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Verschiedene: Die Gartenlaube (1859)

Eilig mußte es bei Absendung dieses Geschenkes zugegangen sein, denn Aurelio’s Brief enthielt nicht einmal eine Andeutung darüber. Wunderte sich Rosaura schon über diese großartige Nachlässigkeit ihres Gatten, so erstaunte sie noch mehr über dessen Reichthümer. Sie vermuthete nämlich, daß der erhaltene Schmuck mit zu den Kleinodien gehören möge, welche das genuesische Handlunghaus ihm in Ermangelung baarer Mittel abgetreten habe.

Rosaura’s Oheim, dem die überglückliche Nichte das erhaltene Geschenk nicht lange geheim zu halten vermochte, pflichtete derselben bei, unterwarf aber sowohl die Arbeit des Schmuckes wie die einzelnen Edelsteine, aus denen er bestand, einer sorgfältigen Prüfung. Der etwas argwöhnische Herr fürchtete nämlich, der Graf möge sich in der Eile durch Unterschieben falscher Steine haben betrügen lassen, eine Ansicht, die um so wahrscheinlicher war, als der Domcapitular bemerkt haben wollte, daß Graf von Weckhausen bei allen ihm zu Gebote stehenden Kenntnissen doch echte Perlen und Edelsteine nicht ihrem wahren Werthe nach zu würdigen verstehe. Um ganz sicher zu gehen, zog der geistliche Herr sogar einen anerkannt tüchtigen Juwelier zu Rathe, der jedoch jeden einzelnen Stein für echt erklärte.

„Wie kommt aber die gnädige Frau Gräfin in den Besitz dieses Schmuckes?“ setzte er, denselben wieder in die Sammetpolster des Kästchens legend, hinzu. „Es ist wohl ein altes Erbstück der Grafen von Weckhausen?“

Der Domcapitular beantwortete diese ihm harmlos scheinende Frage auf ebenso harmlose Weise, indem er dem Juwelier andeutungsweise mittheilte, wie der Graf genöthigt sei, aus Handelsrücksichten solche alte Waare statt neuen Geldes in Zahlung zu nehmen.

„Würde sich die gnädige Gräfin wohl entschließen, den Schmuck nebst Kästchen zu verkaufen?“ warf der Juwelier hin.

„Um keinen Preis!“ rief Rosaura, das Kästchen an sich nehmend. „Der Schmuck ist mir gar nicht feil.“

„Aber die gnädige Gräfin können denselben ja doch nicht anlegen.“

„Weshalb nicht?“

„Weil er unmodern gefaßt ist und –“

„Nun, was haben Sie sonst noch für einen Grund im Hinterhalt?“

„Die Trägerin dieses Schmuckes würde Aufsehen erregen.“

„Wäre das ein großes Unglück?“ fiel lächelnd Rosaura ein.

„Ich weiß nicht,“ erwiderte der Juwelier. „Jedenfalls ist es der Schmuck einer Herzogin.“

„Bester Oheim,“ wandte sich jetzt Rosaura an den Domcapitular, „ist es denn nicht erlaubt, einen herzoglichen Schmuck anzulegen, auch wenn man kein Recht hat, auf die Ehren herzoglichen Ranges Ansprüche zu erheben? Der Schmuck gehört mir ja doch; Aurelio hat ihn rechtmäßig erworben!“

Der Domcapitular wollte seiner schönen Nichte die Freude, welche ihr das reiche Geschenk des Grafen offenbar machte, nicht trüben, er wandte sich deshalb mit der Frage an den Juwelier:

„Nicht wahr, es wäre leicht, dem Schmuck eine andere, mehr moderne Fassung zu geben?“

„Wenn dies gewünscht werden sollte, bin ich gern erbötig, diese Arbeit zu übernehmen.“

„Nicht doch, Oheim,“ fiel Rosaura ein, das Kästchen schließend und den goldenen Schlüssel wieder über die diamantgezierten Zacken der kleinen Krone legend, wie sie ihn vorgefunden hatte, „ich kann eine solche Veränderung wenigstens nur mit Einwilligung Aurelio’s vornehmen lassen!“

Dem Domcapitular machte diese Weigerung seiner Nichte Vergnügen. „Sie sehen,“ sprach er zu dem Juwelier, „wir thun sehr Unrecht, wenn wir alle Frauen der Eitelkeit bezichtigen. Meiner Nichte würde ein Schmuck von so seltenen Steinen gewiß vortrefflich stehen, entspräche die Fassung desselben den Anforderungen der jetzigen Mode, und dennoch will sie nichts davon hören! Am Ende ist’s nur die Herzogskrone, welche diesen Zauber auf Dich übt,“ fügte er mit gefälligem Lächeln hinzu, „denn ich habe schon bemerkt, daß Dich die Vermählung mit Weckhausen gewaltig ehrgeizig gemacht hat!“

Rosaura blieb dem Oheim auf diese Bemerkung die Antwort schuldig, dieser verabschiedete den Juwelier und rief ihm noch in’s Vorzimmer nach:

„Sie sind aber doch bereit, den Schmuck umzuformen, wenn es später noch gewünscht werden sollte?“

„Zu jeder Stunde, Herr Domcapitular,“ lautete die devote Antwort desselben, der sich noch einmal tief vor der in jugendlicher Schönheit und hohem Glück strahlenden Gräfin von Weckhausen verbeugte.


