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verschiedene: Die Gartenlaube (1861)

Dies Unternehmen ist ebenfalls durch eine Actiengesellschaft in’s Leben gerufen und durch Schenkung des prachtvollsten und ausgedehntesten Waldbodens, in Berücksichtigung des gemeinnützigen Zweckes, vom Ministerium auf’s Humanste unterstützt worden.

Einen lohnenderen Ausflug, als den nach Helsingör[1] über Marienlust und zurück durch den Thiergarten kann man sich nicht denken. Für Personen von etwas lebhafter Phantasie wird am ersteren Ort auch die Hamletterrasse, auf welcher Shakespeare den Geist des Dänenkönigs erscheinen läßt, und Hamlet’s Grab Interesse haben. Letzteres wird auf einer kleinen Wiese des Gasthausgartens gezeigt, ist mit einem abgerundeten, sehr roh gearbeiteten Säulenstumpf verziert und läßt der Einbildungskraft des Beschauers den ausgedehntesten Spielraum übrig, Für Personen, welche auch die 31/2 Sgr. Entrée in’s Tivoli oder Alhambra nicht auftreiben können, bieten die Volksfeste im Thiergarten während zwei Monaten (Juni und Juli) den ausgedehntesten Unterhaltungsstoff. Bekanntlich zeichnet sich der Thiergarten durch seinen riesigen Baumwuchs und seine wunderbar schönen Anlagen aus. Während nun die glücklich situirte Minderheit in ihren Equipagen auf und ab stolzirend ihr liebes Ich die Allee entlang zur Schau führen läßt, treibt sich die Menge auf den von prachtvollen Buchen eingeschlossenen Wiesen herum, wo zahllose Zelte, Buden mit Erfrischungen, Gauklerbanden, Seiltänzer, Taschenspieler, Caroussels, Feuerfresser etc. etc. für den Preis von einem Shilling – 3 Pfennige – zum Besuche einladen. Hier geht es, namentlich an Sonn- und Festtagen, toll und lustig zu, und hier sollen sich allerdings, um mit dem Herzog Heinrich von Reuß-Schleiz-Lobenstein zu sprechen, mit einbrechender Dunkelheit die Begriffe von Anständig und Unanständig etwas zu verwirren anfangen. Nichts desto weniger hört aber auch dann die Gemüthlichkeit nicht auf, und rohe Aeußerungen von Betrunkenheit, Scandal und wüstem Lärm, wie bei ähnlichen Gelegenheiten in großen Städten unvermeidlich, wird der Fremde hier vergebens suchen. Welch’ ein Contrast zwischen den ekelhaften Orgien des Hamburger Berges und dem frohen Volkstreiben in Kopenhagen! Worin liegt der Unterschied? Die Regierung unterstützt an letzterem Ort die Unternehmer öffentlicher Vergnügungslocale in jeder denkbaren Weise und ermöglicht es denselben, diese durch kleine Eintrittspreise für alle Classen zugleich zu öffnen, während die schweren Lasten, die in Deutschland auf derartigen Etablissements ruhen, dies geradezu unmöglich machen. Wäre in Wien, Hamburg oder Berlin das Zustandekommen eines Institutes, wie das Kopenhagener Tivoli, unter ähnlichen Bedingungen denkbar, so würde dem Volke eine wahre Wohlthat erwiesen werten; die sogenannten kleinen Leute würden ihre paar Pfennige nicht mehr den Schnapsbuden zutragen, sondern nach und nach Sinn für anständigere Vergnügungen finden, das Zusammentreffen mit Gebildeteren würde nicht ohne Einfluß bleiben, und viele Rohheiten würden verschwinden, die uns jetzt mit Indignation erfüllen. Darauf hinzudeuten, ist der Zweck dieser Zeilen; möge derselbe kein verlorener sein!




Kleiner Briefkasten.


W. S. in Halle. Ein armer Bergmann, welcher bis jetzt nur für die Tiefe der deutschen Erde Sinn gehabt, sendet dem Meister Wilhelm, dem deutschen Erfinder (Nr. 41 der Gartenl.), als Ergründer der Tiefe der See einen Gruß und – als erste Gabe zum Bau eines deutschen Taucherschiffs – 15 Silbergroschen. Wir ziehen den Hut ab vor dieser Gäbe der Armuth und den verständigen Sinns und warmen Mitgefühls. Die oberen Patrioten und vermögenden Herren sollten wohl ein Beispiel nehmen an diesem armen Bergmann. Wir haben Herrn Submarine-Ingenieur Bauer Gabe und Beischrift übersandt; er ist der Mann, der ihren Ehrenwerth zu würdigen weiß.

