Seite:Die Gartenlaube (1859) 520.jpg

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Verschiedene: Die Gartenlaube (1859)


in ........ 72 ... 99 ... 1150 ... 40
zu ........ 01 ... 15 ... 12 ... 1401
von ....... 45 ... 77 ... 66 ... 1777
der, die, das 09 ... 88 ... 109 ... 1444
ist ......... 07 ... 101 ... 1186 ... 90
hat ......... 27 ... 128 ... 1650 ... 171
gewesen ..... 130 ... 270 ... 29 ... 2224
aber ........ 234 ... 71 ... 489 ... 2991
der Kaiser von Frankreich 812 ... 699 ... 778 ... 816
der König von Sardinien 770 ... 817 ... 644 ... 555
die Armee ............. 700 ... 790 ... 970 ... 1200
vorgerückt ............ 576 ... 1620 ... 1718 ... 600
zurückgeschlagen ...... 62 ... 33 ... 892 ... 697

Zahlen von 3000 bis 4500 haben keine Bedeutung. Zeichen, um einen gegentheiligen Sinn auszudrücken, sind + + u. ÷ ÷

Gesetzt, es sollte die folgende Depesche: „Die Oesterreicher griffen heute Morgen, ungefähr 15,000 Mann stark, unsere Vorposten an, wurden aber mit großem Verlust zurückgeschlagen,“ in Chiffreschrift niedergeschrieben und ihr einige Sätze beigefügt werden, welche ihr das Ansehen einer Handelscorrespondenz verliehen, so würde dieselbe ungefähr folgendermaßen aussehen:

„Den gewünschten Einkauf der Waaren, welche Sie in Ihrem geehrten Letzten begehren, bin ich noch nicht im Stande gewesen, zu effectuiren. 109. 58. 47. 103. 56. 37. 108. 81. 47. 89. 4. 93. 201. 59. 23. 108. 98. 113. 6998. 201. 54. 200. 37. 112. 82. 900. 13. 79. 81. 23. 201. 107. 112. 5886. 43. 47. 19. 93. 548. 49. 97. 102. 96. 42. 37. 93. 54. 82. 19. 97. 103. 900. 54. 11. 104. 46. 108. 64. 53. 102. 74. 37. 59. 201. 32. 79. 81. 21. 129. 103. 82. 47. 54. 19. 107. 80. 97. 81. 11. 201. 102. 71. 92. 89. 56. 23. 108. 129. 74. 1370. 37. 13. 94. 201. 59. 111. 97. 103. 56. 42. 112. 108. 53. 86. 23. 37. 52. 125. 93. 51. 6. 23. 37. 54. Ich werde jedoch sehen, ob ich Ihren anderweitigen Wünschen hinsichtlich des Wechselgeschäftes mit Rothschild genügen kann.“

Wenn ein diplomatischer Agent eine Gesandtschafts- oder andere politische Reise antritt, so werden ihm zwei Tabellen mitgegeben. Die eine davon enthält nach Art der vorstehenden getheilt in der ersten Columne nicht blos die Buchstaben des Alphabets, sondern auch die Sylben, Worte und Phrasen, welche der Agent im Verlauf seiner Unterhandlungen wahrscheinlich am häufigsten gebraucht, und die Namen von Monarchen, Ministern u. s. w. Diese Columne ist häufig gedruckt, die zweite aber wird allemal der größern Sicherheit und Geheimhaltung halber handschriftlich ausgefüllt und enthält die Zahlen, Chiffren oder Charactere, mit welchen man jeden Buchstaben oder gewisse Worte und Redensarten bezeichnet wissen will. Hierbei trägt man Sorge, die Eigennamen, Substantiva, Zeitwörter und dergleichen um der leichtern Uebersicht willen alphabetisch aufeinander folgen zu lassen. Dabei werden, wie in dem mitgetheilten Beispiele, oft mehrere Zahlen angewendet, um einen und denselben Buchstaben oder ein und dasselbe Wort zu bezeichnen – eine Vorsicht, durch welche das Dechiffriren von Seiten Uneingeweihter ungemein erschwert wird.

Diejenigen Theile einer Depesche, welche geheim bleiben sollen, werden gänzlich in Chiffren geschrieben. In diesen Stellen darf kein Wort mit gewöhnlichen Buchstaben geschrieben werden, weil diese unter der Chiffreschrift vorkommenden, wenn auch an und für sich ganz unbedeutenden Worte leicht einen Theil des Inhalts verrathen oder wenigstens merken lassen könnten, von welchem Gegenstand die Rede ist.

Die zweite Tabelle enthält in der ersten Columne sämmtliche Zahlen, aus welchen die Chiffreschrift zusammengesetzt ist, von der niedrigsten bis zur höchsten in ihrer natürlichen Ordnung, und in der nächsten Columne findet sich das Wort oder der Buchstabe, der von einer jeden Zahl bezeichnet wird. Wenn eine Depesche entziffert werden soll, so sucht man die Bedeutung einer jeden Zahl in diesem Schlüssel auf und schreibt sie darüber oder darunter zwischen die Zeilen, welche deshalb nicht zu eng sein dürfen.

