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verschiedene: Die Gartenlaube (1861)

„DEs folgenden Tags, auff den Donnerstag, umb vier Uhren Nachmittage, kam der Ehrnhold, führete Doctor Martin ins Kaysers Hoff, da er von wegen der Fürsten Geschäffte, biß zu sechs Uhren bliebe, und wartete unter einem grossen Hauffen Volcks, das sich selbst für Menge druckte und drengete.“ Dr. Eck redete den Mönch zuvörderst an und schloß mit den Worten: „wiltu deine erkante Bücher allzumahl vertheidigen, oder aber etwas widerruffen?“

Auf diese Frage gab Luther eine sehr ausgedehnte Antwort, die er zuerst lateinisch sprach und dann deutsch wiederholte, „wiewohl auffs aller unterthänigste und demüthigste, schrey nicht sehr noch hefftig, sondern redet fein sittig, züchtig und bescheiden, doch mit grosser Christlicher Freudigkeit und Beständigkeit.“ In dieser Antwort bittet er zuvörderst um Entschuldigung, wenn er den höchsten und hohen Herren nicht den gebührenden Titel gebe, da er „nicht zu Hofe gewest, sondern im Kloster gesteckt“; dann erklärt er wiederholt, daß die vorliegenden Schriften von ihm verfaßt seien. Er bemerkt ferner, daß er seine Bücher in drei Classen theilen müsse. „Etliche sind, in welchen ich von Christlichem Glauben und guten Wercken so schlecht, einfältig und Christlich gelehret habe.“ – „die andere Art meiner Bücher ist, darinnen das Babstthum und der Papisten Lehre angegriffen und angetastet wird, als die, so mit ihrer falschen Lehre, bösem Leben und ärgerlichen Exempeln, die Christenheit an Leib und Seel verwüstet haben“, – dieselben könne er unter keiner Bedingung widerrufen. Was die dritte Art seiner Bücher betreffe, „so ich wider etliche privat und einzelne Personen geschrieben habe, nemlich die sich unterstanden haben, Römische Tyranney zu schützen und zu verteidigen, und die gottselige Lehre, die von mir gelehret ist, zu fälschen und zu dämpffen“, so gestehe er wohl offen, daß er „etwas hefftiger und schärffer gewest, denn es nach Gelegenheit der Religion und Profession sich geburet“, sei aber nicht im Stande, dieselben zu widerrufen. Schließlich bittet er, man möge ihn „mit Prophetischen und Apostolischen Schriften überweisen“, daß er geirrt habe, dann wolle er bereitwillig den erkannten Irrthum widerrufen und der Erste sein, der seine Bücher ins Feuer werfe.

Mit dieser Erklärung nicht zufrieden, verlangt der kaiserliche Orator von Luther: „er wolle eine einfältige, runte und richtige Antwort drauff geben, ob er revociren und widerruffen wolte, oder nicht?“ Worauf Luther die bündige, ewig denkwürdige Antwort gab:

„Weil denn E. K. Maj. Chur: und F. G. eine schlechte, einfältige, richtige Antwort begehren, so wil ich die geben, so weder Hörner oder Zäne haben sol, nemlich also: Es sey denn, daß ich mit Zeugnissen der heiligen Schrifft, oder mit öffentlichen klaren und hellen Gründen und Ursachen überwunden und überweiset werde, (denn ich glaube weder dem Babst, noch den Concilien alleine nicht, weil es am tage und offenbar ist, daß sie offt geirret haben, und ihnen selbst widerwertig gewest seyn) und ich also mit den Sprüchen, die von mir angezogen und eingeführet find, überzeuget, und mein Gewissen in Gottes Wort gefangen sey, so kan und wil ich nichts widerrufen, weil weder sicher noch gerahten ist etwas wider das Gewissen zu thun. Hie stehe ich, ich kan nicht anders, Gott helffe mir, Amen.“

Es war früher ziemlich allgemein die Ansicht verbreitet, daß dieser berühmte Reichstag von 1521 im Saale des alten Rathhauses, an der Stätte, wo heute die Dreifaltigkeitskirche steht, abgehalten worden sei; allein es unterliegt wohl keinem Zweifel und wird nun allgemein angenommen, daß Friedrich Zorn, der Chronikenschreiber von Worms (lebte von 1538 bis 1610), Recht hat, wenn er jenen Reichstag nicht in den Bürgerhof, sondern in den „Bischofshof“ versetzt. Dieser vom Marktplatz und dem Bürgerhof abgelegene, ganz in der Nähe des Doms befindliche befindliche Palast wurde 1504 erbaut, ward aber 1689 mit der übrigen Stadt ein Raub der Flammen. Hier war es, wo Luther vor Kaiser und Reich sein muthiges Bekenntniß ablegte, und verstehendes Bild, das nach einem jetzt selten gewordenen Kupferstiche gefertigt, veranschaulicht vollkommen getreu jenen berühmten Saal.




Diätetisches Recept gegen Heiserkeit.

