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verschiedene: Die Gartenlaube (1860)

hofft, großartiger aussehen, da er im Innern und in seinen äußern architektonischen Formen vielfach im Interesse der Schönheit und Wirksamkeit verziert und geschmückt werden wird. Die Grundlage besteht, wie die von ganz Amsterdam, aus eingerammten Pfählen mir Querpfosten und Dielen oben, auf welche erst Mauer- und Steinwerk als Grundmauer gebaut wird, um ein zum Theil unterirdisches, nur zwei Fuß über den Boden aufragendes Untergeschoß zu bilden. Auf dieses Grundwerk wird das durchaus von Eisen construirte Skelett des Gebäudes befestigt. Es bildet ein Hauptschiff, 64 Fuß breit durch die ganze Länge hindurch mit 19 Fuß breiten Seitenflügeln, eine Central-Transept-Halle 136 Fuß hoch und 68 breit, mit polygonalen Enden und zwei Seitenhallen, jede 150 Fuß hoch und 34 breit, die am Haupttransepte durch Thore von glasirtem Eisen getrennt sein werden. Um die ganze innere Weite läuft 29 Fuß 6 Zoll vom Boden eine 19 Fuß 4 Zoll breite Gallerie, die mit Salons in den Vestibülen der Eingänge in Verbindung steht. – Die eiserne Säulen-Ordnung im Innern entspricht der im großen Krystall-Palaste in London von 1851, aber mit manchem besseren Arrangement; auch wird jede Säule mit einem gußeisernen, gemalten heitern Blätter-Capital verziert.

Das Dach des Hauptschiffes besteht aus schmiedeeisernen, gewölbten Rippen und wird durchaus mit Glas gedeckt und zwar einem doppelten Glasdache, dessen Scheiben 3/4 Zoll von einander in schmiedeeiserne Barren (in der Gestalt eines liegenden =) geschoben werden. Der Dachfirst des Hauptschiffes ist 89 Fuß hoch. Die Enden desselben werden mit sehr ornamentalen, halbcirkelförmigen Fenstern ausgefüllt, in gußeisernen Rahmen, die ebenfalls 4 Zoll von einander doppelt mit Glas versehen, werden. Die äußeren Wände, mit Eisenplatten gefüllt, lassen das Licht blos von oben ein. Nach bisheriger Berechnung wird man 50,000 Centner Guß- und 1000 Centner Schmiedeeisen zu dem Knochen- und Rippenwerk brauchen, das von einer Firma in Birmingham geliefert wird. Der architektonische Plan ist von C. Outshoorn in Amsterdam, das Unternehmen selbst als finanzielles von den Herren van Heel und Holtzmann. Die Gestaltung und Detail-Construction des Eisenwerks steht unter Leitung eines englischen Hauses in London, R. M. Ordith (Great George Street, Westminster).

Unsere Abbildung, nach der architektonischen Originalzeichnung in der englischen Bauzeitung („the Builder“), gibt eine klare Anschauung von der äußern Gestalt des Werkes, auf welchem wir als merkwürdiges Charakteristikum einen Thurm oder Dom finden. Man hat dessen verschönernde Kraft bezweifelt, aber ein im Kleinen ausgeführtes Modell entschied zu Gunsten desselben. Dieser elliptische Dom fängt 95 Fuß vom Parterre im Transept an, wo Eisenrippen von den Säulenschaften sich elliptisch nach dem Centrum aufwölben und so die Basis mit Axen von 70 und 42 Fuß bilden. Auf dieser elliptischen Basis stehen 23 Fuß hohe Säulen-Paare, ausgefüllt mit glasirten Eisenplatten, die das eigentliche Domgewölbe tragen. Es besteht aus Eisen, ist mit Zink gedeckt und spitzt sich zu einer architektonischen „Latèrne“ zu mit einem Knopfe, auf welchem wahrscheinlich ein besittigter Merkur, 187 Fuß über ebener Erde, Platz nehmen wird.

Das Eisenwerk im Innern nimmt unter der Hand geschickter Gießer und Modelleurs oder Dampfschmiedefunner, dann durch Anstreicher und Maler den Charakter des Ornamentalen und Schönen an, sodaß man die schwere Nothwendigkeit architektonischen Tragens nicht merken und sich von dem heitern Spiel leichter Formen und Farben erhoben und erleichtert fühlen soll.

Die veranschlagten Kosten lauten auf 95,000 Pfund Sterl., die aber bei englischen Unternehmungen bis jetzt nie eingehalten und sogar gelegentlich dreifach überstiegen wurden.

So viel für jetzt von dem zweiten großen Friedenstempel aller Nationen. Geschickte und fleißige Fabrikanten, Künstler und Arbeiter mögen sich bereiten, um an dem großen, schönen Wettkampfe um Orden wirklicher Verdienste ihren Antheil zu sichern.




