch selbst wurde unter zu ungünstigen politischen Verhältnissen gemacht, als daß er hätte gelingen können. Ist nun aber auch der letzte Kiel jener schnell bemannten und mit zum Theil trefflichen Geschützen ausgerüsteten deutschen Kriegsschiffe längst schon wieder an den Meistbietenden verkauft worden, zu der Einsicht ist man doch auch in den Cabineten deutscher Fürsten seitdem gekommen, daß es hoch nöthig sei, endlich einmal daran zu denken, Deutschland auch zur See wehrhaft zu machen.

Die Verhältnisse, selbst die Küstenstrecken deutscher Bundesländer sind diesem Unternehmen keineswegs sehr günstig, allein hat man, wie es scheint, den ernsten Willen, auch durch die größten Hindernisse sich an der Ausführung des einmal gefaßten Entschlusses nicht irre machen zu lassen, so wird unermüdeter Ausdauer dies patriotische Unternehmen auch gelingen. Die Krone Preußen strebt mit dankenswerther Anerkennung diesem Ziele entgegen. Die Erwerbung des Jahdebusens zwischen Ems und Weser, und die Vorkehrungen, welche die preußische Regierung an jener flachen Küstengegend trifft, um einen Hafen für Kriegsschiffe daselbst zu schaffen, legen Zeugniß davon ab. Im Ganzen aber geschieht – dies sprechen wir unumwunden aus – noch viel zu wenig, um alsbald die noch so junge preußische Kriegsmarine auf einen achtunggebietenden Stand zu bringen.

Es ist zu bedauern, daß man nicht längst schon darauf verfallen ist, die drei freien Städte Bremen, Hamburg und Lübeck, welche ein Contingent an Truppen für den Bund stellen, das kaum in Betracht kommen kann, dieser ihrer

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Verschiedene: Die Gartenlaube (1859). Leipzig: Ernst Keil, 1859, Seite 229. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1859)_229.jpg&oldid=- (Version vom 11.5.2019)