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verschiedene: Die Gartenlaube (1860)

sogenannte Streichnetz. Nach einem starken Platzregen oder nach schnell eingetretenem Thauwetter nimmt das Wasser der Gebirgsbäche eine rahmkaffeeartige Farbe an. Der Streifer macht sich schnell auf, ehe sich diese Farbe wieder verliert, und nimmt seinen Streifhamen auf die Schulter. Dieser ist ein an einer langen Stange senkrecht befestigter Hamen. Seine halbmondförmige, unten 3–4 Fuß weite Oeffnung läuft in einen etwas längern Sack aus, dessen Ende an die äußerste Spitze der Stange befestigt ist. Er läßt das Netz an solchen Stellen, wo das Wasser ruhig steht, ein und zieht es langsam nach dem Ufer zu, worauf er es schnell emporhebt und die Gefangenen herausnimmt. Dasselbe Netz wendet man auch bei dem Leuchten an; nur wird dabei die Stange losgemacht. Zum Leuchten gehört außerdem eine hellscheinende Lampe, welche man dergestalt in einen großen umgekehrten Topf befestigt, daß man die ganze Vorrichtung an einer Stange über dem Bache tragen kann. Wenn dieses geschieht, bleiben die Forellen ganz ruhig auf der Seichte stehen und bemerken es nicht, wie ihnen durch den Fischer der Weg zur Tiefe gesperrt wird. Ist dieses geschehen, so jagen einige mit sogenannten Plumpstangen in’s Wasser geführte Stöße die Forellen dem aufgespannten Hamen zu, der von dem Fischer, der ihre Ankunft durch den auf den Netzsack gestellten Fuß sogleich bemerkt, schnell emporgezogen wird. Dieselbe Leuchte gebraucht man auch bei dem Streichnetz. Dieses ist ein viereckiges Netz mit sehr großen Maschen, vor dem ein anderes ganz feines hängt. Kommt die Forelle geschossen (schnell geschwommen), so fährt sie mit einem Theile des feinen Netzes durch eine Masche des größern und ist so wie in einem Sacke gefangen. Die bequemste und für den Kenner erfolgreichste Art des Forellenfanges ist

c. das Angeln.

Bei trübem Wasser ist nichts leichter als Forellen zu angeln. Man nimmt einen dicken oder dünnen Faden, bindet einen mittelmäßigen Angelhaken daran, etwas Blei und einen Kiel mit Kork. Zum Köder nimmt man Regenwürmer und geht dann am Bache hin, die Angel in jede ruhige Stelle einwerfend. Ist das Wasser nicht zu trübe, sodaß die Forelle den Fraß auch in der nächsten Nähe nicht sehen kann, so darf man sicher auf guten Fang rechnen. Bei trübem Wasser scheint dieser Fisch ein ganz anderer zu sein, als bei Hellem. Er schwimmt dann unermüdlich auf dem Grunde hin und her und frißt mit unermeßlicher Gier alles Genießbare, was ihm das Wasser entgegenschwemmt. Fängt man ihn unter solchen Umständen, so findet man den Leib strotzend voll Regenwürmer. Wirft man ihn wieder in’s Wasser, nachdem man ihn durch Abschneiden eines kleinen Theils einer Flosse kenntlich gemacht hat, so fängt er sich nach einer halben Stunde oft schon wieder. In der Gefangenschaft gibt er den Fraß meistens wieder von sich und fällt dabei in eine todähnliche Erstarrung. Große Kenntniß der Eigenheiten dieses Fisches und viel Gewandtheit erfordert dagegen der Fang mit der Angel bei hellem Wasser. Die Forelle ist dann so scheu und hat solchen wählerischen Appetit, daß man die äußerste Vorsicht aufwenden muß.

Will man sie dann fangen, so gehört erstens dazu ein leichter 7–8 Ellen langer Stab, versehen mit einer wenigstens ebenso langen möglichst feinen Schnur. Diese fertigt man am besten von weißem Pferdehaar, 8 bis 10 Haare stark, und dreht sie gut zusammen. Da die Haare nicht sehr lang sind, muß man kleinere Schnürchen nach der Haarlänge machen und diese dann verknüpfen. Dieses geschieht durch einen besonderen Knoten, da die Pferdehaare, zu sehr umgebogen, leicht springen. Um dieses zu vermeiden, nimmt man die beiden Enden der zu verbindenden Schnürchen und legt sie 11/2 bis 2 Zoll über einander, sodaß man rechts und links ein Schnürchen und die beiden Enden in der Mitte hat. Jetzt macht man einen gewöhnlichen Knoten, indem man das Ende der linken Schnur und die ganze rechte zweimal durch die gebildete Schlinge steckt und dann zusammenzieht. Ein solcher Knoten zieht sich nie auf, und die Angel springt sehr selten bei demselben. An das untere Ende der Schnur befestiget man einen mittelmäßigen Haken, vielleicht von der Rundung einer kleinen Haselnuß. Der Haken muß vor dem Gebrauche ganz spitzig geschliffen werden, und seine Spitze muß ziemlich weit auswärts stehen. 11/2 bis 2 Fuß über dem Haken bringt man einen ganz leichten Angelkiel einer schwachen weißen Gänsefeder, zu 11/2 Zoll Länge verstutzt und ohne Kork, an. Nur bei starker Strömung ist zur Beschwerung der Angel ein wenig Blei nöthig. Sehr gut ist es auch, wenn man zum untern Ende der Schnur (Anbiß) den Stoff nimmt, der jetzt von den meisten Anglern von Fach benutzt wird. Es besteht dieser aus 12 bis 16 Zoll langen feinen Fäden, ähnlich starken Pferdehaaren, aber von ungemeiner Festigkeit. Leider ist es mir noch nicht möglich gewesen, den wahren Namen und die Abkunft desselben zu erfahren. Als Köder nimmt man am liebsten Regenwürmer und zwar solche, die eine hellrothe Farbe und langen dünnen Körper haben. Diese Art besitzt neben großer Lebendigkeit mehr Zusammenhang als andere Arten und wird deswegen nicht so leicht abgerissen. Hat der Angler sein Zeug im Stande, so geht er zum Bache. Er bleibt so weit vom Wasser, daß die Forelle höchstens seinen Kopf sehen kann, und wirft dann vermittelst einer kunstgerechten Schwenkung die Angel in’s Wasser; läßt sie von dem Strome abwärts treiben und geht ihr ohne Aufenthalt immer nach, indem er sich stets so weit als nur thunlich vom Wasser entfernt hält. Das Verharren auf einem Orte ist durchaus vergeblich, denn die Forelle, die nicht augenblicklich beißt, beißt nach einer Stunde auch dann nicht, wenn man ihr den Köder unmittelbar vor das Maul bringt. Ebenso unnütz ist es, die Angel da hineinzuwerfen, wo man eine Forelle hat schießen sehen, denn durch ihre Flucht zeigt sie allen in ihrer Nähe befindlichen an, daß Gefahr droht.