Heldentod Florian Geyer’s und der schwarzen Schaar.
(Schluß)

So still der Abzug von Würzburg geschehen war, so hatte man ihn doch vom Schlosse aus bemerkt, und in derselben Nacht rauschte der bischöfliche Marschall Truchseß mit 250 Reitern bis zum Ruck des Frauenbergs heran und schickte etliche Knechte bis an den lichten Zaun, eine Leiter ließ sich auf ein Zeichen von den Zinnen herab, Drei stiegen in’s Schloß und meldeten den Sieg bei Königshofen und den Anzug des Fürstenheeres. Der Wächter auf dem mittlern Thurme mußte auf den Jubel der Besatzung den Bauern das Spottlied hinabblasen: „Hat dich der Schimpf gereut, so zeuch du wieder heim“, der auf dem andern Thurme blies den Würzburgern den „armen Judas“. Die im Schloß theilten den Boten den Zug des schwarzen Haufens die Waldsteige hinauf mit, sie stiegen hinauf, meldeten es dem bischöflichen Marschall, und der jagte mit der wichtigen Kunde davon. Die Büchsenschützen der Bauern in der Tellschanze sahen die Reiter, schossen durch die Dämmerung auf sie, in der Stadt wurden die Sturmglocken angezogen, der Marschall und die Reiter verschwanden im Wald; der erschreckten Menge sagten die Hauptleute in Würzburg, es seien nur gespenstische Reiter, keine Bündischen gewesen; der große Schwarzkünstler, der Barfüßlermönch (ein geschickter Feuerwerker im Schloß), habe sie ihnen vorgezaubert.

Der bischöfliche Marschall ereilte zwei Stunden von Giebelstadt den Truchseß und die Fürsten. Er war Florians Haufen bis auf eine gewisse Strecke nachgeritten, dann seitwärts, vom Nebel verdeckt, durch die Thäler. Die Schwarzen, sagte er den Fürsten, seien im Anzug und nicht eine halbe Meile von da.

Am Pfingstfest war das Fürstenheer, nachdem es einen Tag von Marsch und Schlacht gerastet hatte, aufgebrochen und zog auf Würzburg. Beim Aufbruch hatten die Fußknechte des Truchseß sich geweigert, mitzuziehen; sie machten, vielleicht schon durch die von Würzburg ausgesandten Werber bestochen, eine Meuterei und bewegten des Pfalzgrafen Knechte auch auf ihre Seite; sie wollten einen Schlachtsold von der letzten Schlacht haben. Der Truchseß erinnerte sie ihres Eites; umsonst. Damit sie sich nicht des Geschützes bemächtigten, ließ er es voranführen und zog mit dem reisigen Zeug hintennach. Auf der Höhe erfuhr er den Anzug der Bauern. Er schickte seinen Herold an die Knechte mit ihnen zu handeln, daß sie im Angesichte der Feinde als fromme Knechte bei ihrem Eide thun wollten. „Nichts Eid! Geld, Geld!“ riefen sie. Sie hielten eine Gemeinde, darin war ein großes wüstes Geschrei. Die Mehrheit war, wer ziehe, den wollen sie zu todt schlagen. Drei weigerten sich, mit ihnen zu halten; sie lagen augenblicklich erschossen in ihrem Blute. Der Truchseß hätte die Meuterer gern gezüchtigt, aber, den Feind vor sich, „trug er Sorge, es könnte ihm wie Herzog Leopold von Oesterreich geschehen, wenn er die Bauern angriffe, daß die Knechte hinten in die Reisigen fielen, wie sie sich dessen vielmal hören ließen.“ Doch folgten dem Truchseß fast alle Hauptleute, Fähndriche mit den Fähnlein, Waibel und Doppelsöldner mit vielen Fußknechten, die sich mit Geschicklichkeit von dem Haufen machten, und ehe der Truchseß eine starke Stunde gezogen war, fanden sich noch bei tausend weitere Knechte bei ihm ein.

Herr Florian, Köhl und Gregor, welche die ersten Boten der Königshofer Schlacht nicht gesprochen, keine weitere officielle Kunde erhalten hatten, glaubten dem letzten Boten, glaubten ihre Brüder noch vorhanden, und ihre Leute waren größtenteils noch voll Muths und Zuversicht, und schwuren, wenn sie sich mit ihren Brüdern vereinigt hätten und als ein Heer der Rache auf den Bund sich würfen, keinen Gefangenen leben zu lassen, sondern die Reiter aufzuhängen, den Fußknechten aber die Hälse abzuschneiden. Da sie ihre Brüder zwischen sich und den Bündischen voraussetzten, zogen sie sorglos von dem Schloß Ingolstadt hervor auf den großen Flecken Sulzdorf in’s weite Feld.

Herr Georg ritt selbst mit etlichen Pferden vor, den Feind zu besehen, und er fand, daß es zunächst darauf ankam, die Bauern von dem Guttenbergerwald, den sie eine kleine halbe Meile Wegs hinter sich hatten, abzuschneiden. Er verordnete die Berittensten mit den Rennfahnen voraus, und alle Geschwader zogen gleich hinten nach. Sobald die Bauern die feindlichen Rennfahnen gewahrten,


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verschiedene: Die Gartenlaube (1860). Ernst Keil’s Nachfolger, Leipzig 1860, Seite 109. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1860)_109.jpg&oldid=- (Version vom 21.8.2021)