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verschiedene: Die Gartenlaube (1861)

Blätter und Blüthen.

Eine Universal- oder Weltsprache. Da in der Gegenwart die Bestrebungen des Menschen ununterbrochen darauf gerichtet sind, räumliche Entfernungen zu kürzen, die Völker einander näher zu bringen und einen allgemeinen Weltverkehr anzubahnen, so ist es nur als eine natürliche Folge zu betrachten, wenn in Millionen denkenden Köpfen vielleicht hin und wieder der Wunsch auftauchte, es möchte auch die letzte Schranke fallen, welche die Menschen hindert, sich an allen Punkten der Erde als Brüder zu begrüßen, die Schranke der Sprachen. Aber wunderbar muß es erscheinen, daß, während in Süddeutschland, wie die illustrirte Zeitung vermuthet,[WS 1] ein Mann auftritt, welcher die großartige Idee, eine Weltsprache zu schaffen, bearbeitet, zu gleicher Zeit auch ein Norddeutscher seit sieben Jahren thätig gewesen ist, demselben Ziele zuzusteuern, und daß beide Männer in so gänzlich von einander abweichender Weise ihren Zweck zu erreichen suchten, daß an eine Verschmelzung beider Systeme vielleicht kaum gedacht werden kann. Denn während der Süddeutsche auf dem philosophischen Wege tiefsinniger Sprachforschung bemüht gewesen ist, seine Idee in’s Leben zu rufen, war der Sinn des Norddeutschen darauf gerichtet, auf rein praktischem und naturgemäßem Wege eine Sprache zu schaffen, welche durch die außerordentlichste Vereinfachung des grammatischen Baues, durch den angenehmsten Wohlklang der Wörter und durch die größte Leichtigkeit, sie zu erlernen, vollkommen geeignet ist, sich zum allgemeinen Lieblinge der gebildeten Welt zu machen. In seiner Unternehmung haben ihm Zeit und Geschichte den bedeutungsvollsten Wink gegeben, denn so wie das Auf- und Abfluthen siegreicher und unterdrückter Nationen nach Jahrhunderten in England eine Sprache schufen, welche, von Orthographie und Aussprache abgesehen, mit jeder andern europäischen Sprache in ihrer Einfachheit wetteifern kann, so hat auch der norddeutsche Forscher auf dem Wege wissenschaftlicher Vergleichung eine Sprache zu Stande gebracht, die, ohne den Nationalstolz eines Volkes im Mindesten zu verletzen, jeden Europäer durch die ihm bekannten Heimathsklänge ansprechen und durch eine in jeder Beziehung bemerkbare Vervollkommnung fesseln wird. Um die Aufmerksamkeit von mehr als einem Volke auf diese große Idee zu lenken, wird seine Grammatik zur Universal- oder Weltsprache in deutscher, französischer und englischer Sprache erscheinen, und er selbst wird noch vor Verlauf eines Jahres persönlich auftreten, um vor dem Richterstuhle der Wissenschaft von seinem Unternehmen Rechenschaft abzulegen. Wie schon angedeutet worden, hat der Verfasser sich blos die Regeln der Schönheit und Anmuth, der Leichtigkeit und Kürze, der Einfachheit und Biegsamkeit bei seiner Schöpfung zur Richtschnur genommen.

