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verschiedene: Die Gartenlaube (1862)

andern verging, ohne daß man von ihm etwas hörte. Brahe wartete an dem ihm bezeichneten Punkte über vier Monate; dann nöthigten ihn Feindseligkeiten der Wilden, Erkrankung seiner Leute und der immer geringer werdende Lebensmittelvorrath zur Umkehr. Er vergrub an einer Stelle etwas von den Lebensmitteln für die verschollenen, aber doch vielleicht wiederkehrenden Cameraden unter Burke, brach am 21. April 1861 auf und traf am 29. mit dem inzwischen von Menindie – dem ersten Depot – unter Anführung von Wright herangekommenen Rest der Expedition zusammen, welcher mehrere Mitglieder, unter Andern auch Dr. Becker, am Scorbut verloren hatte und überhaupt sich in traurigen Umständen befand. In Verein zogen sie dann noch einmal an den Coopersfluß, um sich zu überzeugen, ob die für Burke vergrabenen Lebensmittel nicht etwa von den Wilden geraubt worden. Sie fanden äußerlich Alles in Ordnung und traten definitiv den Rückzug an. In Melbourne, das sie glücklich erreichten, traf man sofort alle Anstalten, die Vermißten aufzusuchen; es wurde nicht nur ein Dampfschiff nach dem Meerbusen von Carpentaria gesandt, sondern auch unter Howitt’s Leitung eine neue Expedition nach dem Coopersfluß, mit dem Auftrage, wenigstens die genauesten Nachrichten von den wahrscheinlich Verunglückten einzuziehen.

Burke’s Beerdigung.

Die neueste Post aus Australien (von Ende November 1861) meldet nun: daß Burke und Wills im Juni 1861 ab dem Coopersflusse in Folge von Erschöpfung und Hunger gestorben sind, während Gray schon früher den Strapazen erlegen war. Der Vierte, King, wurde noch lebend unter den Wilden gefunden. In seinem Besitz befanden sich die Tagebücher von Burke und Wills, aus denen hervorgeht, daß sie das Ziel ihrer Reise, die Küste des Meerbusens von Carpentaria, am 11. Februar 1861 wirklich erreichten. Sie kehrten dann, auf demselben Wege, den sie gekommen, zurück, größtentheils zu Fuß, weil sie aus Mangel an Lebensmitteln das Pferd und fast alle Kameele hatten tödten müssen. Unter Mühseligkeiten aller Art erreichten sie den Coopersfluß, wo sie die Freunde zu treffen sicher erwarteten, am 21. April Abends, sieben Stunden nachdem Brahe mit den Andern von da aufgebrochen war. Sie fanden richtig die für sie vergrabenen Nahrungsmittel, nahmen sie aus der Grube heraus und machten dieselbe sorgsam wieder zu. Da sie zu schwach waren, den Freunden nachzureisen, machten sie mehrere Versuche – vergeblich – die südaustralischen Ansiedelungen zu erreichen. Während eines solchen war es, daß Brahe und Wright zurückkamen, um nach den vergrabenen Lebensmitteln zu sehen, und sich wieder entfernten, ohne die Grube zu öffnen, weil sie unberührt aussah, obgleich Burke sie geleert und ein Schreiben hinein gelegt hatte, in welchem es heißt: „Wir haben Alle viel Hunger gelitten. Die hier zurückgelassenen Lebensmittel werden unsere Kräfte hoffentlich wiederherstellen. Wir haben einen Weg nach Carpentaria entdeckt. Es liegt einiges gute Land zwischen hier und der steinigen Wüste. Von dort bis zu dem Wendekreise ist die Gegend dürr und steinig, zwischen da und Carpentaria zum Theil gebirgig, doch wohl bewässert und mit reichem Graswuchs versehen. – Die Kameele können so wenig gehen als wir, sonst folgten wir der andern Partie, die leider fort ist.“

„Unsern Verdruß darüber, daß das Depot verlassen worden,“ sagt Wills in seinem Tagebuche, „kann man sich leicht vorstellen, da wir, ganz erschöpft, nach viermonatlicher beschwerlicher Wanderung und Entbehrung, mit fast gelähmten Beinen ankamen, so daß es jedem von uns fast unmöglich war, auch nur ein paar Schritte zu gehen. Solchen Schmerz in den Schenkeln und Knieen habe ich nie vorher gekannt, auch hoffe ich ihn niemals wieder zu empfinden. Die allgemeine Erschöpfung überdies macht uns zu fast Allem untauglich. Der arme Gray muß entsetzlich gelitten haben, und wir preisen uns glücklich, daß die Symptome, die sich bei ihm so zeitig einstellten, uns nicht trafen, als wir von dem Fleische eines halbverhungerten Pferdes leben mußten. Wie schmeckte uns die Suppe von Hafermehl und Zucker aus Brahe’s Grube! … Hätten wir unterwegs nicht so viel Portulak gefunden, würden wir

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verschiedene: Die Gartenlaube (1862). Ernst Keil’s Nachfolger, Leipzig 1862, Seite 125. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1862)_125.jpg&oldid=- (Version vom 11.5.2019)