verschiedene: Die Gartenlaube (1861) | |
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Geld in die schwarzen Lederhosen und übergab mir die mittlerweile ausgebrochenen Hörner, mit dem Zusatze, daß, wo Gamskrickel wären, auch ein Gamsbart sein müßte, und dabei in die Höbe greifend an seinen grünen Hut, nahm er den daselbst angesteckten, einfach in grünes Leder gefaßten, aber sehr großen und prächtigen Gamsbart herab und gab ihn mir, mit der Bemerkung, daß es nicht etwa der Kinnbart sei, wie bei den Geisböcken, sondern die langen Rückenhaare den Thieres, und ich sollte denselben auch zum Andeuten nach Sachsen mitnehmen, worauf er mir dann glückliche Reise wünschte und mich dann verließ, ohne meine Danksagungen abzuwarten. Glücklich über meinen gelungenen Handel, sagte ich den Jägern Adieu und stieg eben an der Seite wieder hinab nach der Straße, als mir der große Franzel nachkam und mich warten hieß. Bei mir angelangt, gab er mir die 5 Groschen wieder und sagte: „Es war halt bloß a G’spaß von dem Hannes, er thut’s nit anders,“ und auf meine Frage, wer denn der Hannes sei, nahm er seinen grünen Hut ab und sagte: „’s war halt unser Hannes, der Erzherzog. Schau aufi, daß Du nit fallst, und b’hüt di Gott!“ worauf er mich verließ und wieder aufwärts stieg.
Als ich Abends im Nachtquartiere zu Seewiese saß und mein Abenteuer erzählte, sagten wieder Alle: „Es ist halt unser Hannes und der thut’s einmal nit anders,“ und der Wirth meinte: „Wanns Du zu mir kommen wärst, hätt ich Dir gleich sag’n woll’n, daß es Gamskrickel heißt, denn den Deinigen Ausdruck versteht hier im Land’l ka Seel.“
Noch einige Thiergeschichten. Eine Familie, die seit Jahren in
Amerika angesiedelt war, machte einen Besuch bei ihren Verwandten in
Stuttgart. Die Reise ging über Paris, wo man mit den reichen mitgebrachten
Mitteln sich die nöthige Ausstattung anschaffte, um als würdiges
Glied der europäischen nobeln Gesellschaft auftreten zu können. In einer
neuen Equipage fuhr man der langersehnten Heimath zu, von amerikanischen
Begleitern war einzig ein Hund mitgekommen, der wegen seiner trefflichen
Eigenschaften auch unter den sonstigen Merkwürdigkeiten, die man
herübergebracht, sich sehen lassen durfte. Rechnete man ihn ja fast zur Familie;
so groß war seine Treue und Anhänglichkeit, so freundlich und liebenswürdig
seine Ausführung, so trefflich seine Geisteskräfte. In der ersten
württembergischen Grenzstadt ward übernachtet. Die Freude, in wenigen
Stunden die Ihrigen begrüßen zu dürfen, war den Reisenden einzig
durch die Nachricht getrübt, mit der sie am frühen Morgen überrascht wurden,
daß der Hund nirgends mehr zu finden sei. Die Vermuthung lag
nahe, daß ein Fuhrmann, der in demselben Gasthaus eingestellt und den
seltenen Schatz alsbald erkannt halte, den Hund in tiefer Nacht mit sich
genommen und wieder zurück über die Grenze gebracht habe. Man reiste
etwas verstimmt weiter, nachdem die nöthigen Weisungen gegeben waren,
den gestohlenen Hund wo möglich wieder beizuschaffen. Ein Fahndebrief
wurde dem Fuhrmann nachgeschickt und hätte wohl seinen Zweck erreicht,
wenn nicht der Hund selbst den Proceß noch schneller zu erledigen gewußt
hätte. Als man eben wieder zum ersten Male das frohe Wiedersehen am
heimathlichen Mittagstisch feierte und von den Fährlichkeiten und Abenteuern
der Reise sprach, wobei auch des ausgezeichneten Hundes und des leidigen
Unfalls mit denselben Erwähnung geschah: kratzte es an der Thüre, und
siehe da, der Vermißte springt herein und legt sich mit Schmutz bedeckt,
von Hunger und Durst völlig erschöpft, aber mit freundlichsten Blicken zu
den Füßen seines Herrn. Ein abgerissener Strick gab Kunde von dem,
was ihm widerfahren war. Der Fuhrmann hatte ihn an seinen Wagen
gebunden und mehrere Stunden mit fortgeführt, das Thier aber hatte den
Strick abgebissen, hatte in fremdem Lande auf unbekannter Straße ganz
allein einen Weg von beiläufig acht Stunden zurückgelegt, hatte die Richtung
der Reisenden, die Straße der Residenz, wo sie abgestiegen, Stockwerk
und Zimmer, wo sein Herr sich niedergelassen, sicher aufgefunden und
rechtfertigte auf’s Glänzendste den Ruf, der ihm bereits vorausgegangen
war. Will man eine begreifliche Vermittelung dieser jedenfalls außerordentlichen
Spürkraft annehmen, so läßt sich im vorliegenden Falle höchstens
sagen, der Geruch des Lederwerks der neuen Kutsche habe für das Thier
den leitenden Faden gebildet.
