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Verschiedene: Die Gartenlaube (1859)

Kaiserin erziehen zu lassen. Nach seiner Rückkehr im September rief ihn der Telegraph nach Fontainebleau, wo ihn Napoleon dem König von Baiern vorstellte. Bald darauf finden wir ihn in Baden-Baden in vertrautem Umgange mit dem Könige von Würtemberg und anderen hohen Personen. Nachher riefen ihn die Geister nach Rom, wo er sofort einem Freunde begegnete, dem die Geister gesagt, daß er käme, und er ihn in eine hohe, adelige russische Familie einführen solle, die des Grafen Kuscheleff. Nach drei Wochen heirathete er dessen Schwester. Die Heiraths-Ceremonie fand am 1. August vorigen Jahres in Petersburg statt. Der Kaiser ließ sich dabei durch zwei Adjutanten vertreten und dem Mr. Hume einen Diamantring verehren. Alexander Dumas, der famose Schriftsteller, war von dem Grafen expreß zur Hochzeit nach Petersburg citirt worden, um bei der Hochzeit als Stallmeister zu fungiren.

Mr. Hume hatte bei der Hochzeit versprochen, daß er blos seiner schönen Frau leben und den Umgang mit Geisten aufgeben wolle. Sonach war, wie in einem Romane, mit der Hochzeit Alles zu Ende. Wir haben aber bereits erfahren, daß der Mann der Geister auf dringenden Wunsch der russischen Kaiserfamilie wieder Tische und Geister beunruhigt habe. Somit wäre seine Laufbahn noch nicht beendet. Jedenfalls hat die Welt noch eine Verpflichtung gegen ihn zu erfüllen und, wenn sie kann, zu ermitteln, ob Hume zu den Cagliostro’s oder Bosco’s zu rechnen sei, oder mit ihm eine neue Species der Wundermänner beginne.




Blätter und Blüthen.

Der kamtschatkische Hund. Das schätzbarste Hausthier auf Kamtschatka ist unstreitig der Hund, der für den dauerhaftesten und geschwindesten in ganz Sibirien gehalten wird. Er hat Aehnlichkeit mit dem Wolfshund unserer Schäfer, und ist mit langem, dichtem, gewöhnlich rothfahlem oder gelblichweißem Haare bedeckt. Die kurzen, aufrechtstehenden Ohren geben ihm ein munteres Aussehen. Er ernährt sich von lauter Fischen; vom Frühling bis in den späten Herbst bekümmert man sich nicht im Geringsten um ihn, sondern er geht überall frei herum und lauert den ganzen Tag an den Flüssen auf Fische, die er sehr behende zu fangen weiß. Wenn er Fische genug hat, so frißt er, wie der Bär, nur allein die Köpfe. Im October sammelt Jeder seine Hunde, bindet sie an den Pfeilern der Balaganen an, und läßt sie weidlich hungern, damit sie sich von dem Fett entledigen, zum Laufen fertiger und nicht engbrüstig werden mögen; und alsdann geht mit dem ersten Schnee ihre Noth an, so daß man sie Tag und Nacht durch ein gräßliches Geheul ihr Elend beklagen hört. Es ist dieses die Straßenmusik Petropawlowsks. Ihre Winterkost besteht aus stinkenden oder verschimmelten, an der Luft getrockneten Fischen. Mit letzteren füttert man sie auf der Reise des Morgens, um ihnen mehr Kraft zu geben; erstere bekommen sie Abends, wie Steller sagt, zur Ergötzung. Unterwegs gibt man ihnen nichts, und wenn sie auch zehn Stunden laufen sollten.

