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verschiedene: Die Gartenlaube (1861)

Der Schäfermarkt in Markgröningen.



Wenn es wahr ist, daß sich in den Festen eines Volks der Charakter desselben ziemlich treu abspiegelt, so dürfte es nicht ohne Interesse sein, in dem Folgenden ein Volksfest gezeichnet zu sehen, das schon durch sein uraltes Bestehen der Beachtung verdient: wir meinen das Schäferfest oder den Schäfermarkt in Markgröningen.

Der Triumphzug des Siegers und der Siegerin beim Schäferfest in Markgröningen.

Dieses Städtchen, recht eigentlich im Herzen Schwabens gelegen, vier Stunden von Stuttgart entfernt, rühmt sich eines sehr hohen Alters. Wiesen doch die Vorsteher desselben, als sie im Jahre 1720 die herzogliche Regierung um Belassung eines Special-Superintendenten baten, darauf hin, daß es „die älteste Stadt in ganz Schwaben und vermöge alter Documente 2900 Jahr nach Erschaffung der Welt, also 1000 Jahre vor Christi Geburt erbaut worden sei.“ Beschleichen uns bei dieser Angabe auch einige Zweifel, so möchte doch erwähnenswert sein, daß Attila, der wilden Hunnen König, das Städtchen um’s Jahr 450 nach Chr. zerstört, dagegen Chlodwig, der König der Franken, es wieder aufgebaut haben soll. Ueberdies soll es von Karl dem Großen im Jahr 810 zu einer Grafschaft erhoben, mit großen Vorrechten begabt und mit einem Adler im Wappen versehen worden sein. Jedenfalls ist aber als geschichtliches Datum das zu verbürgen, daß unser Gröningen, wie es damals hieß, seit 1322 im Besitz der Reichssturmfahne war, so wie daß es 1333 an Würtemberg kam.

Lassen wir die weiteren geschichtlichen Notizen bei Seite und gehen wir zur Hauptsache, zum Schäfermarkte des Städtchens über. Seit undenklichen Zeiten ist Markgröningen durch dieses Volksfest berühmt. Zu demselben gehörte ein Markt, die Kirchweihe und das Zunftfest der Schäfer sammt dem Hammellauf. Ueber den Ursprung des Gesammtfestes giebt uns die Sage Aufschluß. „Es war einmal“ – so erzählt sie – „ein Graf zu Gröningen, der hatte einen Schafknecht mit Namen Bartholomäus. Dieser Knecht ward berüchtigt vor seinem Herrn, daß er Schafe aus der Heerde verkaufe und das Geld für sich behalte. Das verdroß den Grafen sehr. Seinen Bartle (Bartholomäus) hatte er bisher immer treu erfunden und konnte fast nicht glauben, was man von ihm sagte. Um der Wahrheit auf die Spur zu kommen, reiste der Graf weit über Land. Endlich kehrte er, als Metzger verkleidet, wieder zurück. Er ging nun hinaus auf’s Feld zu seinem Bartle. Da wollte er sehen, ob er von ihm Schafe bekäme. Er bot und schmeichelte und bot viel Geld dar. Doch vergebens! Endlich griff er nach einem Stück der Heerde. Da ergrimmte der Knecht und schlug den frechen Metzger. Jetzt gab sich der Graf

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verschiedene: Die Gartenlaube (1861). Ernst Keil’s Nachfolger, Leipzig 1861, Seite 341. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1861)_341.jpg&oldid=- (Version vom 11.5.2019)