Seite:Die Gartenlaube (1860) 753.jpg

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
verschiedene: Die Gartenlaube (1860)

No. 48. 1860.
Die Gartenlaube.
Illustrirtes Familienblatt. – Verantwortl. Redacteure F. Stolle u. A. Diezmann.

Wöchentlich 11/2 bis 2 Bogen. Durch alle Buchhandlungen und Postämter vierteljährlich für 15 Ngr. zu beziehen.


Husar und Pandur.

Erzählung von Levin Schücking.
(Schluß.)


Es waren kaum fünf Minuten verflossen, seit der Oberstlieutenant de Dolne den Oberst von der Trenck verlassen hatte, als er schon wieder zurück kehrte.

„Seid Ihr noch auf, Oberst?“ sagte er, in Trenck’s Wohnzimmer tretend, welches jetzt leer und dunkel war, und in das nur ein Lichtschein aus der offenen Thüre des Nebenzimmers fiel.

„Was gibt’s, de Dolne?“ antwortete die Stimme Trenck’s, und gleich darauf trat dieser, halb entkleidet, mit einem Lichte in der Hand aus seinem Schlafzimmer wieder ein.

„Ich komme Euch zu melden, daß der Vogel schon auf und davon geflogen ist.“

„Wer, der Frohn?“

„Ist fort!“

„Nicht möglich!“

„Er ist sogleich, nachdem er von Euch gekommen, zum Kloster hinaus gegangen, hat die Pferde gesattelt im Stall gefunden und hat sich mit seinen Leuten augenblicklich in Nacht und Dunkelheit verzogen.“

„Unbegreiflich!“ rief Trenck aus.

„Er hat Euch eben nicht getraut, Oberst, und das scheint mir begreiflich genug,“ antwortete lachend de Dolne.

„Und der Dummkopf glaubt, ich würde jetzt durch mein Ehrenwort gebunden sein und auch ohne ihn reisen!“ sagte mit höhnischer Freude der Oberst.

„Ich meine, dies gibt der Sache eine sehr gute Wendung.“

„Die allerbeste, die sie nehmen konnte,“ versetzte Trenck, „vorausgesetzt, er kommt nicht morgen zurück.“

„Ich glaube nicht, daß er solch ein Narr ist!“ meinte de Dolne.

„Und doch wäre es möglich,“ fiel Trenck ein, „wißt Ihr was, de Dolne – gebt die nöthigen Befehle noch heute Abend, daß, wenn der Major von Frohn sich wieder in der Nähe meines Hauptquartiers blicken läßt, er sofort arretirt wird.“

„Wie Ihr befehlt, Oberst,“ entgegnete der Baron de Dolne und ging, diesen Befehl sogleich auszuführen.

Der Oberst wurde am andern Morgen frühzeitig geweckt. Er fuhr aus schweren wüsten Träumen auf und starrte finster aus seinen halberloschenen Augen den Diener an, der vor ihm stand.

„Was gibt’s, Ferenz … was weckst Du mich?“ sagte er, mit der Hand über die Stirn fahrend, hinter der ein dumpfer Schmerz sich fühlbar machte.

„Es ist eine Ordonnanz mit einer Meldung da, die gleich vorgelassen zu werden verlangt. Ich habe sie zuerst zum Oberstlieutenant de Dolne geführt, und der Oberstlieutenant hat befohlen, ich solle den Herrn Obersten sogleich wecken.“

„Führ’ die Ordonnanz herein,“ befahl Trenck.

Es war Franzl, der Husaren-Wachtmeister, der im nächsten Augenblick in das Schlafzimmer trat und in strammer militärischer Haltung an der Thüre stehen blieb.

„Vom Major von Frohn,“ sagte Trenck, durch den Anblick der blauen Husaren-Uniform nicht sehr angenehm berührt … „was will Er?“

„Der Oberstwachtmeister von Frohn läßt dem Herrn Obersten vermelden, daß er reisefertig sei und den Herrn Obersten erwarte. Er hätte ein Schiff genommen, um die Reise bequemer und schneller als zu Pferde machen zu können, und ließe den Herrn Obersten ersuchen, sich mit ihm desselben bedienen zu wollen.“

„Ein Schiff?“

„Zu Befehl, Herr Oberst!“

„Aber in des Teufels Namen, welche Idee ist denn das? Ist der Mensch verrückt? Einen Kahn hat er genommen, um mich darin als Arrestanten zu transportiren? Das Wetter soll ihm auf den Schädel fahren. Ferenz, lauf hinaus und schick eine Ordonnanz … nein, laß meine Seressaner-Leibwache antreten und dann komm wieder, mich anzukleiden.“

Ferenz stürzte eilfertig zum Zimmer hinaus.

„Das ist wohl ein Kniff,“ fuhr unterdeß Trenck aus dem Bette springend fort, „zu verhindern, daß ich eine Anzahl Leute zu meiner Bedienung mit mir nehme.“

„Die Leute des Herrn Oberstwachtmeisters werden sich zu Lande auf den Marsch machen,“ versetzte Franzl; „der Herr Oberst werden vielleicht befehlen, daß Ihre Leute, so viel Sie mitnehmen wollen, ebenfalls so reisen. Nur Zwei von uns sind bei dem Oberstwachtmeister im Schiff, und mehr als zwei Begleiter von dem Herrn Obersten würden nicht Platz darin haben.“

„Vortrefflich,“ sagte Trenck, hastig sich in seine Kleider werfend. „Der Herr Oberstwachtmeister hat ja Alles vortrefflich angeordnet – wir werden nicht säumen, uns unter seine Befehle zu stellen – geh Er und sage Er das … sage Er ihm, der Oberst von der Trenck werde sogleich dem Oberstwachtmeister aufwarten.“

Trenck sagte diese Worte mit dem zornigsten Hohne und einem Flammen seines Auges, aus dem die höchste Wuth und Tücke blitzten. Er vollendete dabei seinen Anzug, ließ sich von seinem Diener, der eben wieder hereinkam, seinen Säbel und seine Pistolen reichen und den Mantel überwerfen, und dann herrschte er dem Husaren zu:


Empfohlene Zitierweise:
verschiedene: Die Gartenlaube (1860). Ernst Keil’s Nachfolger, Leipzig 1860, Seite 753. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1860)_753.jpg&oldid=- (Version vom 14.5.2017)