3. Mißglückter Versuch.


Der Juwelier kehrte nachdenklich zurück in seine Wohnung, Die Betrachtung des alten Schmuckes mit den vielen kostbaren Steinen, die zusammen für Kenner einen fabelhaften Werth hatten, stimmte ihn eigenthümlich ernst. Nur einer sehr alten reichen Familie konnte derselbe angehört haben. Daß er vielleicht schon vor geraumer Zeit in andere Hände übergegangen war, ließ sich denken, denn die politischen Stürme zu Ende des vergangenen Jahrhunderts hatten manche Herrscherfamilie entthront und in die Verbannung gejagt, und es lag sehr nahe, daß die Mitglieder eines solchen unglücklichen Herrschergeschlechtes in einem Augenblick drückender Noth sich gezwungen sahen, einen äußersten Schritt zu thun, um sich vor Mangel zu schützen. War es ihm doch, als hätte er vor einiger Zeit gelesen, daß wirklich ein früher regierendes Haus, das nicht namhaft gemacht war, sich auf solche Weise aus peinlicher Verlegenheit rettete.

Während er noch darüber nachdachte, besann er sich, daß erst vor Kurzem der Verlust eines alten Schmuckes in den Zeitungen annoncirt war. Als Juwelier, der mit edlen Steinen Handel trieb und dem man deren oft Behufs vorzunehmender Abschätzung übergab, war ihm diese Anzeige interessant. Er hatte sich die betreffende Zeitungsnummer aufbewahrt und konnte, von Neugierde getrieben, nicht umhin, dieselbe unter einer Menge Papiere, die ähnliche Bekanntmachungen, auch directe Aufforderungen an Juweliere enthielten, herauszusuchen.

Es währte nicht lange, so fand er das Blatt. Er durchlas die Anzeige, gewahrte aber sogleich, daß der in derselben bekannt gemachte Verlust auch nicht im Geringsten dem Schmucke ähnele, den er so eben längere Zeit in Händen gehabt hatte.

Mit dieser Entdeckung verlor sich das Interesse des Juweliers an dem Schmucke überhaupt, und er würde schwerlich wieder desselben gedacht haben, hätte ihn nicht einige Wochen später der Graf Aurelio von Weckhausen persönlich besucht und ein Gespräch unter vier Augen sich erbeten.

Der Juwelier sah diesen glücklichem Mann – denn dafür hielten ihn zahlreiche Tausende – heute zum ersten Male, und es erging ihm, wie den Meisten, welche Gelegenheit hatten, mit Weckhausen zusammen zu treffen – das ganze Wesen desselben fesselte ihn, nahm ihn ein, knüpfte ihn gewissermaßen fest an dessen Person. Es lag ein Zauber in dem Auftreten Aurelio’s, dem nur Wenige sich zu entziehen vermochten.

(Fortsetzung folgt.)




Wild-, Wald- und Waidmanns-Bilder.
Von Guido Hammer.
Nr. 8. Die Jagd auf den Hasen.


O Lampe!

Du stets so Verhöhnter und doch so Begehrter, ich will dir einmal, anstatt mit dem Gewehre, mit der Feder zu Leibe gehen und sehen, wie du da Stich hältst. Ich darf deshalb nicht nur deine äußerliche Seite und dein Behaben beleuchten, sondern muß mich bemühen, zu deinem innern Werth oder Unwerth vorzudringen, wobei ich vorläufig gleich verrathen will, daß die Censur nicht eben glänzend ausfallen wird, so unschuldig und harmlos du dem großen Publicum, das dich lebend nur oberflächlich und zufällig bei Partieen „in die Baumblüthe“ oder sonstigen Ausflügen auf’s Land zu sehen gewohnt ist, auch erscheinen magst. An deinem vortrefflichen Braten ist nichts auszusetzen, und an den denkt Jung und

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Verschiedene: Die Gartenlaube (1859). Leipzig: Ernst Keil, 1859, Seite 696. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1859)_696.jpg&oldid=- (Version vom 9.9.2019)