Vollends unbegreifbar erscheint aber ein ähnlicher Vorfall mit einem anderen Hunde. Ein Jägersmann, der in einem einsamen, zwischen Wäldern liegenden Forsthause wohnte, hatte einem Freunde in einem Nachbarorte, als dieser zufolge einer Anstellung in der etwa zwanzig Stunden entfernten Hauptstadt dorthin abzureisen hatte, zum Abschied einen kleinen Hund geschenkt. Der weite Weg wurde vom Herrn und Hund ganz im Wagen zurückgelegt, dieser kam in ganz neue, ihm völlig unbekannte Gegenden und Umgebungen, es lagen tiefe Flußthäler und beträchtliche Höhenzüge dazwischen; und doch lief der Hund fort und langte nach acht Tagen wieder bei seinem alten Herrn im abgelegenen Försterhause an.
Doch auch von einem andern Thier, das jedenfalls viel besser ist, als sein Ruf, weiß man etwas Ueberraschendes zu berichten. Zwar ist längst bekannt, daß die Gans keineswegs so dumm ist. als man ihr schnöder Weise nachsagt, und daß sie schon ganz rührende Beweise jahrelanger und treuester Anhänglichkeit an Einzelne, ja an ganze Corporationen geliefert hat. Aber weit überragt werden solche „Regimentsgänse“ durch eine ihrer Schwestern, die eine merkwürdige Probe nicht allein von kluger Berechnung, sondern von teilnehmendem Gemeinschaftsgefühl abgelegt bat. Ein Mühlbauer fuhr mit einem beladenen Fruchtwagen durch ein Dorf. Am Ende desselben bekam einer der Fruchtsäcke eine Oeffnung, sodaß ziemlich viel Korn auf die Landstraße verschüttet wurde. Der Fuhrmann faßte von der Frucht am Boden auf, was er konnte, mußte aber, da die Straße sehr schmutzig war, eine beträchtliche Menge Körner zurücklassen. Dies machte sich eine in der Nähe befindliche Gans weidlich zu Nutzen und fraß davon eine Weile recht nach Herzenslust. Plötzlich aber hält sie mit Fressen inne, steht stille, als ob sie sich auf Etwas zu besinnen hätte, lauft dann mit eiligen Schritten in’s Dorf hinein und kehrt nach wenigen Minuten vergnügt zurück, begleitet von ihrer Cameradschaft, die nun auch an dem Glücke sich betheiligte und das durch kameradschaftliche, neidlose Freundschaft bereitete Mahl sich trefflich schmecken ließ.