Man kann sich nicht genug über ihre Stärke verwundern. Gewöhnlich spannt man nur fünf Hunde an einen Schlitten; diese ziehen drei erwachsene Menschen mit sechzig Pfund Gepäck behende fort. Leicht beladen, legt ein solches Hundespann in schlimmen Wegen und tiefem Schnee 30 bis 40 Werste des Tages zurück, in guten Wegen 80 bis 140. Das Pferd wird niemals den Hund als Zugthier verdrängen können, wegen des allzutiefen Schnees, über welchen die Hunde hinlaufen, während ein Pferd bis an den Leib einfällt, so wie auch wegen der vielen steilen Gebirge und der zahlreichen Flüsse und Quellen, die entweder gar nicht zufrieren, oder doch wenigstens nicht so hart, daß sie ein Pferd tragen könnten. Wegen der schrecklichen und öfteren Sturmwinde hat man auch niemals oder selten einen gebahnten Weg zu hoffen. Uebrigens ist das Reisen mit Hunden eben so gefahrvoll als beschwerlich. Statt der Peitschen bedient man sich dabei des Oschtols, eines krummen, mit eisernen Ringen versehenen Stockes. Das durch Schütteln hervorgebrachte Geklingel gibt dem Leithund die nöthigen Zeichen. Wenn das Gespann sich zu sehr der Faulheit hingibt, so wirft man den Oschtol darunter, um es aus seiner Trägheit aufzurütteln. Dann muß aber der Reisende geschickt genug sein, den Oschtol im Vorbeirennen wieder aufzugreifen. Außer dem Ziehen sind die Hunde gute Wegweiser, und wissen sich auch in dem größten Sturm, wo man kein Auge aufmachen kann, zurecht zu finden; sind die Schneegestöber so stark, daß man liegen bleiben muß, wie es sehr oft geschieht, so erwärmen und erhalten sie ihren Herrn, liegen neben ihm Stunden lang ruhig und stille, so daß er unter dem Schnee sich um nichts zu bekümmern hat, als daß er nicht allzutief vergraben und erstickt werde. Auch hat man immer die sicherste Nachricht von dem herannahenden Ungewitter durch die Hunde. Denn wenn diese beim Rasten Gruben in den Schnee graben und sich hinein legen, so kann man mit voller Gewißheit einen Sturm erwarten.

Die Schlittenhunde werden sehr frühzeitig zu ihrem künftigen Dienste abgerichtet. Sobald sie sehen, werden sie sammt der Mutter in eine tiefe Grube gelegt, so daß sie weder Menschen noch Thiere zu sehen bekommen. Wenn sie von der Hündin abgewöhnt sind, legt man sie abermals in eine andere Grube, bis sie erwachsen. Nach einem halben Jahre spannt man sie mit andern gelernten Hunden an den Schlitten, und fährt mit ihnen einen kurzen Weg; weil sie nun hund- und menschenscheu sind, so laufen sie aus allen Kräften. Sobald sie wieder nach Hause kommen, müssen sie wieder in die Grube, so lange und so viel, bis sie von nichts Anderm wissen, des Ziehens gewohnt worden und eine weite Reise verrichtet haben. Erst nachdem sie vollständig ausstudirt, genießen sie ihre hündische Sommerfreiheit. Diese harte Erziehung versauert ihren ganzen Charakter. Sie bleiben zeitlebens menschenscheu, unfriedlich, bekümmern sich nicht im Geringsten um ihres Herrn Güter, sind sehr furchtsam und melancholisch und sehen sich beständig aus Mißtrauen um, sie mögen thun, was sie wollen. Sie haben nicht die geringste Liebe für ihren Herrn, sondern suchen ihn allezeit um den Hals zu bringen. Welch ein Contrast mit dem treuen Pudel oder mit dem freundlichen Schooßhündchen!




Kleiner Briefkasten.

Sch. in Ebg. – S. in J. – R. in M. – E. T. in L. Wir danken Ihnen für Ihre Mittheilung. Bereits von anderer Seite waren wir darauf aufmerksam gemacht worden, daß der als Originalartikel uns eingesandte Beitrag: „Die erste Waffenthat“ nichts als die Bearbeitung einer Mérimé’schen Skizze sei, die bereits vor 10–12 Jahren erschienen ist. Wir sind getäuscht worden, und gestehen dies ganz offen.

Abonnent in Dß. Auf Stylübungen dieser Art haben wir keine Antwort.