L. in Leipzig. „Einiges aus der Schweiz “ Dank, aber geht nicht.

B. in T. – Das Leiden des großen Künstlers stammt nicht aus der von Ihnen vermutheten Ursache; eine körperliche Disposition von Jugend auf scheint durch die jahrelangen Entbehrungen sich zu der verhängnisvollen Krankheit ausgebildet zu haben. Hätten Armuth und Sorge nicht diejenigen Jugendjahre des Meisters bedrängt, in denen er bei rastlosem Fleiß sich körperlich rasch entwickelte, er wäre seinem Volke wohl länger erhalten geblieben.

F. H. in K. St. Nicht zu gebrauchen. Bitten über das Manuscript zu verfügen.

L. in S. Die „Stenographischen Unterrichtsbriefe“ von R. Fischer (Glauchau bei Moritz) dürfen auch wir Ihnen auf das Angelegentlichste empfehlen. Nach allen darüber eingeholten Urtheilen Sachverständiger sind sie klar und faßlich geschrieben und können mit dem besten Erfolg zum Selbststudium benutzt werden.

H. in W. Wenn Sie diese Zeilen lesen, schwimmt Th. Oelckers schon auf dem Meere. Er verläßt seine deutsche Heimath, in der er zehn lange Jahre hinter den Eisengittern einen sächsischen Zuchthauses verbrachte, um einem ehrenvollen Rufe als Redacteur eines deutschen Blattes in Porto Alegre (Brasilien) zu folgen. Oelckers nimmt die Achtung Aller mit, die ihn aus seinem Wirken und seinen Werken kennen, und die besten Wünsche für ihn und seine einflußreiche Stellung folgen dem Ehrenmann, der von seiner Heimath nur mit Gefühlen der Liebe und mit herzlichen Wünschen für ihr Wohl – vielleicht für immer – Abschied nimmt.

K. in Lp. Von Traegers Gedichten ist die zweite, sehr vermehrte und prachtvoll ausgestattete Auflage bereits erschienen. Wir kommen später auf dieses Buch noch zurück.

H. in Bernburg. Waschen Sie sich den Kopf immerhin mit Spiritus; noch besser dürfte Ihnen oder Ihrem Kopfe aber heißes Seifenwasser mit Spiritus bekommen.





Als Weihnachtsgeschenke empfohlen!

Auerbach, deutscher Volkskalender 1862. Mit Bildern von Kaulbach, Thumann und Ille. broch. 121/2 Ngr.

Bock, Buch vom gesunden und kranken Menschen. Mit 25 feinen Abbildungen. Vierte vermehrte Auflage. broch. 1 Thlr. 221/2 Ngr., eleg. geb. 2 Thlr.

Diezmann, Goethe und die lustige Zeit in Weimar. broch. i Thlr. 10 Ngr.

Gerstäcker, Gemsjagd in Tirol. Mit 34 Illustrationen, eleg. broch. 3 Thlr. 10 Ngr., in engl. Preßdecken 4 Thlr. 5 Ngr.

Oelckers Mein Mitgefangenen, Gedichte broch 1. Thlr.

Roßmäßler, der Mensch im Spiegel der Natur. Mit Holzschnitten. 5 Bde. 2. Auslage broch. à Bd. 15 Ngr.

Ruppius, Ein Deutscher. Roman aus der amerikanischen Gesellschaft. Separat-Ausgabe aus der Gartenlaube. geh. 27 Ngr.

Stolle, Palmen des Friedens. Eine Mitgabe auf des Lebens Pilgerreise. Zweite Auflage, eleg. geb. 1 Thlr. 10 Ngr.

Stolle, ausgewählte Schriften. Volks- und Familienausgabe. 27 Bände. Zweite Auflage, broch. à Band 71/2 Ngr.

Storch, Gedichte. eleg. cart. 1 Thlr. 6 Ngr., prachtvoll geb. mit Goldschnitt 1 Thlr. 15 Ngr.

Storch, ausgewählte Romane und Erzählungen. Volks- und Familienausgabe. 19 Bde. broch. à Bd. 71/2Ngr.

Traeger, Gedichte. Zweite, sehr vermehrte Auflage. Prachtvoll geb. mit Goldschnitt 11/3 Thlr.


Verlag von Ernst Keil in Leipzig. – Druck von Alexander Wiede in Leipzig.
  1. Das Dampfboot fährt dahin durch den Hafen, mitten durch die halbvermoderte dänische Kriegsflotte, von der ein Schiff im Jahre 1848 den ganzen Ostseehandel darnieder streckte. Schreiber dieses sah diesen Popanz auf einer Reise nach Petersburg auf dem russischen Dampfboot Wladimir drohend vor Swinemünde liegen und vor dem russischen Adler salutiren. Möge jeder Deutsche, der diesen Namens werth ist, jetzt nach Kräften sein Scherflein zur Bildung einer deutschen Flotte, zur Abwendung ähnlicher Schmach, beitragen!
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verschiedene: Die Gartenlaube (1861). Ernst Keil’s Nachfolger, Leipzig 1861, Seite 768. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1861)_768.jpg&oldid=- (Version vom 4.12.2022)