Alle Unregelmäßigkeiten und Ausnahmen, wodurch das Erlernen einer Sprache so außerordentlich erschwert wird, sind gänzlich beseitigt. Es giebt nur ein einziges Hülfszeitwort, und dieses ist in seiner vervollkommneten Form zugleich das Schema für die Conjugation aller übrigen Zeitwörter. Da alle weiblichen Hauptwörter durch die einfache Endform a oder issa von den männlichen Substantiven abgeleitet werten, so hat der Lernende mit einem Schlage die Kenntniß dieser Tausende von Wörtern erlangt, ohne sein Gedächtniß nur im Mindesten anzustrengen. Der bestimmte Artikel, dessen Anwendung durch so viele Regeln in fast jeder europäischen Sprache mit nicht wenig Schwierigkeiten verknüpft ist, fällt in dieser Universalsprache gänzlich weg, und der Einheitsartikel ist nur eingeführt, um die Sprache womöglich noch mehr zu erleichtern. Auch für das Beiwort hat der Verfasser eine so einfache Regel aufgestellt, daß seine Sprache selbst in dieser Beziehung nicht von der englischen übertreffen wird, und durch seine einfache Regel, das Geschlecht der Hauptwörter zu unterscheiden, übertrifft er sogar die Einfachheit der englischen Sprache. Aus eine gleichgroße Einfachheit und Schönheit stößt der Leser beim Prüfen der Zahl- und Fürwörter, und überall berühren hin und wieder die wunderschönen Klänge der altgriechischen oder italienischen Sprache sein Ohr. Was ferner die Verbindung der Wörter und Sätze anlangt, so wird auch hierin nicht eine einzige Nation nur die mindeste Schwierigkeit finden. Ueberall ist der Verfasser von der objectivsten Anschauung ausgegangen, und trotzdem ist die Willkür keines Volkes in der Wahl so beschränkt, daß es ihm durch schwerfällige Regeln unmöglich gemacht wäre, seinen, eigenen Geschmacke in Form und Ausdruck zu huldigen. Was endlich die Aussprache anlangt, so ist das Alphabet so verständlich und einfach, und doch so umfassend und bedeutungsvoll aufgestellt, daß die Wörter und Eigennamen aller europäischen Sprachen vollkommen richtig durch dasselbe ausgesprochen werden können, ohne daß der Lernende dazu eines Lehrers bedarf, ein Vorzug, dessen sich wohl noch keine einzige Grammatik rühmen kann; so wie überhaupt diese Universalsprache fähig ist, jede Schönheit der Form, der Verbindung, des Ausdrucks und der Stellung in sich aufzunehmen; ebenso ist sie im Stande, auf die Vereinfachung und Vervollkommnung jeder andern europäischen Sprache zurückzuwirken, und trotzdem wird ein wissenschaftlich gebildeter Mann sich kaum ein Vierteljahr mit derselben zu beschäftigen brauchen, um sie mit ziemlicher Geläufigkeit zu sprechen. Wenn überhaupt die Idee einer Universalsprache praktisch zur Ausführung kommen soll, so glauben wir, daß der norddeutsche Forscher den richtigen und vielleicht einzig möglichen Weg eingeschlagen hat, um sie mit Zustimmung aller Nationen in’s Leben zu rufen.




Eine Notiz für Angler. In Deutschland wird das Angeln als ein sehr untergeordnetes Vergnügen betrachtet und meistens den Kindern überlassen; allein in England wird ihm ganz ebenso viel Wichtigkeit beigelegt wie irgend einem Zweige der Jagd. Nirgends ist auch die Kunst des Angelns zu größerer Vollkommenheit gebracht worden als in England. Liebhaber dieses Zeitvertreibs machen alljährlich Ausflüge nach Schottland oder nach den englischen Seen oder selbst nach überseeischen Ländern, z. B. nach Canada. Die Lachsfischerei in den Flüssen Norwegens ist durchgängig an englische Angler verpachtet. Eine Bemerkung scheint diesen bis jetzt entgangen zu sein, daß nämlich die Fische der Kleidung des Anglers ganz ebenso große Aufmerksamkeit schenken, wie das Wild der des Jägers. Angestellte Versuche haben ergeben, daß die Fische sich vor Farben fürchten, mit denen sie nicht vertraut sind, und daß sie dunkle Hüte und Röcke und weiße Hemden scheuen, während sie von grüner oder braungrauer Kleidung keine Notiz nehmen. Wer also Erfolg im Angeln haben will. muß sich eine dazu passende Kleidung anschaffen. – In Amsterdam wird nächstens eine internationale Ausstellung von allen nur immer möglichen Fischereigeräthschaften stattfinden.




Poetisches Kochbuch.
(Ein Flamrin. Kalt, mit Vanillesauce.)

Wenn in des Sommerabends linder Kühle
Dein müder Fuß im Kreis der Lieben ruht,
O wie erquickt dann nach des Tagen Schwüle
Ein herzerquickend Labsal Geist und Muth!

5
So laß der Töchter Kochkunst sich entfalten,

Der süßen Speise Vorschrift ist bereit;
Schon seh’ ich sie am Heerde freudig walten
Mit quirlend-rührender Geschäftigkeit.

