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Verschiedene: Die Gartenlaube (1859)

wahren Uebergangspunkt nicht kennt. Dorthin wird nunmehr der Brückentrain gezogen und möglichst verdeckt aufgestellt, die einzelnen Pontontheile, deren drei ein vollständiges Ganze bilden, jeder Theil aber auch als Kahn benutzt werden kann, vom Wagen genommen und bei einbrechender Dunkelheit von den Pontonieren unmittelbar an das Ufer getragen. Eine Abtheilung Jäger wird in diesen sofort an das gegenüberliegende Ufer geschafft, sie haben dieses auf das Sorgfältigste abzupatrouilliren, zu erforschen, wo der Feind steht, dabei aber zu vermeiden, von diesem gesehen zu werden oder sich gar mit ihm in ein Gefecht einzulassen; einzelne leichte Reiter, welche den Fluß durchschwommen haben, unterstützen sie bei diesem Bestreben, So rasch als möglich muß nun zurückgemeldet werden, wo der Feind steht, – ist er sehr schwach, oder zu entfernt, um etwas vom Brückenbau bemerken zu können, so wird zu diesem geschritten.

Zweierlei Arten von Brücken sind es, deren man sich im Felde wesentlich als Kriegsbrücken bedient, die Bock- und Pontonbrücken. Beide zu vereinigen, gelang dem österreichischen General Pirago in höchst überraschender, glücklicher Weise, und die „Pirago’schen Brückentrains“ sind in der kaiserlich-königlichen Armee allgemein eingeführt. Faß-, Faschinen-, Schanzkorb- und Wagenbrücken können nur als Mittel in der Noth, keineswegs aber als „regelmäßige Kriegsbrücken“ bezeichnet werden, wenn man sich auch derselben mitunter bedient.

In der Finsterniß der Nacht beginnen gewöhnlich die Pontoniere möglichst geräuschlos ihr Werk. Wagen an Wagen, mit Böcken und Handwerkszeug beladen, fahren nach dem Ufer und werden der Reihe nach abgeladen, die Pontons näher an das Wasser, theilweise in dasselbe gebracht, um theils mehr Infanterie überzuschaffen, die am jenseitigen Ufer Posto faßt und den vorangegangenen Jägern als Unterstützung dient, theils um beim Brückenbau so lange zu helfen, bis sie selbst zu demselben verwendet werden. Nun wird der erste Bock zusammengestellt und in das Wasser eingesetzt. Seine Füße werden durch die Tragebalken getrieben und in hölzerne, mit Eisen beschlagene Schuhe eingepaßt, welche das zu tiefe Einsinken in den weichen Boden des Flusses verhindern. Mit dem Lande steht er durch Streckbalken in Verbindung, welche, mit Belegdielen überdeckt, die Abfahrt zur Brücke bilden, sie sind es auch, die ihn festhalten, denn jeder Bock hat nur zwei Beine. Bock nach Bock wird eingesetzt und durch eben solche Balken mit den bereits stehenden verbunden, der so entstehende Brückenpfad aber auch sofort gedielt. Wird die Tiefe des Flusses zu beträchtlich, um ferner die Böcke einsetzen zu können, so müssen die Pontons ihre Stelle ersetzen. In gleicher Höhe und Linie werden sie mit dem bereits stehenden Stücke der Brücke entweder einzeln oder maschinenweise in Verbindung gebracht und gegen Wind und Strom verankert. Das Letztere ist das Bessere, denn es beschleunigt den Bau der Brücke, indem nahe am Ufer, während die Böcke eingesetzt werden, zwei bis vier Pontons mit Streckbalken zu einem Ganzen, „Maschine“ genannt, verbunden und dann mit einem Male nach der Brücke gefahren und an sie angesetzt werden. Bald nimmt die Tiefe des Wassers und mit ihr die Tragfähigkeit desselben wieder ab; man nähert sich dem jenseitigen Ufer und baut nunmehr mit Böcken, wie die oben beschriebenen, weiter. Das geht jetzt rasch, denn schon ist der ganze bis jetzt stehende Theil der Brücke gedielt, und mit Leichtigkeit können die Pontoniere die Böcke auf ihr vortragen und einsetzen.

So gelangt man nach und nach an das andere Ufer. Schon graut der Morgen, und nicht lange mehr kann dem aufmerksamen Feinde der Bau verborgen bleiben, denn mit Anbruch des Tages sendet er seine Patrouillen aus, – bereits fallen einzelne Schüsse, und es gilt, sich zu beeilen, die Brücke zu vollenden. In den meisten Fällen haben die in Kähnen übergesetzten Pioniere bereits eine Auffahrt gegraben, um, ohne Schwierigkeiten von der Brücke auf den Rand des jenseitigen Ufers gelangen zu können, vielleicht auch zum Schutze derselben eine leichte Brustwehr für Infanterie aufgeworfen; mehr wird bei der Kürze der Zeit in den meisten Fällen nicht möglich sein.