Die „Heiserkeit“, mag sie mit oder ohne Husten und Auswurf einhergehen, kommt stets in Folge einer krankhaften Affection des Stimmorgans (d. i. der Kehlkopf; s. Gartenl. Jahrg. 1855. Nr. 43.) zu Stande und rührt nicht etwa, wie ängstliche Huster gleich zu fürchten pflegen, stets von Kehlkopfsschwindsucht her oder artet in eine solche aus. Denn diese Schwindsucht kommt für sich unendlich selten vor und hat, wenn sie wirklich bei andern Leiden auftritt, für Arzt und Kranken keine besondere Wichtigkeit.

Um nun einen heisern Kehlkopf bei seinem Kranksein richtig behandeln zu können, muß man bedenken, daß dieses Organ nicht blos das Sprechen und Singen vermittelt, sondern daß es auch der Pförtner und Wächter des Athmungsprocesses ist, indem es seine Lage hinter und unter der Mund- und Nasenhöhle am obersten Ende der Luftröhre so einnimmt, daß alle Luft, welche in die Lungen hineintritt und aus denselben herauskommt, durch dasselbe hindurch strömen muß. Außerdem ist es aber hinter und unter der Zunge auch so gelegen, daß Alles, was wir verschlucken, ebenso über den die Eingangsöffnung der Kehlkopfshöhle schließenden und so vor dem Eintritte fremder Stoffe schützenden Deckel (d. i. der Kehldeckel, die Epiglottis) hinweg, sowie an der Hintern Kehlkopfswand hinab rutschen muß. Da nun ganz dieselbe Haut, welche die Mundhöhle auskleidet, sich ununterbrochen auch in die Kehlkopfshöhle hineinzieht, so pflanzen sich sehr leicht und sehr gern Krankheits- und Reizungszustände von dem Schling- auf das Singorgan fort.

Es würde sonach bei Krankheiten des Kehlkopfs ebenso auf die Thätigkeit desselben, wie auf die Luft, welche wir einathmen, und auf das, was wir an Speise und Trank genießen, Rücksicht genommen werden müssen. Die Mode aber, bei Kehlkopfsleiden außen am Halse alle nur möglichen Arten von Torturen (in Gestalt von Pockensalbe, Senfteig, spanischer Fliege, Seidelbast, Haarfeil etc.) anzulegen, gehört zum Curirschlendrian, der noch niemals etwas genützt hat (s. Gartenl. Jahrg. 1861. Nr. 17.). Ebenso ist das ängstliche Warmhalten des Halses ganz unnütz, und auch von den Prießnitzschen Kaltwasserumschlägen läßt sich nicht viel Vortheilhaftes sagen.

Bei Kindern (zumal bei Knaben), und zwar vorzugsweise im Alter von 2 bis 8 Jahren, ist die Heiserkeit, besonders wenn sie sich mit Schmerzhaftigkeit der Kehle und Schlingbeschwerden verbindet, deshalb sofort zu beachten, weil sie ein Vorläufer des äußerst gefährlichen Croup (der Halsbräune; s. Gartenl. Jahrg. 1859. Nr. 3.) sein könnte. Darum muß auch bei einem heisern hüstelnden Kinde vom Arzte ohne Verzug das Innere des Halses untersucht und, sollte sich hier Croupmasse vorfinden, in richtige Behandlung genommen werden.

Bei Heiserkeit, wenn diese nämlich nicht dem Croupe eines Kindes angehört, sind hiernach die folgenden diätetischen Regeln zu beobachten.

Rec.Größte Ruhe des Stimmorgans 1);

warme und reine Luft 2) zum Athmen und zwar bei Tag und bei Nacht;
milde, warme oder laue Nahrung 3).

S. Nicht nur so zeitig als möglich, sondern auch bis zum völligen Verschwinden der Heiserkeit anzuwenden.

Ad 1) Die größte Ruhe verlangt das afficirte Stimmorgan, wenn es gesunden soll, ebenso wie jeder andere Theil, wenn er krankt. Denn Schonung des leidenden Organs ist bei jedweder Art von Behandlung das Allernöthigste und sehr oft das allein schon Helfende. Deshalb muß der Heisere so wenig als nur möglich und ja nicht etwa mit Anstrengung, sondern ganz leise sprechen. Singen beim Heisersein kann recht leicht die Stimme für immer ruiniren, und lautes Sprechen oder Streiten beim kalten Biere in rauchigem Locale hat schon Manchen mit leichter Heiserkeit eine lebenslange Rauhheit der Sprache zugezogen. Ja sogar das heftige Räuspern und Husten muß der Heisere soviel er nur immer kann zu bekämpfen suchen, weil beim Husten die Luft mit großer Gewalt durch die verengerte Stimmritze getrieben wird und so eine starke Reibung an den afficirten Stimmbändern stattfindet.

Ad 2) Gleichmäßig warme und reine Luft zum Athmen

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verschiedene: Die Gartenlaube (1861). Ernst Keil’s Nachfolger, Leipzig 1861, Seite 670. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1861)_670.jpg&oldid=- (Version vom 27.10.2022)