Und wenn nun abgethan des Tages Mühen,

10
Wenn bei der trauten Lampe Dämmerschein

Des Gärtchens Blumen duftend Euch umblühen.
Dann mag sie oft Euch süße Labung sein


Recept.

Laß eine Kanne Milch am Feuer wallen
Und thu’ – im Sieden – nach und nach hinein:
Sechs Loth gesiebten Zuckers, 6 Loth Mandeln,
Citrone auch, die sei gewiegt recht fein.

5
Dann nimm 6 Loth der allerbesten Stärke,

In kalter Milch vorher gut aufgelöst,
Die rühr’ in’s Kochende mit flinken Händen,
Und rühre, rühre, bis es Blasen stößt!
Rühr’ auch 6 Dotter noch dazu, im Sieden:

10
Nimm’s aus dem Ofen; rühre, eh’s verkühlt,

Den Schnee hinein und schütt’ es, um’s zu stürzen,
In eine Form mit kalter Milch gespült.




Berthold Auerbach’s Volkskalender für 1862. Mit dem 1. September können wir aus dem Verlage von Ernst Keil in Leipzig wieder den Volkskalender von Berth. Auerbach erwarten, den alten guten Freund, den man bislang überall herzlich willkommen geheißen. Er wird sich auch in diesem Jahre der alten freundlichen Aufnahme erfreuen dürfen, da Auerbach, den Forderungen des erneuerten nationalen Geistes Rechnung tragend, nicht minder wie in den früheren Jahrgängen bemüht gewesen, an Stelle jenes zufälligen Allerlei, welches die Kalenderschriften gewöhnlichen Schlages darbieten, eine kräftige Nahrung von Männern der Wissenschaft zu bringen, die der Blüthe und Bildung Deutschlands würdig ist. – Die Illustrationen, von Künstlerhand angefertigt, gereichen dem Büchlein eben so sehr zur Zierde, als sie angenehme Unterhaltung bieten. Mehr als wir vermögen, wird der Kalender für sich selbst sprechen.

Er enthält diesmal: Ein Kalendarium mit 12 Monatsbildern von Kaulbach. – Die Frau des Geschworenen. Eine Erzählung von B. Auerbach mit 12 Bildern von Paul Thumann. – Der Prellschuß von B. Auerbach. – Der letzte Hofmops. Eine humoristische Erzählung von M. v. N. mit 15 Zeichnungen von Ed. Ille in München. – Ein mitteldeutsches Waldrevier (Sonst und Jetzt). Von B. Sigismund. – Fleischspeise und Kraftbrühe von Rudolf Virchow in Berlin. – Flotte und Flagge. Von K. Andree. – Verlorne Dinge von A. Bernstein (Redacteur der Berliner Volkszeitung). – Lege deine Sorgen ab. Eine Mahnung zur Versicherung vom Geheimrath Ernst Engel (Director des Königl. Statist. Bureau's in Berlin). – Der hundertjährige Geburtstag eines echten Deutschen. – Ein Brief vom ersten deutschen Schützenfest.

Die für Preußen arrangirte Ausgabe erscheint bei A. Hofmann und Co. in Berlin.




Bei Ernst Keil in Leipzig erschien und ist durch alle Buchhandlungen zu beziehen:

Eine Gemsjagd in Tyrol

von Friedrich Gerstäcker.

Mit 34 Illustrationen in Holzschnitt und 12 Lithographien nach Originalzeichnungen von C. Trost

Gr. 8. elegant broschirt 3 Thlr. 10 Rgr. – elegant geb. in englische Preßdecken mit Goldschnitt 4 Thlr 5 Rgr.



Verlag von Ernst Keil in Leipzig. – Druck von Alexander Wiede in Leipzig.

Anmerkungen (Wikisource)

  1. E. L. Rochholz: Wörterbuch einer neuen Universalsprache. In: Illustrirte Zeitung, Jg. 1861, Nr. 942 (20. Juli), S. 47 und Nr. 943 (27. Juli), S. 67. Später erschien in Jg. 1864 noch: Wörterbuch einer Universalsprache (Nr. 1083, S. 223–224; Nr. 1084, S. 239; Nr. 1085, S. 259–262).
Empfohlene Zitierweise:
verschiedene: Die Gartenlaube (1861). Ernst Keil’s Nachfolger, Leipzig 1861, Seite 544. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1861)_544.jpg&oldid=- (Version vom 9.1.2021)