Hauschild’s vegetabilischer Haarbalsam. Ueber diesen neuerdings
in vielen, besonders sächsischen Blättern täglich ausgebotene Geheimmittel,
enthält die „Pharmaceutische Centralhalle“, herausgegeben von einem der
tüchtigsten Chemiker und Apotheker Deutschlands, Dr. Hermann Hager,
folgende Mittheilungen: „Das Geheimmittelwesen ist unbedingt eine scheußliche
Verirrung der menschlichen Culturzustände, das sich unreell in seinem
ganzen Verhalt zeigt, dessen Bekämpfung daher zu einer moralischen Aufgabe
wird. Die Bekämpfung ist sehr leicht, wenn Männer der Wissenschaft
beim Ankauf des Geheimmitteln die Natur desselben constatiren und seinen
Werth durch die Presse in das wahre Licht stellen. – Aus der angestellten
chemischen Untersuchung ergab sich evident, daß der Hauschild’sche Haarbalsam
nichts weiter ist, als eine mit etwas Weingeist versetzte und durchgeseihte
Abkochung der Klettenwurzel (Radix bardanae). Es sind 1 Theil
Klettenwurzel mit ungefähr 6 Theilen Wasser aufgekocht und der Colatur
(dem Durchgeseihten) 1 Theil Weingeist zugesetzt. Was den Werth des
Mittels betrifft, so kostet eine Flasche, wie sie für 10 Silbergroschen von
Julius Kratze Nachfolger verkauft wird, bei obiger Bereitung in der Apotheke
11/2 Silber- oder Neugroschen. Man sieht, das Geschäft ist gut. –
Eine so neue Art und Weise, ein Haarmittel in Gang zu bringen, versuchen
vielleicht Andere auch. Sie lassen sich eine Zeit lang den Kopf
wohl rasiren, gehen so als Kahlkopf herum und lassen dann das Haar
zum Erstaunen der Welt wachsen, finden Helfer, die darüber in die Zeitungen
berichten, und der frisch Behaarwuchste verkauft aus Menschenliebe
sein unschuldiges Hülfsmittel in Form eines Balsams, Oels oder einer Pomade
für den siebenfachen Preis des wirklichen Mittels an seine Mitmenschen.“
C. P. in Wlthsn. Besten Gruß. Erscheint nächstens. Heute ist es
ein Jahr, daß wir zusammen den Inselsberg erstiegen.
Pzw. in Bergedorf. Erinnern Sie sich der schönen Mondnachtsfahrt? Alle grüßen herzlich.
F. in Rgf. Bedauern sehr. Auch die Einholungsfeierlichkeiten müssen wir den größern illustrirten Zeitungen überlassen – die Gartenlaube hat für derartige Feste keinen Raum.
D. in L. Gerstäcker ist vor wenigen Tagen von seiner großen Reise nach Coburg zurückgekehrt. Daß er die Mutter seiner Kinder unter dem grünen Rasen des Friedhofs gebettet fand, wird Ihnen bekannt sein.
Die dritte, 10,000 Exemplare starke Auflage des schon bei seinem ersten Erscheinen mit allgemeinem Willkommen begrüßten Werkes:
Das Buch vom gesunden und kranken Menschen
von Dr. Carl Ernst Bock, Professor der pathologischen Anatomie in Leipzig. Mit 38 feinen Abbildungen. ist vergriffen und die vierte, durchgehends verbesserte und vermehrte ist soeben in der ersten bis fünften Lieferung erschienen.
Die anerkannte Gemeinnützigkeit dieses Buches und die glänzende Aufnahme, welche es in seinen drei ersten Auflagen überall gefunden, wo deutsche Zungen reden, überhebt die unterzeichnete Verlagshandlung jeder Anpreisung desselben.
Die 4. Auslage des Buches vom gesunden und kranken Menschen erscheint wieder in sieben, in monatlichen Zwischenräumen auf einander folgenden Lieferungen. Der Subscriptionspreis jeder Lieferung von 5 - 6 Bogen ist nur 71/2 Ngr., wofür auch der weniger Bemittelte im Stande ist, sich diesen Helfer in der Noth nach und nach anzuschaffen.
Leipzig, im Mai 1861.
verschiedene: Die Gartenlaube (1861). Ernst Keil’s Nachfolger, Leipzig 1861, Seite 720. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1861)_720.jpg&oldid=- (Version vom 10.11.2022)