Seite:Die Gartenlaube (1861) 709.jpg

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
verschiedene: Die Gartenlaube (1861)

Die Stammburg der Hohenzollern.

Die Burg Hohenzollern.

Es waren lange Wagenzüge, welche aus dem Aachen der Preußenkrone die Masse der Theilnehmer und Zuschauer eines mittelalterlichen Festspiels wieder heimwärts beförderten. Die Krönung ist geschehen. Die Königsberger Hofchronik hat den Act ausführlich beschrieben; in der Geschichte wird er einst eine Zeile einnehmen.

Nicht kampfgewohnte Ritterschaaren mit der getreuen Vasallen Fähnlein und Wappentrompetern trabten aus den Thoren ihren Burgen zu, nein, der grelle Pfiff der Locomotive gebot der größten Menge, zu den Wagenreihen zu eilen, die alle Arten von Ständen mit demselben Dampfe davon trugen. Das hohe Eisenroß mit dem glühenden Athem ist das Wappenbild der Gegenwart. Was im öffentlichen Leben der Völker an Großartigkeit des Gedankens und der That diesem Bilde nicht entspricht, muß es sich gefallen lassen, auf seinen wirklichen Werth herabgesetzt zu werden.

Das Völkerleben der Gegenwart ist so hart durch die endlose Unsicherheit der Zukunft, und dazu ist der geistige Fortschritt in den Ländern der Bildung ein so entschiedener, daß sein strenger Ernst auch zu den Herrschergeschlechtern seine Ansprüche erhebt.

Die Zeit der Spiele ist vorüber,
Erstanden ist im Volk der Mann –

und wohin ein ganzes Volk sein Auge richten soll, da muß auch Etwas geschehen, das des Hinschauens werth ist. Die Tage liegen hinter uns, wo eine Dynastie glauben durfte, durch äußern Pomp ihren Glanz zu erhöhen. Es kann nicht mehr besondere öffentliche Feste der Fürsten und besondere öffentliche Feste des Volks geben. Beide gehören unzertrennlich zusammen, und die herrlichsten Feste werden die sein, mit welchen ein Volk aus freiem Herzen eine fürstliche That feiert. Eine solche Feier verkündet nicht nur den wahren Glanz der Dynastie, sie mehrt auch deren Macht, denn sie kommt auf der politischen Wagschale wiederum der Schwere einer That gleich. – Und wie leicht entbehrt ein solches Fürsten- und Volksfest alles kleinlichen Aufputzes, der nur zur Befriedigung ständischer Eitelkeiten dienen kann, wie tief stehen unter der geschichtlichen Würde einer solchen Feier selbst die schmuckreichsten Uniformen von Oberstküchenmeistern und die rothesten Staatsjacken des Domchors!

Aber noch etwas schon so oft Bekämpftes würde ein Verhältniß zwischen Fürst und Volk, wie das angedeutete, entbehrlich machen: nämlich die starke Selbstvergötterung, welche in der Behauptung eines ganz besondern dynastischen Vongottesgnadenthums liegt und die – wenn solch ein göttliches Privilegium für alle „Kronen“ in Anspruch genommen werden sollte, also auch für die neapolitanische, russische, französische, hessische, modenesische, dänische, römische, spanische etc. – als eine schwere Versündigung an Gott beklagt werden müßte. Deutschland kennt einen Fürsten, der „die Formel“ „von Gottes

Empfohlene Zitierweise:
verschiedene: Die Gartenlaube (1861). Ernst Keil’s Nachfolger, Leipzig 1861, Seite 709. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1861)_709.jpg&oldid=- (Version vom 11.5.2019)