Jetzt ist die Brücke fertig. Einzelne Schüsse der von uns ausgeschickten Patrouillen zeigen an, daß sie vom Feinde bemerkt worden sind, daß er sie angreift und sie sich zurückziehen müssen; zu gleicher Zeit hört man aber auch das Rasseln der Geschütze auf den Wegen, welche von unserer Seite nach der Brücke führen. Bei dem Scheine der Morgensonne sieht man die Batterieen rechts und links auf den Höhen hinter der Brücke auffahren, während sich Infanterie und Reiterei in Colonnen neben und hinter derselben aufstellen. – Der Weg selbst muß frei bleiben, damit die Truppen in der bestimmten Reihenfolge ungehindert auf die Brücke gelangen können. Da erscheint der Feldherr mit seinem Stabe und besichtigt die Brücke. Die Infanterie beginnt den Uebergang, ohne Schritt zu halten, denn der Gleichtritt erschüttert das leichte Bauwerk mehr, als selbst das Passiren von schwerem Geschütz. Die Infanterie besetzt die Schulterwehr und die vorliegenden Terrainabschnitte, welche die Pioniere möglichst verstärken, damit dem angreifenden Feinde Widerstand geleistet werden kann, und eine Abtheilung Reiterei hat die Punkte, wo der Feind mit Vortheil Batterieen auffahren könnte, um die Brücke zu beschießen, so lange zu besetzen, bis es möglich ist, selbst dorthin Batterieen zu dirigiren. Das kann aber nicht eher geschehen, als bis man am jenseitigen Ufer stark genug ist, diese auch zu schützen.

Die Pontoniere stehen während des Ueberganges an den Brückenböcken und in den Pontons, um jeden Schaden, der entstehen sollte, rasch wieder auszubessern. Strömung, Wind und das Passiren der Truppen selbst können hierzu leicht die Veranlassung geben.

Hat der Feind die Brücke entdeckt, so wird er alles Mögliche thun, um nicht nur den Uebergang der Truppen zu hindern, sondern auch die Brücke selbst zu zerstören. Es entspinnt sich meist ein harter Kampf, den in der Regel das feindliche Artilleriefeuer beginnt. Die diesseitigen, auf den Höhen hinter der Brücke stehenden Batterieen haben dasselbe in schärfster Weise zu erwidern, theils um die feindlichen Geschütze zu demontiren, theils aber auch, um den Feind vom Zugange zur Brücke möglichst fern zu halten. Hier nun bewährt es sich, welchen Vortheil uns der nach unserer Seite einspringende Winkel des Flusses mit seinem dominirenden Ufer gewährt. Dringt der Gegner nach der Brücke vor, so kommt er in das Kreuzfeuer jener Batterieen, und je weiter er vorgeht, desto weniger Kräfte kann er entwickeln, da sich das nach der Brücke zulaufende Terrain verengt und der Fluß eine Ausbreitung nicht gestattet. Indessen würde das Alles den angreifenden Feind nicht abhalten, und deshalb muß der Uebergang möglichst rasch erfolgen. Wir sagen möglichst rasch, und doch geschieht es den gespannten Erwartungen immer viel zu langsam, denn nur im Schritt kann eine derartige Brücke passirt werden. Die Reiter, sowie die Fahrer der Artillerie müssen absitzen, auch darf ein Geschütz nicht dicht hinter dem andern fahren, sondern in größern Distanzen, um die Schwankung und die Belastung der Brücke zu vermeiden. Die bereits am anderen Ufer angelangten Truppen sind beordert, dem mit Uebermacht andrängenden Feinde sofort einen energischen Widerstand zu leisten und wo möglich die Punkte streitig zu machen, wo Batterieen zur Beschießung der Brücke errichtet werden könnten. Denn in diesem gefährlichen Falle würde das Uebergehen der Truppen nicht blos gehemmt werden, indem Verwirrung und Stockungen herbeigeführt würden, sondern die Brücke würde durch das feindliche Feuer auch beschädigt, bald ein Bock, bald ein Ponton getroffen werden, und das dadurch nothwendig werdende Einsetzen neuer Stücke eine Pause im Uebergange der Truppen selbst verursachen.

Alle Truppen, welche die Brücke überschritten haben, haben sich sofort und mit möglichster Eile in Gefechtstellung zu setzen, und langsam, aber unaufhaltsam vorzudringen, um den nachrückenden Regimentern Platz zu verschaffen. Während dieses Gefechtes erheischt aber die Erhaltung der Brücke noch andere Vorsichtsmaßregeln, denn ein intelligenter Feind wird sie auf jede Weise zu zerstören suchen, wenn er keine Aussicht mehr hat, sie zu nehmen. Gelingt ihm dies nicht durch Geschützfeuer, so wird er seine Absicht durch Bäume, Flöße, Brander oder Höllenmaschinen zu erreichen suchen, welche er stromabwärts gegen die Brücke treiben läßt. Deshalb sind Beobachtungsposten aufzustellen, um dies zeitig genug zu entdecken, Pontoniere in Kähnen müssen oberhalb der Brücke dergleichen Gegenstände aufzuhalten und unschädlich zu machen suchen, denn nur so ist die schwankende Straße, welche zwei Ufer verbindet und von deren Erhaltung oft die ganzer Armeecorps abhängt, im brauchbaren Stande zu erhalten.

Erlaubt es das vorhandene Material und sein Verhältniß zur Breite des zu überschreitenden Flusses, so errichtet man in der Regel eine zweite Brücke, um einestheils rascher übergehen zu können, anderntheils mit dem Unbrauchbarwerden einer Brücke nicht seine ganze Verbindung unterbrochen zu sehen.

Sowohl bei dem Vormarsche nach Piemont, als auch bei dem

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