Hat die Forelle angebissen, so wartet man höchstens zwei Pulsschläge, haut sie durch einen kleinen Schneller mit dem schwanken Stabe an und zieht sie sobald als möglich heraus, denn dieselbe besitzt eine solche Kunstfertigkeit, sich vom Haken loszumachen, daß eine an irgend einem Orte ihres Maules angehakte Forelle, ins freie Wasser gelassen, oft nur wenige Secunden braucht, um sich los zu machen. Man rede mir nicht ein, man dürfe sie ja nur länger beißen lassen, so käme der Haken in die Gedärme, und dann könne sie unmöglich entfliehen; denn die Forelle ist klug genug, den Fraß wieder fahren zu lassen, sobald sie bemerkt, daß er auf unnatürliche Weise mit irgend Etwas zusammenhängt.

Hauptsache für die Angler bleibt es außerdem, den Standpunkt eines Fisches zu kennen und die Angel so zu werfen, daß der Fraß 2 bis 3 Fuß vor diesem in’s Wasser einfällt, denn der Fisch verfolgt selten die Angel rückwärts, weil er dadurch, daß er dann die ganze Schnur über und neben sich sieht, zurückgeschreckt wird. Bei geringem Wasserstande beißen die Forellen im tiefen Wasser fast nie; man muß sich deswegen fast ausschließlich an die Strömungen halten. Bei hellem mittlen Wasserstande wirft man an solchen tiefen Stellen ein, wo die Strömung allmählich in Stauwasser übergeht. Bei starkem und etwas trübem Wasser muß man viel Blei anhängen, damit die Lockspeise auf dem Grunde hinstreicht. Auf die Witterung kommt beim Angeln weit weniger an als auf die Wasserfarbe; doch sind stilles warmes Wetter und mittelhohes Wasser mit der sogenannten Bierfarbe die günstigsten Umstände dabei, und ich selbst habe dann oft so schnell gefangen, daß zwei Drittheile der Zeit auf’s Anködern und Loshaken und nur ein Drittheil auf das Angeln selbst kam. – Schon oben habe ich bemerkt, daß der beschriebene Fisch bisweilen besonderen Appetit habe. Dieses ist namentlich bei ganz geringem Wasserstande der Fall, und er geht dann oft lieber auf Grashüpfer, Käfer, Raupen etc., als auf Würmer. Oeffnet man den Magen der Forelle in solcher Zeit, so findet man ihn fast leer, woraus man erkennt, daß sie bei hellem Wasser 3 oder 4 mal weniger Nahrung zu sich nimmt als bei trübem. Um große Forellen zu fangen, wendet man am besten die Nachtangel an. Sie besteht aus einem gewöhnlichen Bindfaden, am untern Ende mit einem derben, sehr spitzigen Haken versehen, an welchen als Köder ein kleiner lebender Fisch gesteckt wird. Damit der Köder an der Stelle bleibt, befestigt man 2 Fuß vom Haken einen ein halbes Pfund schweren Stein. In den Monaten Mai, Juni und Juli Abends gegen 10 Uhr wirft man die Angel in tiefe Tümpel ein und sieht so früh als möglich nach. Ist das Wasser trübe, so kann man mit Sicherheit auf guten Fang rechnen.

So kräftig sich die Forelle im freien Wasser bewegt, eben so leicht ermattet sie in enger Gefangenschaft, und man muß dann besonders bei warmem Wetter das Gefäß, in welchem man sie transportirt, oft mit frischem Flußwasser auffüllen, wenn man sie am Leben erhalten will. Ohne fließendes Wasser kann sie durchaus nicht leben, und ist ein Teich auch noch so groß, so sterben alle

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verschiedene: Die Gartenlaube (1860). Ernst Keil’s Nachfolger, Leipzig 1860, Seite 778. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1860)_778.jpg&oldid=- (Version vom 15.9.2022)