Diese Geheimschrift ist von allen die beste, am leichtesten anzuwendende und im allgemeinen Gebrauche, weil ihre Entzifferung ohne den dazu gehörigen Schlüssel, der für jede Depesche ein anderer sein kann, geradezu unmöglich ist. Natürlich muß dabei stets mit der größten Sorgfalt verfahren werden, damit man in den Zahlen keinen Irrthum begehe, da ein solcher nicht immer von so glücklichen Folgen begleitet sein dürfte, wie für Friedrich den Dritten, Kurfürsten von Brandenburg. Dieser hatte bekanntlich zu Anfange des achtzehnten Jahrhunderts den Plan gefasst, sich zum Range eines gekrönten Monarchen zu erheben, und sich aus einem Kurfürsten von Brandenburg in einen König von Preußen zu verwandeln. Dies konnte nur mit Zustimmung des deutschen Kaisers geschehen, und es mußten deshalb Unterhandlungen mit dem Wiener Hofe eröffnet werden. Diese zogen sich wie gewöhnlich sehr in die Länge, und es stellten sich der Erfüllung der Wünsche des Kurfürsten eine Menge Hindernisse in den Weg. Der preußische Gesandte am Wiener Hofe, Baron von Barthololi, bediente sich in seiner Correspondenz einer ähnlichen Chiffre wie die, welche wir soeben beschrieben. Seine Namentabelle umfaßte unter andern Personen auch einen Jesuiten, Pater Wolf, welcher sich im Gefolge des österreichischen Gesandten zu Berlin befand und bei allen politischen Intriguen eine einflußreiche Rolle spielte. Die Zahl 24 bedeutete den Kurfürsten, 110 den Kaiser und 116 Pater Wolf.

Eines Tages schrieb Barthololi von Wien, es sei, um die Sache zu fördern, nothwendig, daß 24 (der Kurfürst) einen eigenhändigen Brief an 110 (den Kaiser) schreibe.

Die 0 der letzten, wahrscheinlich in großer Eile geschriebenen Zahl ward aber fälschlich für eine 6 angesehen, und die Depesche in Berlin so verstanden, es sei nothwendig, daß der Kurfürst eigenhändig an Pater Wolf schreibe.

Friedrich der Dritte zögerte nicht, dies zu thun, und obschon dieser Schritt ziemlich seltsam erscheinen und seinem Stolze sehr sauer ankommen mußte, so schrieb er doch sofort mit eigener Hand an Pater Wolf einen langen Brief, in welchem er seine Projecte auseinander setzte und rechtfertigte, und den Jesuiten um seine Mitwirkung ersuchte, indem er ihn zugleich mit Schmeicheleien und Versprechungen überhäufte.

Der Jesuit war, als er diesen Brief erhielt, nicht wenig überrascht und fühlte sich in hohem Grade geschmeichelt. Er beschloß sofort, kein Mittel unversucht zu lassen, um die Absichten eines Fürsten zu fördern, der ihm auf solche Weise entgegen kam und sich ihm in die Hände gab. Er wendete sich demgemäß an den Beichtvater des Kaisers, es ward nach Rom an den Pater-General der damals so überaus mächtigen Gesellschaft Jesu geschrieben, und es dauerte nicht lange, so verschwanden die bis jetzt unbesiegbar gewesenen Hindernisse.

Auf diese Weise erhielt in Folge dieses glücklichen Irrthums in einer chiffrirten Depesche, in Folge dieser für eine 6 angesehenen 0, der Kurfürst von dem Wiener Hofe etwas, was ihm ohne diesen Zufall vielleicht niemals wäre zugestanden worden, und es ist dieser Fall – dessen historische Richtigkeit wir freilich nicht verbürgen können – ein abermaliger Beweis zu dem langen Capitel der aus kleinen Ursachen hervorgegangenen großen Wirkungen.




Im Verlage von Ernst Keil in Leipzig ist so eben erschienen:

Humoristisches
Bilderbuch für große Kinder.

Illustrirtes Album gegen Langeweile.
1. Heft. – Preis 7½ Ngr.

Dieses sehr ansprechende, elegant ausgestattete Bilderbuch stellt sich durch Witz und Humor, womit es auf das Geschickteste durchwebt ist, den guten Erscheinungen ähnlicher Art ebenbürtig zur Seite, und die charakteristische Zeichnung seiner Illustrationen rangirt es zu den besten unter ihnen. In schwerer Zeit und trüber Lebenslage bleibt es als Lachmittel nie ohne drastische Wirkung, und auf Eisenbahnen, Dampfschiffen, in Badeorten und wo man auf der Reise sonst noch nach leichter Lectüre verlangt, ist es für jede Stimmung die kurzweiligste und gefälligste Lectüre.

Empfohlene Zitierweise:
Verschiedene: Die Gartenlaube (1859). Leipzig: Ernst Keil, 1859, Seite 520. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1859)_520.jpg&oldid=- (Version vom 10.9.2023)