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verschiedene: Die Gartenlaube (1860)


Das Passions-Spiel in Oberammergau.

Christus. Maria.
Gemeindevorsteher Rupert Schauer.  Barbara Schaller.  

Judas. Nicodemus.
Oberammergauer Schauspieler.



Nun schreibt er wieder ab, und wenn ich bedenke, daß dies alte Haus nachgerade sehr zugig geworden ist, und Deine Mutter, mein Töchterchen, im Winter auch nicht gerade sehr behaglich in dem ihrigen sich fühlen muß, so sehe ich nicht ein, weshalb ich nicht das leerstehende Haus beziehen und Euch Alle als meine lieben Gäste darin einladen sollte. Meublirt ist es auch schon theilweise für List, und wenn Ihr Eure Einrichtung mitbringt – –“

„O Väterchen, herzliebes, gutes Väterchen!“ jubelte Hermine, und es fiel Niemandem ein, daß er nicht das Recht hätte, William’s Schwiegermutter als Hausgenossin bei sich aufzunehmen.

Nun aber sollte die Hauptsache berührt werden, und der Vater hörte es schon dem leidenschaftlichen Danke des Sohnes an, daß demselben noch etwas wie ein Stein auf der Zunge lag. Indessen hatte auch William seinen Entschluß gefaßt und sagte ruhig, als ob es sich um ein gewöhnliches Gespräch handelte: „Ich habe ein Anliegen an Dich, lieber Vater! Ich möchte mein Haus verkaufen und Dir das Geschäft übergeben; Blenheim wünscht es zu haben, um seinen Park damit zu vergrößern, und Du wirst es begreifen, daß dies die beste Gelegenheit zu gutem Profit wäre.“

„Sehr gern,“ antwortete der Vater in demselben Tone. „Du willst im Frühjahr vielleicht ein größeres beziehen, und auch da kann ich dienen, habe eins vor dem Dammthor von List seinen, das ich Dir offeriren kann.“

„Ich danke, lieber Vater, Hermine und ich können es gelegentlich einmal besehen.“

„Ja, ja, es hat Zeit damit –“

„Aber nicht mit dem Verkauf meines Hauses,“ fiel William lebhaft ein. „Der Zeitpunkt ist besonders günstig, um Gartenanlagen zu verändern.“

„Freilich, da hast Du Recht, ich will nächsten Tags die Gelegenheit erhorchen.“

„Könntest Du vielleicht morgen?“ fragte William, und der Vater bewilligte auch diesen Wunsch, ohne nach dem Grunde einer solchen Eile zu fragen.

Hermine blickte von dem Einen auf den Andern und wußte nicht, was sie von Beiden denken, noch wie sie sich bei diesem sonderbaren Gespräch verhalten sollte. Endlich rief sie bewegt: „Aber William, Du wolltest ja unserm liebreichen Vater Alles sagen.“

„Um Gotteswillen nicht mehr als zur Sache gehört!“ fiel der Vater ihr freundlich in die Rede. „Ein guter Geschäftsmann verschwendet nichts, am wenigsten Zeit und Worte. Laß Du, mein Kind, es stets nur Deine größte Sorge sein, den Credit Deines Mannes aufrecht zu erhalten, selbst bei seinem Vater.“


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verschiedene: Die Gartenlaube (1860). Ernst Keil’s Nachfolger, Leipzig 1860, Seite 549. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1860)_549.jpg&oldid=- (Version vom 20.8.2021)