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verschiedene: Die Gartenlaube (1860)

mit der Hein beschrieben hatten. Seine Haltung und sein Benehmen gehörte den besseren Ständen an, hatte aber etwas sehr ernst Reservirtes und, wie es mir schien, in diesem Augenblicke etwas Unsicheres. Ich begann mit ihm das vollständige, förmliche erste gerichtliche Verhör nach Namen, Alter, Heimath. Als letztere nannte er eine Stadt in einer benachbarten Provinz.

„Was war Ihr Vater?“ fragte ich ihn weiter.

„Prediger in dem Orte.“

.Ihr Stand?“

„Ich wurde zum Kaufmann ausgebildet, war dann längere Zeit Commis an mehreren deutschen Handelsplätzen, konnte mir eine selbstständige Stellung in Europa aber nicht gründen und wanderte nach Amerika aus. Dort fand ich noch größere Schwierigkeiten, und das veranlaßte mich, als Goldgräber nach Californien zu gehen. Von da bin ich seit einigen Wochen nach Europa zurückgekehrt.“

„Fanden Sie in Californien Ihr Glück?“

„Ich fand, was ich suchte.“

„Das heißt?“

„Ich hatte Glück im Goldfinden. Ich erwarb mir ein Vermögen.“

„Wo befindet sich dieses?“

„Ich trage es bei mir, in Papieren.“

„Sind die Papiere unter Ihren Sachen, die mit Ihnen abgeliefert sind?“

„Ich trage sie an meinem Körper.“

„Ich muß Sie bitten, mir dieselben zu geben; das Gesetz fordert es, und im Gefängnisse Ihre eigene Sicherheit.“

Ich hatte nicht nöthig, diese Motive meines Verlangens hinzuzufügen, Wie er mit voller Offenheit, wenn auch unter augenscheinlicher Abwägung jedes Wortes, geantwortet hatte, so langte er auch ohne Zögern aus seiner Rocktasche ein Packet hervor, das er mir übergab. Es enthielt amerikanische und englische Banknoten und andere Werthpapiere, zum Betrage von einigen vierzigtausend Thalern. Ich fuhr mit dem Verhöre fort.

„Sie sind seit einigen Wochen nach Europa zurückgekehrt?“

„Genau vor drei Wochen.“

„In welchem Hafen des Continents sind Sie gelandet?“

„In Antwerpen.“

„Bezeichnen Sie mir Ihre Reiseroute von da bis hierher.“

„Ich hielt mich einige Zeit in Antwerpen auf, dann bin ich in gerader Richtung hierher gereist.“

Er nannte die einzelnen Hauptorte und war hiernach auf der Eisenbahn gereist, bis zu demselben Stationsorte, auf dem auch die Hein die Bahn verlassen hatte.

„Sie waren danach nicht in Ihrer Heimath?“

„Nein.“

„Warum nicht?“

„Ich hatte dort nichts zu thun, und meine Eltern sind todt.“

„Hatten Sie hier in der Gegend Geschäfte?“

„Nicht eigentlich Geschäfte, eine besondere Angelegenheit rief mich hierher.“

„Welche?“

Er veränderte zum ersten Male die Farbe und erröthete leise.

„Ich muß bitten, mir die Antwort zu erlassen,“ sagte er sehr bescheiden.

„Ich habe ein Recht zu der Frage,“ erklärte ich ihm.

Wieder völlig bescheiden, aber mit einer gewissen Festigkeit erwiderte er: „Ich habe einen Paß, er legitimirt mich, und ich meine, er müsse mich auch für mein Thun legitimiren, bis mir eine gesetzwidrige Handlung nachgewiesen wird.“

„Wenn aber meine Frage in Ihrem eigenen Interesse geschähe?“

„Ich werde abwarten, daß mir das klar wird.“

Er hatte nicht Unrecht darin. Sein Paß befand sich unter den Papieren, welche die Gensd’armen an mich abgeliefert hatten.

Diesen suchte ich hervor, und er stimmte in Allem mit seinen Angaben über sich, auch über seine Reiseroute. Auf seine Reise mußte ich zunächst zurückkommen.

„Auf welchem Schiffe haben Sie die Reise von Amerika nach Europa gemacht?“

Er nannte das Dampfschiff.

„Reisten Sie in Gesellschaft von Bekannten?“

„Man macht auf einer solchen Reise viele Bekanntschaften.“

„Könnten Sie mir einige Namen nennen?“

„O ja, verschiedene, amerikanische, englische und andere.“

„Auch deutsche? Auch von näheren Landsleuten?“

„Ich wüßte kaum.“

Er schien diese paar Worte doch erst nach einigem Widerstreben zu sprechen, und dann mit einem Vorbehalte, den er sich selbst machte. Gleich darauf glaubte ich eine gewisse Unruhe an ihm zu bemerken.

(Fortsetzung folgt.)




Jagddaguerreotypen.
Von Ludwig Beckmann, Maler in Düsseldorf.
1. Das Schwarzwild und seine Jagd in alter und neuester Zeit.
(Schluß.)

Jung aufgezogen, läßt sich die Sau ohne Schwierigkeit völlig zähmen, sie attachirt sich wie ein Hund an ihren Herrn und entwickelt eine merkwürdige Gelehrigkeit. Da ihre sonstigen Eigenschaften sie indeß nicht für den nähern Umgang empfehlen, sind derartige Cultivirungsversuche allerdings selten. In dem längst eingegangenen trefflichen Journal des Ober-Forstraths Hartig[1] findet sich die „Biographie eines Keilers“, aus welcher wir Folgendes beiläufig erwähnen: Ein Forstmann zu Ginzheim am Rhein hatte einen männlichen Frischling aufgezogen, der sich mit allen Hunden des Hauses auf’s Innigste befreundet hatte. Als sein Spielgefährte, ein Hühnerhund, starb, trauerte er mehrere Tage lang und mußte mit Gewalt abgehalten werden, ihn aus seiner Ruhestätte herauszuwühlen. Der Frischling wuchs zum Keiler heran und folgte seinem Herrn stundenweit auf der Fährte nach, wenn dieser ohne ihn ausgeritten war.

Sauen im Kessel.


Empfohlene Zitierweise:
verschiedene: Die Gartenlaube (1860). Ernst Keil’s Nachfolger, Leipzig 1860, Seite 372. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1860)_372.jpg&oldid=- (Version vom 20.8.2021)
  1. Hartig. Journal für das Forst-, Jagd- und Fischereiwesen zur nützlichen und angenehmen Unterhaltung, herausgegeben v. G. L. Hartig. 1806, Nr. 27, Seite 545.