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Verschiedene: Die Gartenlaube (1859)

entreißen. Die preußische Regierung offerirte bereits vor mehreren Jahren dem König von Bayern, auf ihre Kosten die ganze Kirche mit allem Zubehör in den Zustand wiederherstellen zu lassen, wie sie vor mehreren Jahrhunderten in ihrer Pracht dagestanden, unter der Bedingung freilich, daß dem Könige von Preußen das Patronat Heilsbronns zufalle. Die bayerische Regierung glaubte darauf nicht eingehen zu können, befahl dagegen, die Kirche zu restauriren, was denn auch seit einigen Jahren geschieht.

Glücklicher Weise ist nun aller Zopfplunder, der die Harmonie des Ganzen so beeinträchtigte, zum Theil schon durch eine umfassende Restauration auf Kosten der bayerischen Regierung unter besonderer Leitung von Oberbaurath Voit und A. Kreling, Director der Kunst- und Gewerbeschule in Nürnberg etc., entfernt worden, und der Fremde wird in einigen Jahren die Kirche in dem Zustande begrüßen können, wie sie vor mehreren hundert Jahren dem andächtigen Wallfahrer vor Augen stand.


Die Klosterkirche in Heilsbronn.


Von besonderer Schönheit ist der frühgothische Chor, im reinen und edlen Styl erbaut; man fühlt in ihm noch deutlich die Nachklänge romanischer Elemente. Von ihm sticht das Mittelschiff in dem uralten Basilikencharakter mit seinen gedrungenen Säulen und spärlich einfallendem Lichte grell ab. In diesem befinden sich prächtige Sarkophage, theils in Stein gehauen, theils in Erz gegossen, herrliche Altäre mit Schnitzereien aus der besten Zeit und Malereien aus der Wohlgemuth’schen Schule, sowie ein Sacramentshäuschen, von dem berühmten Meister Ad. Kraft zierlich in Stein ausgeführt, und ein wunderschönes Crucifix von Veit Stoß. Ueberall begegnet man dem zoller’schen Wappen mit seinem silber und schwarz geviertheilten Schilde und dem brandenburger Adler, theils gemalt, theils plastisch. Durch den Erdboden der Kirche, welcher früher mit Mosaikplatten aus gebranntem Thon geziert war, wühlten sich einige Quellen hindurch, die die Gräber zerstörten und unterminirten; ihr Gemurmel in der öden Kirche macht einen eigenthümlichen Eindruck. Außer vielen Merkwürdigkeiten ist hauptsächlich noch der zierlich durchbrochene Dachreiter zu erwähnen, welcher sich über dem Mittelschiff erhebt.

Eine Perle der Baukunst ist eine gegenüber gelegene Capelle, welche aber leider schon seit langer Zeit als – Brauhaus benutzt wird; an ihr ist ein Portal, welches sich den schönsten seines Zeitalters in Deutschland an die Seite stellen darf. Darüber ist ein Holzschuppen gebaut, um Bierfässer darin aufzubewahren, wodurch dieses herrliche Bauwerk nichts weniger als geschont werden kann. Möge jeder Freund altehrwürdiger Bauten, wenn er einmal Mittelfranken bereist, nicht vergessen, dem interessanten Heilsbronn, schlechtweg in der Umgebung nur „zum Kloster“ genannt, einen Besuch abzustatten.




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Verschiedene: Die Gartenlaube (1859). Leipzig: Ernst Keil, 1859, Seite 545. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1859)_545.jpg&oldid=- (Version vom 24.9.2023)