M. v. L. in Triest. Die Gartenlaube wird regelmäßig Freitags expedirt, und bitten wir bei der betreffenden Buchhandlung oder Postanstalt zu reklamiren.

M. in Wien. Ueber die österreichische Unterrichtsfrage und speciell über den Unterricht auf den Gymnasien finden Sie in der so eben in Leipzig bei L. Boß erschienenen Broschüre: „Die Gymnasien Oesterreichs und die Jesuiten“ die beste Auskunft. Die von Ihnen gestellten Anfragen sind darin allerdings nicht einer besonderen Erörterung unterzogen, dagegen erfahren Sie daraus in authentischer Weise, daß der Ordensgeneral Pater Beckx auf eine vom Unterrichtsminister an ihn gerichtete Anfrage, „ob die Gesellschaft Jesu in der Lage sei, bei Entwickelung ihrer Thätigkeit im Gymnasial-Unterrichte sich in jeder Beziehung nach den in den österreichischen Staaten bestehenden Vorschriften zu benehmen“, entschieden verneinend geantwortet hat. Der Ordensgeneral beruft sich auf die zuerkannte Gewährleistung der „der Gesellschaft eigenthümlichen Ordens- und Studienverfassung“, nach welcher allerdings der Orden keine Verpflichtung hat, den staatlichen Einrichtungen in Unterrichtssachen sich zu fügen. In dem Schreiben des Generals an den Minister wird ausdrücklich die im sechzehnten Jahrhundert geschaffene Ratio studiorum als die einzig mögliche Norm bezeichnet, an deren unabänderlichen Grundsätzen der Orden festhalte und festhalten müsse. – Hinsichtlich Ihrer sonstigen Fragen müssen wir Sie einfach auf unsere frühere Erklärung[WS 1] hinweisen, nach welcher kirchliche Fragen als nicht in den Bereich der Gartenlaube gehörend bezeichnet werden.

B. in B. Portraits von Persönlichkeiten des Krieges werden wir bringen, sobald sich die Wichtigkeit derselben herausgestellt hat. Die jetzige zufällige Stellung Einzelner kann für uns nicht maßgebend sein, da nicht unter jedem Marschalls- oder General-Lieutenantshut ein Kriegsheld steckt. Also abwarten!

K. in R. Sie sind um eine Erfahrung reicher und um einen Freund ärmer geworden. Uns ist diese Erscheinung nichts Neues! Es gibt viele Menschen, die es nicht vertragen können, daß ein neues jüngeres Geschlecht sie überholt und aus einer Stellung drängt, die sie lange Jahre inne hatten. Es gilt dies namentlich von einigen unserer Altliberalen. So ehrlich sie’s mit der guten Sache meinen und so tüchtig sie dafür gewirkt, so wenig können sie es vergessen, daß sie einst an der Spitze der Bewegung standen und jetzt durch eine jüngere, aber weitergehende Phalanx verdrängt werden, die nicht mehr jedes ihrer Worte als Orakel hinnimmt. Das für Andere fast unbemerkbare Sinken in der öffentlichen Meinung schmerzt und erbittert sie und drängt sie im Aerger oft zum Aufgeben von Principien, für die sie die Thätigkeit eines ganzen Lebens geopfert haben.


Im Verlage des Magazins für Literatur in Leipzig erschien und ist in allen Buchhandlungen des In- und Auslandes zu haben:

Neue Auflage

der
Palmen des Friedens.
Eine Mitgabe auf des Lebens Pilgerreise
von Ferdinand Stolle.

In prachtvoller Ausstattung. – Eleg. in Goldschnitt geb. 1½ Thaler.

Verlag von Ernst Keil in Leipzig. – Druck von Alexander Wiede in Leipzig.

Anmerkungen (Wikisource)

  1. Vorlage: Erkärung
Empfohlene Zitierweise:
Verschiedene: Die Gartenlaube (1859). Leipzig: Ernst Keil, 1859, Seite 320. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1859)_320.jpg&oldid=- (Version vom 1.6.2023)